Der Julianakanal, eine 36 km lange, künstlich angelegte Wasserstraße zwischen Maastricht und Maasbracht in den Niederlanden, sorgt für Ärger.
Rijkswaterstaat plant, den Julianakanaal zwischen Berg und Obbicht ab Oktober 2024 für mehrere Monate vollständig für die Schifffahrt zu sperren, um die Ausbaggerungsarbeiten sicher abschließen zu können. Derzeit besteht am Julianakanal eine unsichere Situation aufgrund des vorhandenen defekten Baugrubenbereichs.
Der Kanal ist eine stark befahrene Schifffahrtsroute zwischen Häfen in den Niederlanden, Belgien und Frankreich. Rijkswaterstaat ist seit 2022 damit beschäftigt, den Kanal zu vertiefen und zu erweitern. Nun muss der dafür angelegte Baugrund entfernt werden, schreibt der geschäftsführende Minister Harbers in einem Brief an die Zweite Kammer.
Das Baufeld ist durch eine temporäre Wand, die im Kanal platziert wurde, um einen Bereich abzudämmen, abgegrenzt. Innerhalb des abgedämmten Bereichs wird das Wasser abgepumpt, um trocken arbeiten zu können. Das trocken gelegte Baufeld lief Ende Februar plötzlich voll, weil Wasser unter der Spundwand hindurchströmte.
Die Entscheidung von Harbers, den Kanal deshalb für einige Monate zu sperren, stößt beim Geschäftsleben in Limburg auf Unmut. Das geht aus einem Schreiben des Limburger Arbeitgeberverbands (LWV – Limburgse Werkgevers Vereniging) hervor. Nach Angaben des LWV hatte Rijkswaterstaat vor Jahren erklärt, dass die Arbeiten durchgeführt werden müssten, der Kanal aber weiter befahrbar bleiben sollte.
»Es ist uns bekannt, dass ein Unternehmen mit Spitzenexpertise auf diesem Gebiet ein Angebot vorgelegt hat, mit dem der Kanal während der Renovierung halb offen bleiben kann«, schreibt der Verband. »Wir können uns nicht des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Wahl nun mit gesuchten Argumenten verschleiert wird, auf Kosten des Geschäftslebens und der Region Limburg.«
Trockenlegung des Julianakanals notwendig
Laut dem Minister ist es nicht möglich, den Kanal geöffnet und im Betrieb zu lassen: »Es hat sich herausgestellt, dass das sichere Entfernen der Spundwand und die Durchführung der notwendigen Bodenreparaturen ohne Trockenlegung des Kanals nicht möglich sind.«
Der Baugrund, der nun entfernt werden muss, verursachte bereits im letzten Jahr große Probleme. Ein Loch in einer Spundwand ließ das trockene Baufeld im Februar unter Wasser laufen, wodurch der Schiffsverkehr einen Monat lang stillstand. Die Spundwand wurde repariert. Bis im Oktober mit der Trockenlegung begonnen werde, sollen zusätzliche Maßnahmen gelten, um die aktuelle Situation so sicher wie möglich zu halten. Demnach gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung und es gibt Einbahnverkehr. Außerdem müssen Schubleichter mit der »stumpfen Seite« nach vorne fahren, und Schiffe ohne aktiven Bugstrahlruder dürfen die Baugrube ab Windstärke 3 nicht mehr passieren. Trotzdem kam es in der letzten Zeit mehrfach zu Beinahe-Unfällen. Diese Situation sei nicht länger tolerierbar, sagt Rijkswaterstaat.
Während der Arbeiten müssen Schiffe Umwege nehmen. Die Umleitungsroute verläuft über die Schleuse bei Limmel, Maastricht. Wenn diese Schleuse aufgrund von Hochwasser oder Störungen geschlossen werden muss, sind die Unternehmen im Hafen von Stein unzugänglich. Dieser Hafen wird unter anderem von Unternehmen auf dem Industriepark Chemelot in Geleen für den Transport von Rohstoffen genutzt. Es ist die einzige alternative Route Richtung Antwerpen und Rotterdam.
Diese Umleitungsroute hat laut LVW noch weitere Probleme. Schiffe müssen zwei Tage über Antwerpen umgeleitet werden, wo ebenfalls Renovierungsarbeiten durchgeführt werden. Die belgischen Behörden weisen jedoch auf eine Umleitungsroute über den Julianakanal hin.
Der gesperrte Julianakanal kostet 4 Mio. € pro Tag
Nach Angaben des Branchenverbands European Logistics Center Limburg entstehen den Unternehmen Kosten von mindestens 4 Mio. € pro Tag, wenn der Kanal monatelang nicht genutzt werden kann. Insgesamt ist von einer Summe zwischen 40 und 100 Mio. € die Rede. Besonders erzürnt die heimische Wirtschaft darüber, dass die Entscheidung zur Langzeitsperrung getroffen wurde, bevor ein beauftragtes Gutachten über die wirtschaftlichen Auswirkungen vorliegt. Auch steht ein längst nachgefragtes Gespräch mit dem Minister noch immer aus.
Minister Harbers verweist darauf, dass Unternehmen, die durch die Sperrung des Kanals übermäßig belastet werden, bei Rijkswaterstaat einen Antrag auf Entschädigung stellen können. Die Unternehmen müssen jedoch nachweisen, dass der Schaden das normale Unternehmerrisiko übersteigt. (ga)