Im Gespräch mit der »Binnenschifffahrt« informiert Daniel Hosseus, Hauptgeschäftsführer beim Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), über das Förderprogramm für Innovative Hafentechnologien (IHATEC) sowie die künftig zu erwartenden Techniken beim Hafenumschlag
Ende 2016 startete der erste Aufruf für das Förderprogramm Innovative Hafentechnologien (IHATEC). Welche Idee steckt dahinter (Ziel)?
Daniel Hosseus: Das IHATEC-Programm geht auf die beiden ISETEC-Förderprogramme der Jahre 1985 bis 1995 und 2007 bis 2012 zurück. Die Programme hatten das Ziel, innovative Seehafentechnologien zu fördern und waren sehr erfolgreich. Sie brachten technischen Innovationen, woraus ein Fortschritt in der Umschlagtechnik, Arbeitssicherheit und Umweltschutz resultierte. Da lag es nahe, eine Neuauflage zu entwickeln. Hier hat sich der ZDS stark eingebracht und Vorschläge unterbreitet, die von der Bundesregierung auch aufgenommen wurden und in einen Haushaltsbeschluss des Bundestages mündeten. Um sich nicht mehr nur auf Seehäfen zu beschränken, sondern ausdrücklich auch Binnenhäfen miteinzuschließen, wurde 2016 IHATEC gestartet, was für innovative Hafentechnologien steht. Diese Initiative des Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) ist bis zum Jahr 2020/21 angelegt.
Welche Projekte sind förderfähig?
Hosseus: Im Prinzip geht es um Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die zur Entwicklung oder Anpassung innovativer Technologien in den deutschen See- und Binnenhäfen beitragen und dabei helfen, das Umschlagaufkommen zu bewältigen und Logistikketten zu verbessern. Das schließt die Optimierung des Umschlags, Abfertigung von Passagieren, Integration von IT in die Wertschöpfungskette, IT-Sicherheit, Interaktion von Mensch und Technik sowie Umweltschutz und Energieeffizienz ein.
Welches sind Projekte mit dem größten Potenzial?
Hosseus: Es gibt ganz unterschiedliche Projekte, die alle ihre Berechtigung haben, denn sonst würden sie nicht gefördert werden. Eine Abstufung möchte ich daher nicht vornehmen.
Gibt es einen Trend hin zu bestimmten Technologien, beispielsweise zu Drohnen oder Robotern?
Hosseus: Es gibt Projekte, die sich damit befassen. Es wird vieles ausprobiert, einen Trend hin zu bestimmten Technologien sehe ich noch nicht. Im Kern geht es vielfach um Digitalisierung und Automatisierung. Die Interaktion von Mensch und Technik ist ebenfalls eine wichtige Komponente, denn die Menschen müssen lernen, mit neuen Techniken umzugehen, um sie gewinnbringend einsetzen zu können.
Spielt die Größe der Häfen bei der Anzahl der geförderten Projekte eine Rolle?
Hosseus: Es wird Wert darauf gelegt, dass sowohl an der Nord- als auch an der Ostsee Projekte gefördert werden, damit alle Regionen nach Möglichkeit zum Zuge kommen. Das gilt auch für Binnenhäfen, die aber bisher noch nicht so viele Fördergesuche gestellt haben. Es liegt nahe, dass aus Regionen mit einem großen Hafen wie beispielsweise Hamburg, mehr Förderanträge als aus kleineren Häfen gestellt werden. Das hängt schlicht mit der Zahl der dortigen Unternehmen zusammen. Bei der Vergabe spielt das aber keine Rolle.
Wie hoch waren die Förderungen bisher und wonach richtet sich deren Höhe?
Hosseus: Unternehmen stellen Anträge und präsentieren ihre Forschungsprojekte dem TÜV Rheinland, der Projektträger ist. Das können kleine Vorhaben im niedrigen sechsstelligen Bereich sein, aber auch größere Projekte, für die 7 oder 8Mio. € an Fördermitteln ausgeschüttet werden. Eine Obergrenze für die Maßnahmen gibt es dafür nicht. Insgesamt ist das IHATEC-Programm für den Zeitraum bis 2020/21 mit 64Mio.€ ausgestattet.
