Die Reederei der auf dem Rhein gekenterten »Waldhof« war allein schuld an dem Unglück vor sieben Jahren – und erhält keinen Schadensersatz von den Eignern der »Acropolis«. Das hat das Oberlandesgericht Köln als Rheinschifffahrtsobergericht entschieden.
Die mit 2400 t Schwefelsäure beladene Tanker »Waldhof« war in der Nacht zum 13. Januar 2011 auf dem Mittelrhein nahe der Loreley gekentert. Dabei kamen zwei Besatzungsmitglieder ums Leben. Etwa 1800 l Schwefelsäure liefen in den Rhein, die Bergung des Schiffes dauerte 32 Tage. In dieser Zeit war der Fluss teilweise für die Schifffahrt gesperrt.
Das 110 m lange Tankmotorschiff TMS »Waldhof« war rheinabwärts unterwegs, als es im Bereich des sogenannten »Betteck« dem 135 m langen Großmotorschiff »Acropolis« als Bergfahrer begegnete. Kurz danach kenterte die »Waldhof« über Steuerbord, trieb mit dem Kiel nach oben zu Tal, kollidierte mit einem weiteren bergfahrenden Schiff und kam kurz unterhalb des Loreleyhafens auf Grund zum Liegen.
Den Gesamtschaden hatte die Reederei der »Waldhof« auf rund 3,5 Mio. € beziffert. Mit der Klage war ein Betrag von rund 1,6 Mio. € gegen die Eigner der »Acropolis« geltend gemacht worden. Begründung: Die Besatzung der »Acropolis« sei fehlerhaft gefahren, habe nicht in die Engstelle am »Betteck«, einer besonders gefahrträchtigen Stelle des Rheins, einfahren dürfen und sei daher für die Havarie mitverantwortlich.
Das Amtsgericht Sankt Goar (Rheinschifffahrtsgericht) hatte die Klage auf Basis der Ergebnisse der behördlichen und staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen abgewiesen. Für die Berufung war jetzt das Oberlandesgericht Köln als Rheinschifffahrtsobergericht zuständig.
Wahrschau hatte funktioniert
Die Abweisung der Berufung hat der Senat damit begründet, dass der Schiffsführung der »Acropolis« keine schuldhafte Pflichtverletzung anzulasten sei. Zwar sei nach der Havarie der »Waldhof« ein generelles Begegnungsverbot für Schiffe eingeführt worden, wenn am »Betteck« die Hochwassermarke I überschritten sei. Nach den zum Unfallzeitpunkt geltenden Regeln hätte der Bergfahrer aber generell nur warten müssen, wenn das Warnsystem für Schiffe – die sogenannte »Wahrschau« – außer Betrieb gewesen wäre. Die Warntafeln hätten zum Unfallzeitpunkt aber unstreitig funktioniert.
Eine Begegnung von Schiffen sei daher trotz des Hochwassers gestattet gewesen. Eine Sonderregel in der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung, die dem Bergfahrer vorschreibt, an »Engstellen« zu warten, sei nicht einschlägig, weil das »Betteck« keine Engstelle im Sinne dieser Verordnung sei. Der gerichtliche Sachverständige habe überzeugend erläutert, dass die Fahrrinne ausreichend breit für die Begegnung der beiden Schiffe gewesen sei.
Die Schiffsführung der »Acropolis« habe zudem nicht gegen allgemeine nautische Sorgfaltspflichten verstoßen. Nach § 6.04 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung habe der Bergfahrer dem Talfahrer zwar einen geeigneten Weg freizulassen. Welchen Raum der Talfahrer benötige, könne jedoch in eigener Verantwortung geprüft werden. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei ein geeigneter Weg zur Vorbeifahrt gewährt worden.
Keine Schuld bei »Akropolis«-Besatzung
Die Behauptung der Klägerin, dass die »Acropolis« der »Waldhof« einen ungünstigen Kurs aufgezwungen und diese in die stärkere Strömung am kurvenäußeren Ufer, den sogenannten Prallhang, abgedrängt habe, sei durch den Sachverständigen nicht bestätigt worden. Vielmehr habe die Auswertung von Radarbildern ergeben, dass die »Acropolis« die grüne Fahrrinnentonne »hart« angefahren habe. Auch im Verlauf der Begegnung habe sie einen »optimalen« Kurs dicht am linken Fahrrinnenrand gewählt.
Das Gericht ließ auch nicht gelten, dass der Säure-Tanker nur eingeschränkt manövrierfähig gewesen sei. Die Beladung habe in gravierender Weise den europäischen Beladungsvorschriften widersprochen, die »Waldhof« habe bereits nach der Beladung Schlagseite nach Steuerbord gehabt und sei um 633 t überladen gewesen, so das Gericht. Die Bundesanstalt für Wasserbau in Karlsruhe hatte in einem Untersuchungsbericht festgehalten: Die »wesentliche Ursache« der Havarie sei die »nur teilweise Befüllung der sieben Ladetanks« gewesen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Besatzung der »Acropolis« von den Problemen Kenntnis hatte oder die Probleme hätte bemerken müssen, urteilte jetzt das Gericht.
Das Urteil: Die »Waldhof« sei allein wegen der falschen Beladung so instabil gewesen, dass sie angesichts der erheblichen Querströmungen und der engen Kurve im Bereich des »Betteck« nicht mehr ausreichend steuerbar gewesen sei. Es ist ein Urteil in letzter Instanz (Az. 3 U 209/13 BSchRh): Eine Revision wurde nicht zugelassen.