Osthaltung für Mittellandkanal eröffnet

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Die Bauarbeiten an der rund 80 km langen Osthaltung des Mittellandkanals (MLK) sind beendet. Im Magdeburger Hanse-Hafen wurde die gesamte Strecke jetzt wieder für den Schiffsverkehr freigegeben. Auch Großmotorgüterschiffe (GMS) können nun verkehren

Hans-Heinrich Witte, Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS), betonte, dass während der mehrjährigen Bauzeit zwischen Sülfeld und dem Magdeburger Elbekreuz der Schiffsverkehr zum Teil im Einrichtungsverkehr auf der 80 km langen Ausbaustrecke aufrechterhalten worden ist. Nach Abschluss der Bauarbeiten können nun GMS mit einer Länge von 110 m und Schubverbände bis 185 m Länge ungehindert mit einem Tiefgang von bis zu 2,80 m vom Rhein bis zur Elbe fahren. Bis nach Berlin sei das noch nicht mit 2,80 m Tiefgang möglich, weil der Weiterbau der Schleuse Wusterwitz des Elbe-Havel-Kanals noch nicht fortgesetzt werden könne. »Leistungsfähige Wasserwege«, so Witte, »kombiniert mit Eisenbahn und modernen Straßen, das bedeutet beste Voraussetzungen für einen ökonomischen, ökologischen und sicheren Gütertransport in Deutschland. Die Verkehrsfreigabe der Osthaltung trägt entscheidend dazu bei.«

Die Osthaltung des MLK mit seinen Bauwerken und der Anschluss des Magdeburger Hafens über die Schleuse Rothensee seien Teile des Projektes 17, mit dem die Häfen und Wirtschaftsstandorte im Raum Berlin, Brandenburg und Magdeburg an das westliche Wasserstraßennetz über den MLK mit dem Ziel einer stärkeren Vernetzung von Wirtschaftsräumen angeschlossen werden sollen.

Leistungssteigerung möglich

»Mit dem Ausbau des Mittellandkanals steigern wir die Leistungs- und die Zukunftsfähigkeit der Binnenschifffahrt deutlich«, sagte Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Aufgrund der Bedeutung dieser Wasserstraße gelte dies nicht nur für die Region, sondern für das gesamte Wasserstraßennetz. »Durch den Ausbau verlagern wir den Güterverkehr von der Straße auf die Wasserstraße. Ein Schubverband kann dabei eine bis zu 8,5 km lange Lkw-Kolonne auf der Autobahn A2 ersetzen. Deshalb sind die Investitionen des Bundes mehr als gerechtfertigt.«

Über die Binnenschifffahrt als Verkehrsträger werde relativ wenig geschrieben und geredet, obwohl sie große Reserven habe. Bahn und Straße seien dagegen überlastet. Dabei könnte die Wasserstraße besser zum Zuge kommen. Was den Wasserweg nach Berlin betreffe, sei es wichtig, das Problem der Schleuse Wusterwitz schnell zu lösen, nachdem die Schleuse Zerben bereits in Betrieb gegangen sei. Ferlemann sprach sich dafür aus, im Anschluss an das Projekt 17 auch die Ertüchtigung von Elbe-Seiten-Kanal, Elbe-Lübeck-Kanal und der Elbe anzugehen. Das BMVI sei auch zu der Überzeugung gelangt, das Projekt 17 über Berlin hinaus bis zur Oder weiterzuführen, um vom Rhein bis nach Polen eine durchgängige und leistungsfähige Wasserstraße anzubieten.

EU bietet Fördermittel

Andreas Boschen, Leiter Innovative and Networks Executive Agency bei der EU-Kommission, ging auf Ferlemanns Ausführungen ein: Über seine Agentur würden 650 Verkehrsprojekte in der EU gefördert. Wenn bis 2030 die Wasserstraßen von Berlin zur Oder nach den Parametern des Projektes 17 ertüchtigt werden sollen, könnten dafür erhebliche Fördermittel beantragt werden. Der Bau der neuen Schleuse Zerben sei auch durch die EU gefördert worden. Auch für die umweltfreundliche Umrüstung von Antriebssystemen von Binnenschiffen auf Flüssiggas- oder Hybridantriebe stünden umfangreiche Fördermittel zur Verfügung, sie müssten nur beantragt werden.

