Es klingt ein bisschen nach Satire: 144 neue Autobahn-Projekte und weiter freie Fahrt für freie Bürger, so wie es die FDP immer schon wollte. Als eine Art Trostpflaster für den grünen Koalitionspartner in der Ampel-Regierung wenigstens Solaranlagen neben dem Standstreifen, um Öko-Strom zu erzeugen. Et voilà, das ist Klimaschutz anno 2023.
Vier lange Tage wurde um den kleinsten gemeinsamen Nenner gerungen, damit keine der drei beteiligten Parteien das Gesicht verliert und die Stammwählerschaft nicht zu sehr enttäuscht wird. Als »Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung« ist der Titel allerdings noch das Beste, was am Ende von vermeintlich hehren Zielen übrig bleibt.
An die dringend notwendige Verkehrswende mag man angesichts der Beschlüsse kaum noch glauben. Ein Aus- und Neubau von Autobahnen ist mit dem apostrophierten Vorrang für die klimafreundliche Bahn nicht vereinbar. Und auf die eingehende Behandlung, überhaupt die Erwähnung der Binnenschifffahrt haben die rot-grün-gelben Strategen gleich ganz verzichtet.
Das ist immerhin konsequent, allerdings als weiterer Bestandteil einer unseligen Argumentationskette. Passenderweise hatte FDP-Verkehrsminister Wissing im unmittelbaren Vorfeld der Koalitionsgespräche mit der EU einen Kompromiss ausgehandelt, Verbrennermotoren bei der Verwendung von E-Fuels über 2035 hinaus zuzulassen, obwohl das, unter Experten unumstritten, keinen Nutzen für den Klimaschutz bringen wird. Und ebenso hatte der gleiche Politiker mit Verweis auf die jüngste Güterverkehrsprognose angekündigt, künftig wieder mehr in Straßenprojekte statt in andere Verkehrsträger investieren zu wollen, weil das wachsende Transportvolumen eher beim Lkw als bei Bahn und Schiff landet.
Die Ampel-Koalitionäre haben sich sogar von den eigentlich vereinbarten Sektor-Zielen verabschiedet. Statt strengere Vorgaben für den Verkehr zu formulieren, können künftig verfehlte CO?-Einsparungen mit Einspareffekten in anderen Bereichen verrechnet werden. Kein Wunder, dass viele Verkehrs- und Klimaexperten den Kurs der aktuellen Bundesregierung als »Desaster« bezeichnen.
Es bleibt absolut unverständlich, warum die Binnenschifffahrt derart konsequent ausgeblendet wird. Mit Verweis auf die Statistik? Ja, es stimmt: Der Transport über die Wasserstraßen ist rückläufig. Laut der Prognose, auf die sich Wissing beruft, wird die Schifffahrt sogar noch weitere Anteile am Modal Split verlieren. Aber: Wie sollte es auch anders sein, wenn die maßgeblichen Verkehrspolitiker des Landes nicht gegensteuern, sondern stattdessen eine Rolle rückwärts hinlegen?