Geht es nach Sigrid Nikutta, dann mischt die DB Cargo künftig den Verkehrssektor kräftig auf. Die neue Chefin der Gütersparte will das bisherige Sorgenkind des Staatskonzerns auf Effizienz und Kundenfreundlichkeit trimmen, die Angebote ausweiten und den Marktanteil steigern.
Das ist mal eine Kampfansage der von den Berliner Verkehrsbetrieben abgeworbenen Bahn-Managerin. Sie kann dabei auf einen starken politischen Rückenwind setzen, wenn es darum geht, Transporte von der Straße zu holen. Die DB Cargo wird sich aber garantiert nicht scheuen, auch bei der Binnenschifffahrt zu wildern, wenn es hilft, ihre Güterzüge auszulasten.
Die angekündigten Verbindungen in die Westhäfen Rotterdam und Antwerpen sind nur ein erstes Beispiel. Die Bahn tritt damit in Konkurrenz zum Lkw, aber eben auch zur Rheinschifffahrt. Wie schnell Kunden abwandern, hat sich nach dem Niedrigwasser von 2018 gezeigt. So verweist die ZKR in ihrem aktuellen Jahresbericht darauf, dass es nicht gelungen sei, das damals vom Wasser auf die Schiene umgeleitete Volumen komplett wieder aufs Schiff zurückzuholen. Jetzt droht weitere Ladung verloren zu gehen.
Doch Nikutta geht es um mehr als nur den Ausbau des Streckennetzes zwischen Ballungsräumen wie Hamburg und Köln und um ein dichter geknüpftes Netz von KV-Terminals. Nachdem die Bahn über Jahrzehnte immer mehr Gleisanschlüsse zu den Kunden, unter anderem in die Binnenhäfen, gekappt hat, will sie künftig die Ladung direkt beim Kunden abholen oder zu ihm bringen, insgesamt ihre Logistikketten verbessern. So könnten die Transportmengen auf der Schiene um 30% gegenüber 2018 gesteigert werden, bescheinigten Gutachter der Bahn. Allerdings seien auch weitere 760 Mio. € für die »unumgängliche« Modernisierung nötig.
Wer nur an die durch Staus chronisch überlasteten Straßen denkt, wird dagegen kaum Einwände haben. Auch, dass die Bahn mit Blick auf die gravierenden Klimaprobleme die bessere Alternative zum Lkw ist, kann niemand bestreiten. Wenn aber die vom Staat mit Milliarden alimentierte Bahn im Kampf um Gütermengen und Marktanteile die nicht weniger umweltfreundliche Binnenschifffahrt attackieren sollte, wäre dies fatal.
Die Ware sucht sich ihren Weg, heißt es so schön. Der Kunde wird im Regelfall das für ihn – in jeder Hinsicht – günstigste Angebot wählen. Das sind die Gesetze des Marktes. Dennoch gilt es zu verhindern, dass die Bahn das Binnenschiff »kannibalisiert«.
Aufgabe der Verkehrspolitiker ist es, auch ohne dirigistische Eingriffe, für Chancengleichheit zu sorgen. Das betrifft verlässliche Investitionen in die Infrastruktur ebenso wie eine ausreichende Förderung von technischen und logistischen Innovationen. Was dafür gebraucht wird, ist bereits seit anderthalb Jahren im »Masterplan Binnenschifffahrt« hinterlegt. Doch andere Sektoren bekommen, wie so oft, den Vorzug. Dabei ist Eile geboten. Oder mit den Worten des Berliner Humoristen Adolf Glaßbrenner gesprochen: »Es ist allerhöchste Eisenbahn.«
Viel Spaß beim Lesen wünscht
Krischan Förster