In ihrem Koalitionsvertrag hat die neue Ampel-Koalition die Leitlinien für die Bundespolitik festgezurrt. Was steht drin für Binnenschifffahrt und Binnenhäfen?
Das Werk ist 177 Seiten stark und handelt alle Themenfelder ab, die die drei Koalitionsparteien SPD, Grüne und FDP für wichtig halten. Daher ist zunächst nur Grundsätzliches zu finden, die Details bleiben der Tagespolitik und der Ressort-Zuständigkeit vorbehalten, wobei die meisten Minister noch gar nicht benannt sind.
Wir dokumentieren daher die wichtigsten Passagen aus dem Koalitionsvertrag zu den Themen Verkehr und Logistik. Allerdings werden neben dem Verkehrsministerium, das überraschend FDP-Politiker Volker Wissing bekommt, auch andere Ministerien bei vielen Entscheidungen ein gewichtiges Wort mitreden, wie die von den Grünen zu besetzenden Ressorts für Wirtschaft /Klima unter Robert Habeck und für Umwelt (noch offen), das Finanzministerium unter FDP-Chef Christian Lindner oder das SPD-geführte Arbeitsministerium.
Flottenmodernisierung und Schleusenausbau
Als positiv sieht der Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB), dass mit der angekündigten Stärkung der Hinterlandanbindungen und dem beschleunigten Ausbau der Schleusen, also der weiteren Entwicklung der Wasserstraßeninfrastruktur, eine Hauptforderung des Verbandes aufgegriffen wird. Die angekündigte Stärkung der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) sei dabei ein wesentlicher Baustein.
Die angekündigte Neubewertung der im laufenden Bundesverkehrswegeplan 2030 vorgesehenen Maßnahmen werde besondere Aufmerksamkeit gewidmet. »Das sprichwörtliche Rad sollte hier aber nicht neu erfunden werden«, erklärt BDB-Präsident Martin Staats (MSG). Die wenigen, aber für die Branche sehr wichtigen Ausbauprojekte im Bereich der Flüsse und Kanäle seien bereits ausreichend fachwissenschaftlich unterlegt.
Beim Transformationsprozess hin zu einer erneuerten, möglichst klimaneutralen Flotte setze die neue Regierung die richtigen Akzente, wenn sie das Flottenerneuerungsprogramm anpassen und den Landstrom und alternative Treibstoffe fördern wolle. Gleichzeitig wird in dem Koalitionsvertrag in Aussicht gestellt, die aus dem »Fit-for-55«-Programm der EU resultierenden Gesamtbelastungen für das Gewerbe zu begrenzen. Diskutiert wird unter anderem ein Wegfall der Steuerfreiheit für Schiffsdiesel und eine künftige Begrenzung der CO2-Emissionen auf »null ab Schornstein«.
BDB fordert Flottenneubau-Programm
»Der BDB hat stets gefordert, dass die Kombination aus Fordern und Fördern in einem angemessenen Verhältnis stehen muss«, so Staats. Der BDB werde sich weiter intensiv für ein Flottenneubauprogramm für Binnenschiffe einsetzen. Das Gewerbe sei bereit, seinen entsprechenden Beitrag zu leisten und Investitionen zu tätigen.
»Sicherlich hätten wir uns an der einen oder anderen Stelle mehr Verbindlichkeit und Präzision, etwa zum Verlagerungsziel und zu den erwähnten Anpassungen am Flottenerneuerungsprogramm, im Koalitionsvertrag gewünscht. Das werden wir nun in den kommenden Wochen besprechen und konkretisieren«, sagt Staats.
Grundsätzlich positiv wertet auch der Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen die Leitlinien der Ampel-Koalition. Besonders wichtig sei das Bekenntnis des Bundes zur gemeinsamen Verantwortung für die Hafeninfrastrukturen. Bisher habe Berlin stets auf die Zuständigkeit von Ländern und Kommunen für Häfen verwiesen.
BÖB verweist auf drohende Unterfinanzierung
Die angekündigte Nationale Hafenstrategie, die Förderung von Landstrom sowie alternativen Antrieben und Kraftstoffen ebenso wie die Zusagen zur KV-Förderung, zur Mautbefreiung von Vor- und Nachlaufverkehren und zu Verbesserungen beim Großraum- und Schwerguttransport stünden zudem im Einklang mit den Forderungen des BÖB- Positionspapiers vom August.
»Auch mit der Zielsetzung, mehr Güterverkehr auf das Binnenschiff zu verlagern und dafür Sanierung und Ausbau von Schleusen zu beschleunigen, adressiert der Koalitionsvertrag eines unserer zentralen Anliegen«, sagt BÖB-Präsident Joachim Zimmermann. Sehr wichtig dafür sei es, die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur insgesamt weiter zu erhöhen und abzusichern. »Ohne eine solche Zusage drohte ab 2023 eine deutliche Unterfinanzierung der Wasserstraße von rund 300 Mio. € jährlich«, so Zimmermann.