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Wie sich emissionärmere Techniken in der Sport- und Freizeitschifffahrt nutzen lassen, wurde auf einer Konferenz zum Thema »Alternative Antriebe auf schiffbaren Gewässern« in Leipzig diskutiert. Brennstoffzellen werden große Chancen eingeräumt

Rund 70 Teilnehmer, darunter Vertreter von Landkreisen, Städten und Gemeinden, der Landesdirektion Leipzig, der Fahrgastschifffahrt, Verkehrsbetriebe, Reedereien, Charterfirmen, Boots- und Motorenhersteller, Zulieferer, Behörden, Fördermittelgeber, Vereine, Verbände sowie Universitäts- und Forschungseinrichtungen waren nach Leipzig gekommen.

Veranstalter der Fachtagung war der Grüne Ring Leipzig, AG Umwelttechnik, zu der auch der 1999 gegründete »Wasser-Stadt-Leipzig e.V.« (WSL) gehört, der im Juni 2001 eine Konferenz einberufen hatte, wie die Stadt Leipzig an das europäische Binnenwasserstraßennetz angeschlossen werden könnte (siehe BS 07/2001, S. 55 und 57-63).

Das Gründungsmitglied des WSL, Angela Zabojnik, berichtete, was sich seitdem getan hat: Zwischen dem ehemaligen Goitzsche-Tagebau bei Bitterfeld im Norden und Altenburg im Süden Sachsens sei das Leipziger Neuseenland aus zahlreichen ausgekohlten Tagebauen in einer umweltgerecht rekultivierten Landschaft entstanden. Zahlreiche Seen seien untereinander durch Kanäle verbunden, deren Höhenunterschiede durch drei Schleusen ausgeglichen würden. Die Seen können vom Stadthafen Leipzig aus über Pleiße und Elster für Fahrgastschiffe und die Sportschifffahrt befahren werden.

Die 650 m vom Karl-Heine-Kanal bis zum Hafen Leipzig-Lindenau am Elster-Saale-Kanal, den die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) jetzt Saale-Leipzig-Kanal nennt, seien zwischen 2013 und 2015 aufgegraben worden. Zum Teil würden sich mehr als 500 motor- und handgetriebene Boote an Wochenenden auf diesem 12 km langen Kanalabschnitt tummeln, so Zabojnik. An dem Wunsch der Stadt Leipzig, den Anschluss an das europäische Wasserstraßensystem zu erlangen, habe sich bis heute nichts geändert.

Alternative Antriebssysteme gäbe es bereits auf einigen selbstfahrenden Booten, und die Stadt Leipzig sei sehr daran interessiert, dass die Konferenz dazu beitragen möge, den Anteil an der Nutzung alternativer Antriebssysteme, egal ob elektro-, hybrid- oder andere zu erhöhen, um auf den Leipziger Wasserwegen abgasfrei verkehren zu können.

Pionier der Solarbootschifffahrt

In einem Impulsvortrag mit Filmvorführung zeigte der als Solarbootpionier bezeichnete Vorsitzende von N:DW (Netzwerk Deutsche Wasserstraßen) und »Unser Finowkanal«, Hartmut Ginnow-Merkert, der seit 1988 Solarboote selbst entwickelt und fährt, was sich national wie international alles im Solarschiffsbetrieb aufgebaut hat.

In Anbetracht des Klimawandels wachse in den entwickelten Industrieländern zunehmend die Erkenntnis, so Ginnow-Merkert, dass die Nutzung fossiler Brennstoffe zur Energiegewinnung über kurz oder lang durch alternative schadstofffreie Energieträger abgelöst werden müsse.

Wie er das an Hand von Kurzfilmeinblendungen über die Entwicklung bei Solarbooten und -schiffen veranschaulichte, war für alle Teilnehmer sehr beeindruckend. Er zeigte zum Beispiel eine »Raketa«, ein bis zu 150 Personen fassendes Tragflügelschiff auf der Ostsee bei St. Petersburg, wie es mit 70 km/h, elektrisch getrieben, die Wellen durchritt. Solche Einheiten werden auf russischen Wasserstraßen eingesetzt, vornehmlich an Orten die auf Bahn- und Landtransportwegen schlechter erreicht werden können als auf dem Wasser. Dieses Tragflügelprinzip wurde in den 1930er-Jahren durch die Sachsenberg Maschinenfabrik und Schiffswerft Roßlau (heute Roßlauer Schiffswerft) zum Patent entwickelt und 1945 beim Einmarsch der Roten Armee als Kriegsbeute requiriert und seitdem auf russischen Wasserwegen erfolgreich in großer Breite angewendet.

Ginnow-Merkert ist außerdem fest davon überzeugt, dass in 20 Jahren der Antrieb auf Straße, Schiene und Wasserweg nur noch auf elektrische Weise erfolgen wird. Es komme aber darauf an, dass die Elektroenergie nur mit schadstofffreien Energieträgern erzeugt werde, unabhängig ob mit Solarmodulen, Windstrom, Wasserkraft oder Wasserstoff.

Forschung in mehrere Richtungen

Über Vorteile elektromobiler Schiffsantriebe und Energiespeicher auf Schiffen in der Praxis am Beispiel der »Korona« und der »Solgenia« berichteten Christian Schaffrin (em.) und Richard Leiner, HTWG Konstanz, Fakultät Elektro- und Informationstechnik, Labor für Photovoltaik- und Wasserstoff-Boote. Beide Einheiten sind privatwirtschaftlich betriebene Wasserfahrzeuge, die durch die HTWG für Versuchszwecke mit der Verwendung verschiedener Energieträger und deren Speicherfähigkeit getestet werden. Die Lithium-Polymer-Batterie sei derzeit gegenüber dem Blei-Akku das gängigste Modell, da es leichter sei, erläuterten die beiden Experten.