Gesamtkonzept Elbe umsetzen

Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Thomas Webel hob hervor, dass der Ausbau der Osthaltung des MLK für die Häfen in Haldensleben, Bülstringen und Vahldorf sowie des Magdeburger Hafens einen enormen Aufschwung an Güterumschlägen und eine große Steigerung an logistischen Dienstleistungen der Binnenschifffahrt gebracht hätten. Schwerlast- und Projekt- sowie Anlagentransporte bewiesen, dass gut ausgebaute Wasserstraßen auch von der Wirtschaft effektiv genutzt werden wollen. Das solle auch für die Elbe gelten, weshalb man sich keine Zeit bei der Umsetzung des Gesamtkonzeptes Elbe lassen dürfe. Der Reden seien genug gehalten worden, jetzt sei Handeln gefragt. Deshalb sollten die Aufgaben zur Ertüchtigung der Elbe auf der 3. Seehafenhinterland-Konferenz am 6. und 7. September 2018 besprochen werden.

Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper führte aus, dass im und um das Magdeburger Hafengebiet das nunmehr größte Industriegebiet Magdeburgs entstanden sei und das Innerstadtgebiet davon weitgehend befreit sei und dem Tourismus diene. Der Magdeburger Hafen zeige, dass die Binnenschifffahrt sich auszahle, wenn die Wasserstraße genügend Tauchtiefe biete. Das bereits seit Wochen wieder anhaltende Niedrigwasser verdeutliche, dass es dringendst erforderlich sei, am Beispiel des erfolgreichen Projektes 17 auch die Elbe als Wasserstraße zu ertüchtigen, damit Transporte aus den Kanalgebieten nach Sachsen oder Tschechien ebenfalls rentabel erfolgen könnten. »Es liegt an uns, wie wir das Projekt 17 nutzen wollen und können. Jetzt dient es in erster Linie dem Verkehr von West nach Ost und umgekehrt. Aber das Wasserstraßenkreuz Magdeburg ist auch dafür errichtet worden, wirtschaftlich auf dem Wasser von Nord nach Süd und umgekehrt«, so Trümper.

Investitionen zahlen sich aus

Magdeburgs Hafengeschäftsführer Karl-Heinz Ehrhardt erklärte, dass neben dem traditionellen Hafengeschäft in den Hafenteilen Industriehafen und Trennungsdamm sich besonders die Investition in den Hanse-Terminal ausgezahlt hätten, vor allem für Container- und Schwerlastverkehre. Die logistischen Dienstleistungen am Hanse-Terminal seien im Steigen begriffen. Die Kranbrücke sei bei Schwerlasten und Anlagentransporten bereits überlastet. Deshalb müssten mobile Schwerlastkräne eingesetzt werden. Gleichzeitig würden durch eine Windkraftanlage im Hafengebiet Krane und Brücken sowie die Hafenbahn mit Ökostrom betrieben.

Der Bau der Niedrigwasserschleuse habe seinem Hafengebiet eine konstante Tauchtiefe von 4m gebracht, weshalb alle Schiffe aus und zum Kanalgebiet voll ausgelastet verkehren könnten. Auch dies habe sich für den Hafen auszahlt. Mit mehr als 3Mio.t Gütern, die der Hafen jährlich umschlägt, schreibe Magdeburg seit zehn Jahren schwarze Zahlen. Bei den Ansiedlern im Hafengebiet seien mehr als 1.000 Arbeitsplätze entstanden.

Schiffstransporte steigen stark an

Hendrik Peterburs, Leiter Logistics bei Enercon PLM, einem wichtigen Ansiedler im Magdeburger Hafengebiet und einer der größten Windkraftanlagenbauer Europas, bekräftigte, dass die Binnenschifffahrt der ideale Verkehrsträger für den Transport von Komponenten seiner Windkraftanlagen sei, sofern man per Schiff vom Hersteller bis zur Baustelle transportieren könne. So habe Enercon im vorigen Jahr 6.000 Anlagenteile, Flügel, Maschinengehäuse und Turmteile über die Wasserstraße transportieren können. Das seien 30% der Gesamtproduktion seines Unternehmens. Gegenüber 2016 sei dies eine Steigerung von rund 50%. Die Rotoren der Windkraftanlagen hätten Durchmesser von 115 m, entsprechend habe ein Flügel eine Länge von 57,5 m. Wenn das Binnenschiff über einen durchgehenden Laderaum verfüge, sei es daher das ideale Transportmittel.

Die Windkraftanlagen von Enercon erzeugen derzeit weltweit 3.700 MW Strom.


Christian Knoll