Wie viele und welche Projekte wurden bisher gefördert?
Hosseus: Der erste Förderaufruf ist bereits abgeschlossen. Es wurden insgesamt 15 Projekte gefördert, fünf Durchführbarkeitsstudien und zehn anwendungsorientierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Das Fördervolumen lag bei 26Mio. €. Jüngst wurde auch der zweite Förderaufruf beendet – in leicht abgewandelter Form, denn es musste nicht mehr der komplette Antrag gestellt werden, sondern zur Entlastung aller Beteiligten wurde zunächst nur eine Projektskizze gefordert. Erst wenn der TÜV Rheinland Potenzial erkannte, wurden die Projektpartner aufgefordert, den vollen Antrag zu stellen. Insgesamt wurden 21 Projektideen ausgewählt, mit einem Fördervolumen von etwa 25Mio. €. Die Projektskizzen befinden sich aktuell in der Qualifizierungsphase und werden zu Anträgen weiterentwickelt. Erste Projektstarts sind dann für die zweite Jahreshälfte beabsichtigt.
Hat die Initiative die Erwartungen bisher erfüllt?
Hosseus: Ja sicherlich, denn das Förderprogramm für innovative Hafentechnologie wurde sehr gut angenommen. Beim zweiten Förderaufruf waren insgesamt 45 Projektskizzen von 170 beteiligten Unternehmen und Forschungseinrichtungen eingegangen, die natürlich nicht alle gefördert werden können, denn sonst wäre das Programm deutlich überzeichnet worden.
Wird es noch einen dritten Förderaufruf geben?
Hosseus: Das wäre wünschenswert, zumal die kompletten Fördermittel auch noch nicht ausgeschöpft sind. Da das IHATEC-Programm so erfolgreich ist, sollte auch schon jetzt beschlossen werden, es über das Jahr 2021 hinaus zu verlängern. Dafür sollte aber man jetzt schon die haushaltspolitische Vorarbeit leisten.
Welche Voraussetzungen müssten für eine Fortsetzung erfüllt sein?
Hosseus: Im Wesentlichen muss es einen Beschluss der Bundesregierung und des Bundestages geben. Die Regierung hat bereits signalisiert, dass sie IHATEC fortführen möchte. So steht es auch im Koalitionsvertrag geschrieben. Verkehrsminister Scheuer muss aber noch sein Einverständnis für den Beschluss geben, der dann umgesetzt werden muss. Wir gehen fest davon aus, dass das passieren wird, denn IHATEC ist sinnvoll, wird angenommen und produziert Erfolge. Zudem leistet das Programm einen Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Hafenwirtschaft.
Gibt es ähnliche Programme auch in anderen Ländern?
Hosseus: Sicherlich gibt es so etwas auch anderswo. Auf EU-Ebene wird darüber nachgedacht wie Hafentechnologie gefördert werden könnte oder sollte. Auch das deutsche Programm richtet sich natürlich nach den europäischen Beihilferichtlinien, anders wäre das bei einem Mitgliedstaat auch gar nicht möglich. Wir befinden uns in Deutschland in einem starken Wettbewerb mit den Westhäfen, Häfen im Osten und im Mittelmeerraum. Das Geschäft an den einzelnen Standorten ist hart umkämpft. Es geht auch darum, sich weltweit über neue Techniken zu informieren und einen Blick darauf zu haben, wie sich die Wettbewerber aus Singapur, China, Dubai oder anderen Teilen der Welt entwickeln. Neue Handelswege wie die neue Seidenstraße oder künftig vielleicht der nördliche Seeweg gehören ebenfalls dazu. Gleiches gilt für neue Produktionsprozesse wie 3D-Drucker, neue Formen der Energienutzung etc. Es sind also Innovationen aller Art gefragt, auch um sich dem internationalen Wettbewerb zu stellen.
Interview: Thomas Wägener