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Rhenus sichert sich mit der Übernahme der Binnenreederei und einer deutlich größeren Flotte die noch fehlende Marktpräsenz im Osten. Reedereichef Thomas Maaßen setzt künftig auf Container, Schwergut-Transporte und komplexere Logistikangebote

Binnenschifffahrt: Der Kauf der Deutschen Binnenreederei liegt jetzt einige Tage zurück. Was passierte denn gerade für die Integration und was ist geplant?

Thomas Maaßen: Wir wollen die DBR als eigenständiges Unternehmen weiter betreiben. Insofern sind es die typischen administrativen Fragen und eine Überprüfung der Abläufe, Wesentliches wird sich bei der Binnenreederei erst einmal nicht ändern.

Was waren denn die Gründe, diese Gelegenheit zur Expansion zu nutzen?

Maaßen: Zum einen steht das Unternehmen gut am Markt da und ist auch kein Sanierungsfall. Zum anderen ist Rhenus gerade in Polen und im ostdeutschen Kanalnetz unterrepräsentiert. Insofern ist die Binnenreederei für uns eine ideale Ergänzung.

Es gibt keine Schnittmengen, wo man sich die Quere kommen könnte?

Maaßen: Eigentlich sehr wenige. Am ehesten noch im Containerverkehr. Für uns fährt die NWL Norddeutsche Wasserweg Logistik über Weser und Mittellandkanal, die DBR macht das über den Elbe-Seiten-Kanal. Man trifft sich dann in Hannover, Braunschweig, Minden. Wenn wir das jetzt unter einem Dach haben, können wir schauen, ob es künftig nicht gemeinschaftliche Angebote geben kann, so dass sich die Kunden den Seehafen aussuchen können.

Die DBR fährt eine ziemlich große Flotte. Was übernehmen Sie denn genau?

Maaßen: Es sind insgesamt rund 550 Einheiten, darunter viele Leichter.

Es hieß immer, der vorherige Eigner habe die DBR etwas stiefmütterlich behandelt. Haben Sie für alles Verwendung?

Maaßen: Geplant ist, dass wir die Flotte um etwa 130 Einheiten verkleinern, indem wir sie verschrotten. Beim Rest ist der Zustand gut bis knapp mittelmäßig, auch Modernisierungen hat es in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Mittelfristig werden wir sicherlich in die Flotte investieren müssen, das nötige Geld dafür ist im Budget vorgesehen.

Ist auch an neue Schiffe und Schiffstypen gedacht? Das ostdeutsche Fahrtgebiet gilt mit der häufig Niedrigwasser führenden Elbe und den an vielen Stellen schmalen Kanälen und Schleusen als nicht gerade optimal ausgebaut …

Maaßen: Die Schubboote der DBR sind mit 1,20 Meter Tiefgang schon ganz gut für Niedrigwasserperioden gerüstet. Aber sicherlich werden wir uns in Zukunft auch technisch etwas einfallen lassen müssen. Das gilt aber ebenso für den Rhein.

Wie viele Jahre voraus reicht denn die Strategie für die Binnenreederei?

Maaßen: Bei uns ist kein Businessplan auf mehr als fünf Jahre angelegt. Alles, was darüber hinausgeht, wäre ein Blick in die Glaskugel.

Können Sie beschreiben, was in diesen fünf Jahren ansteht, wie die DBR ausgerichtet werden soll?

Maaßen: Wenn wir bei der DBR das Vorjahresergebnis steigern können, bin ich schon zufrieden. Die Binnenreederei hat ihre Stärken, aber auch Nachholbedarf, wenn es um Seehafen- und Binnenhafen-Logistik geht, um komplexere Lieferketten. Da wollen und werden wir ansetzen. Das Stichwort »Container« ist ja schon gefallen, das müssen wir mit den anderen Unternehmen im Konzern wie Contargo abstimmen, wollen dieses Thema aber vorantreiben, um die Marktanteile zu steigern.