An der Komprimierung der Energiedichte arbeiten alle Hersteller, die Preise würden fallen, weil mehr produziert als abgerufen werde. Die Autoindustrie werde noch einige Zeit mit der Umrüstung von der flüssigen Antriebstechnik auf die elektrische beschäftigt sein. Aufzuhalten sei der Trend jedoch nicht. Alle hätten verstanden, bekräftigten Schaffrin und Leiner.

Den Jockel (Hilfsdiesel) zur Energieaufladung der Batterien zu verwenden, verbiete sich aus Umweltgründen. Methanol empfehle sich, wo es zur Nutzung anfalle, weil zwei Drittel CO² vermieden würden. Wasserstoff sei der Kraftstoff der Zukunft, weil er die größte Energiedichte aufweise. Gelöst werden müsse allerdings das Problem der leichten Explosionsgefahr. Mit 1 l Wasserstoff könnte ein Mittelklassewagen etwa 500 km fahren ohne nachzutanken oder Akkus nachzuladen, gaben sie ein Beispiel.

Elektromobilität wird kommen

Auch Schaffrin und Leiner waren sich einig, dass an der Elektromobilität kein Weg mehr vorbeiführt. Verantwortungsbewusste Regierungen seien aufgefordert, die Elektromobilität zu intensivieren und zu fördern.

In einem zweiten Themenblock berichtete Sven Richter, Geschäftsführer des 20km östlich der Elbe beheimateten Falkenberger Unternehmens RiPower, dass sich seine Firma seit sieben Jahren die Herstellung alternativer Antriebe, hauptsächlich Elektro, auf die Fahnen geschrieben habe. Auch im Leipziger und Lausitzer Neuseenland habe man einige Wasserfahrzeuge auf abgasfreie Antriebe umgerüstet, so Richter. Das habe Zukunft, weil in der Breite erkannt worden ist, dass Dieseltechnik nur eine Übergangslösung zur Elektromobilität sei – der Umwelt und der Gesundheit der Menschen zuliebe.

Perspektiven für Brennstoffzellen

Henning Joswig von Innogy machte am Beispiel der »Innogy« deutlich, dass der Brennstoffzellenantrieb die Zukunft für alle Antriebssysteme darstellen werde, egal, ob durch die Verwendung von Wasserstoff, Methanol, Butan oder Erdgas, die Wärmeenergie werde direkt in Elektroenergie umgewandelt.

Bootsbesitzer und Reeder des Neuseenlandes zeigten sich überzeugt davon, auch in Zukunft auf diese Technologien zu setzen, wenn von den zuständigen Obrigkeiten dafür auch Fördergelder zugesichert würden.

Ostseestaal ist der große Macher

Ingo Schillinger, Verkaufsmanager bei Ostseestaal in Stralsund, stellte nicht nur sein Unternehmen vor, das im Schiffbau wie in der Offshoretechnik und anderen schifffahrtsverbundenen Gewerken sein Metier besitzt. Es hat sich auf den Bau von mit Solarenergie betriebenen Schiffen spezialisiert, vornehmlich Fahrgastschiffe, Autofähren, Personenfähren, Seminarschiffe und selbstfahrende Wohnboote.

Alle Schiffe wie Boote sind mit Solarmodulen bestückt, die ihre Energie außerhalb und während des Fahrbetriebes in Lithium-Polymer-Batterien (LPB) speichern, ansonsten die Schiffe in Fahrt betreiben oder die LPB über Nacht aus dem öffentlichen Stromnetz laden.

Zehn solcher Schiffe – Boote nicht mitgerechne – seien erfolgreich im Raum Berlin, Stralsund (Weiße Flotte) und im Saarland störungsfrei unterwegs, so Schillinger. Mit farbigen Risszeichnungen dokumentierte er zudem, dass Ostseestaal den Bau von mehr als zehn weiteren Einheiten vorbereitet. Bestimmt sind sie für verschiedene in- und ausländische Reeder, beispielsweise aus Skandinavien. Es handelt sich um Solar-Fahrgastschiffe, die bis zu 300 Personen Platz bieten sowie um Fähren und Arbeitsschiffe.

Der Geschäftsführer der Weiße Flotte Stralsund, Knut Schäfer, schilderte seine guten Erfahrungen mit mehreren von Ostseesaal gebauten Solarfähren, die sein Unternehmen in Berlin betreibt. Auch er ist der Ansicht, dass die Elektromobilität den Schiffsantrieb revolutionieren wird. Er woll mit seinem Unternehmen weiterhin daran teilhaben, kündigte Schäfer an.

Harald Arndt, Head R&D Neptun Ship Design, Rostock, führte aus, dass auch sein Unternehmen an der Emissionsreduzierung durch Elektroantriebe für die Binnenschifffahrt gemeinsam mit der Neptun-Werft arbeite.

Abschließend zeigten sich Ginnow-Merkert und Schaffrin in kurzen Schlussworten überzeugt, dass sich der Elektroantrieb von Schiffen, unabhängig ob in der Freizeit- oder der Berufsschifffahrt, über kurz oder lang durchsetzen werde. Die Bereitschaft der zahlreichen Sportschifffahrtsunternehmen im Leipziger Neuseenland, die sich ebenfalls dem Elektroantrieb zuwenden zu wollen, zeige, dass man sich auf einem guten Weg befinde.


Christian Knoll