Ab Juli dieses Jahres soll die Lkw-Maut auf die deutschen Bundesstraßen ausgeweitet werden. Der Europäische Ladungs-Verbund Internationaler Spediteure (ELVIS) sieht dadurch »erhebliche Unwägbarkeiten« auf die Transportbranche zukommen.
Unternehmen, denen es nicht gelinge, die zusätzlichen Kosten zu kompensieren, drohten ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten, so ELVIS. Berechnungen des Verbundes zufolge dürften erheblich höhere Gesamtkosten anfallen, und zwar durchschnittlich 2,5 % im nationalen Güterfernverkehr, 3,6 % im Nahverkehr beim Einsatz von 12-Tonnern sowie 3,9 % im Nahverkehr mit schweren Lkw. Im Einzelfall, etwa wenn der Anteil der Fahrten im Nahverkehr überdurchschnittlich hoch sei, könnten sich die Kosten sogar um 5 bis 8 % erhöhten.
Befrachter wollen die Zusatzkosten an die Verbraucher weiterreichen
Dies dürfte nicht ohne Auswirkungen auf die Frachtpreise bleiben, glaubt der Verbund. Grundlage der Berechnungen seien die aktuell gültigen Maut-Tarife, heißt es.
»Die Bundesregierung erhebt hier letztlich eine Art Steuer. Angesichts ohnehin knapper Margen im Logistikbereich behindert dies unser Geschäft erheblich«, kritisiert ELVIS-Vorstandsvorsitzender Jochen Eschborn. Die Verlader wiederum würden alles daran setzen, etwaige Preissteigerungen für die Transporte zu verhindern oder diese an den Verbraucher durchzureichen.
Besonders ärgerlich ist Eschborn zufolge, dass die Mautsätze für das kommende Jahr noch nicht feststehen. Damit fehle den Transportdienstleistern die Planungsgrundlage. »Natürlich brauchen die Kalkulationen und die Verhandlungen mit den Verladern einen gewissen Vorlauf. Da man davon ausgehen kann, dass die neuen Maut-Sätze die aktuellen übersteigen werden, müssen die Spediteure diesen aufwändigen Prozess binnen kürzester gleich zwei Mal durchlaufen«, erklärt Eschborn. Im Ergebnis sei daher mit weiter schrumpfenden Margen im Transportgewerbe zu rechnen, was sich für viele Betriebe existenzbedrohend auswirken könnte.
Auch Nahverkehrsfahrzeuge werden künftig belastet
Belastet werden laut Eschborn vor allem Unternehmen, die im Stückgutverkehr aktiv sind. In den meisten Fällen war in diesem Segment bislang nur der Hauptlauf von der Maut betroffen. Dort allerdings fällt nur rund ein Viertel der Stückgutkosten an. Durch die Ausweitung der Maut auf alle Bundesstraßen würden auch typische Nahverkehrsfahrzeuge erfasst, die im Stückgutgeschäft circa 40 % der Kosten ausmachten, sagt Eschborn. Der Endverbraucher müsse sich also darauf einstellen, dass Bestellungen im Internet künftig teurer würden.
Höheres Verkehrsaufkommen in Dörfern und Städten erwartet
Die Konsequenz werde sein, dass die Transporteure die Zulieferverkehre wo immer möglich über die gebührenfreien Landstraßen lenkten. Denn im Gegensatz zu den Autobahnen gebe es zu den Bundesstraßen in der Regel zahlreiche Alternativrouten. Häufig seien diese Strecken nicht einmal mit nennenswerten Umwegen und längeren Fahrzeiten verbunden. Das führe zwangsläufig zu einem höheren Verkehrsaufkommen in den Dörfern und Städten.
»Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass das Image unserer Branche darunter weiter leiden wird«, sagt der ELVIS-Vorstand. Zudem sei damit die nächste Restriktion für Transportunternehmen absehbar: Fahrverbote für Lkw auf Landstraßen. »Das ist eine beispielslose Gängelung einer ganzen Branche. Als Transportunternehmer wirtschaftlich zu arbeiten, ist schwieriger denn je«, unterstreicht Eschborn.
Bislang galt die Maut auf rund 15.000 km Autobahnen und mehrspurigen Bundesfernstraßen. Ab dem 1. Juli werden alle Bundesstraßen mautpflichtig. Im Ergebnis werden dann rund 52.000 Straßenkilometer für Lkw ab 7,5 t Gesamtgewicht gebührenpflichtig sein. Maut-Betreiber Toll Collect zufolge werden davon etwa 30.000 Unternehmen betroffen sein, die für die Fahrten ihrer 140.000 Fahrzeuge erstmals Gebühren zahlen müssen. Im Durchschnitt fallen den Angaben zufolge derzeit 14 Cent pro Kilometer für die Straßennutzung an. Die Gebühr ist gestaffelt nach verschiedenen Schadstoffklassen und der Zahl der Achsen des Lastwagens.
Welche Auswirkung die Maut-Einführung für Bundesstraßen auf den Hinterlandtransport hat, bleibt abzuwarten.