Weil angestammte Gütermengen verloren gehen, vor allem Kohle?

Maaßen: Die DBR transportiert kaum noch nennenswerte Mengen an Kohle, das geht inzwischen gegen Null. Bei Rhenus sieht das anders aus. Das stellt uns zweifelsohne vor Herausforderungen, wenn der Kohlebedarf zunächst für die Verstromung und später auch für die Stahlproduktion zurückgeht. Da müssen wir sehen, wie sich diese Verluste kompensieren lassen. Über den Bereich Massengut wird das nicht funktionieren.

Wie dann?

Maaßen: Containertransporte haben weiter Wachstumspotenzial. Ein anderes Thema ist Schwergut. Aber dafür brauchen wir mehr Unterstützung seitens der Politik. Das meiste wird nach wie vor über die Straße gefahren.

Es stand auch ein anderes Unternehmen zum Kauf, bei dem es neben der Trockenschifffahrt auch eine profitable Tanker-Sparte im Portfolio gab. Hätten Sie nicht lieber dort zuschlagen müssen?

Maaßen: Sie meinen Imperial? Auch das haben wir uns natürlich angeschaut, uns aber letztlich für die Binnenreederei entschieden.

So oder so, als noch größeres Schwergewicht der deutschen und europäischen Binnenschifffahrt könnten Sie auch auf dem politischen Parkett Ihre Stimme stärker erheben, zumal Sie auch Chef der European River-Sea-Transport Union (ERSTU) und Vizepräsident im Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) sind. Haben Sie das vor?

Maaßen: Ich glaube, wir alle tun gut daran, uns politisch über die Verbände zu artikulieren. Wenn jeder Einzelne seine Meinung zum Besten gibt, wäre das für die Politik auch verwirrend.

Wie sehen Sie denn die künftige Rolle der Binnenschifffahrt bei der nur allzu häufig beschworenen Verkehrswende. Sind und werden die richtigen Weichen gestellt?

Maaßen: Wenn all das, was im Masterplan Binnenschifffahrt aufgeführt ist, umgesetzt wird, wären wir schon sehr viel weiter.

Was sind denn aus Ihrer Sicht die wichtigsten Handlungsfelder? Oder findet sich alles im Masterplan wieder?

Maaßen: Natürlich findet sich da nicht alles wieder. Die Fahrrinnenvertiefung des Rheins ist ganz entscheidend, um die Wettbewerbsfähigkeit der Binnenschifffahrt gegenüber den anderen Verkehrsträgern zu verbessern. Wenn wir im Schnitt 10 Zentimeter mehr abladen könnten, wäre das ein riesiger Schritt. Dazu kommt die Frage des Schwerlastverkehrs per Lkw, der Brücken und Straßen immens belastet. Wir bräuchten ein Beförderungsgebot auf der Wasserstraße. Das wird seit Jahren diskutiert, aber wurde nicht umgesetzt. Wir sehen da ein großes Potenzial. Das wäre gut für uns, aber ebenso gut für die Infrastruktur.

Sie sind in den vergangenen Jahren immer gewachsen, vor allem durch Übernahmen. In Polen, in Frankreich, in Serbien, in Tschechien, in Nord- und jetzt in Ostdeutschland. Was kommt als nächstes?

Maaßen: Schauen wir mal, was die Zukunft bringt. Geografisch sind wir in der Trockenschifffahrt mittlerweile europäisch präsent, da sehe ich nur noch begrenzte Wachstumsmöglichkeiten. Insofern wäre es durchaus ein konsequenter Schritt, wenn sich Rhenus auch in neue Bereiche wie die Tankschifffahrt bewegen würde. Wobei man nicht vergessen darf, dass es sich auch da um fossile, also zeitlich endliche Transportgüter handelt. Akut gibt es aber keine konkreten Pläne.

Dann lassen Sie uns wieder miteinander sprechen, wenn es soweit ist. Ich danke sehr für das Gespräch.


Interview Krischan Förster