Mit einer großen Feier hat der Duisburger Schiffsausrüster Wittig die neue Unternehmenszentrale im Herzen des Ruhrorter Hafengebiets eingeweiht. Das Gebäude an geschichtsträchtiger Stelle
Rund 200 Gäste, darunter Prominenz aus Politik und Wirtschaft, feierten mit Frank und Ralf Wittig, die das Unternehmen bereits in 4. Generation führen. Im 120. Jahr des Bestehens stand der Umzug aus Kaßlerfeld an den Bunkerhafen im Herzen des Duisburger Hafens an, um heute bereits der 5. Generation den Weg zu bereiten.
1898 hatte Malermeister Wilhelm Wittig mit 29 Jahren ein Geschäft für Lacke und Farben eröffnet. Zur Jahrhundertwende erweiterte er die Angebotspalette um Zubehör für die Schifffahrt. Als der Unternehmer 1928 verstarb, hinterließ er seiner Frau Wilhelmine ein bereits über die Grenzen Duisburgs hinaus bekanntes Unternehmen.
1936 übernahm Sohn Paul, ein gelernter Drogerist, das Geschäft gemeinsam mit seiner Frau Leni. Im Jahre 1956 bezog man den firmeneigenen Neubau auf der Schwanenstraße in Duisburg. 1974 folgen die beiden Söhne Karl-Ernst und Wilhelm-Otto Wittig in 3. Generation das Geschäft, bis schließlich vor knapp 30 Jahren die heutigen Firmenchefs Frank und Ralf Wittig in die Firma eintreten und 2002 das Ruder endgültig übernehmen.
Und nun, knapp 20 Jahre später, denken die beiden Firmenlenker bereits an die kommende 5. Generation, selbst wenn sie am Ende nicht aus der eigenen Familie stammen sollte. Unter dem Arbeitstitel »Wittig 5.0« haben sie bereits vor drei Jahren konzeptionell vorausgedacht. Der Bau einer neuen Unternehmenszentrale samt ausreichender Lagerfläche gehörte dazu, um künftig Wachstumschancen nutzen zu können.
»Vorbereitung trifft auf Gelegenheit«, beschreibt Frank Wittig den Entschluss, an den Bunkerhafen und damit in den ältesten Teil des Duisburger Hafens zu ziehen. In lediglich 13 Monaten ist das Gebäude, das an eine Schiffsbrücke erinnert und das typische Wittig-Grün trägt, entstanden – mit ausreichend Platz für die heutigen Bedürfnisse, aber auch mit genügend Kapazität für weiteres Wachstum.
Zur Bürofläche von insgesamt 1.100 m2 kommen weitere 3.500 m2 im Lager. Technisch ist alles auf dem neusten Stand, dazu kommt die im Vergleich zum alten Standort deutlich bessere Aussicht. Statt auf die Autobahn blicken die Wittig-Mitarbeiter jetzt aufs Wasser. Auch die logistische Anbindung sei ideal.
Viele Gründe also, um zu feiern – und das gleich zweimal. Einmal bei der offiziellen Einweihung mit 200 geladenen Gästen, Geschäftspartner und Kunden, einen Tag später dann noch einmal mit den Mitarbeitern und ihren Familien. »Wir sind absolut zufrieden mit dem neuen Standort«, sagt Firmenchef Frank Wittig.
Die Zeiten, in denen Waren an drei verschiedenen Orten kommissioniert werden mussten, gehören damit der Vergangenheit an. Die Außenlager konnten aufgegeben werden, das alte Firmengebäude in der Max-Peters-Straße in Kaßlerfeld ist vermietet. Der neue Standort ist auch ein Bekenntnis zu Duisburg. »Auch andere Standorte haben uns schöne Augen gemacht«, berichtet Wittig. Wesel zum Beispiel. »Aber wir sind Duisburger Jungs.«
Die beiden Wittig-Brüder sind nicht nur erfolgreiche Unternehmen, sondern seit Jahren politisch und sozial engagiert. Bei der IHK Duisburg und der Schifferbörse, als Organisatoren des Balls der Schiffahrt und in anderen Ehrenämtern. »In Duisburg gestalten zu wollen und dann wegzuziehen, wäre unglaubwürdig gewesen«, sagt Wittig.
Nun sei alles für die nächsten 12 bis 15 Jahre »angerichtet«, auch wenn man heute noch nicht wissen könne, wie diese Jahre aussehen würden. Leicht werde es mit Sicherheit nicht für ein mittelständisches Familienunternehmen. Der klassische Handel sei unter einen enormen Druck geraten.
Die Online-Plattformökonomie habe die Märkte und das Verhalten der Marktteilnehmer gravierend verändert. Internet-Giganten wie Amazon und Alibaba lieferten zu billigsten Preisen nahezu weltweit aus und forcierten die »digitale Ungeduld« der Verbraucher. »Wir können nicht billig arbeiten, wenn wir Qualität liefern wollen«, sagt Wittig. Nötig seien dringend gleiche Spielregeln, der Gesetzgeber komme gar nicht hinterher damit, dafür die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Wer langfristig Geschäfte machen wolle, brauche drei Dinge: ein gemeinsames Projekt, die Anerkennung der Kompetenz des Gegenüber und die gemeinsame Sympathie. Daher halte er die Anonymisierung von Kunden- und Lieferantenbeziehungen für hochgradig gefährlich, denn wir geraten in Abhängigkeit von »online«-Plattformen.
Wittigs Versprechen an Kunden, Lieferanten, Dienstleister und Mitarbeiter lautet daher: »Wir werden nicht aufhören, ehrbare Partner zu sein und alles für eine gute, ehrliche und gemeinsam erfolgreiche Beziehung zu tun.« Dafür übernehme man Verantwortung, daher habe man auch in das neue Firmengebäude investiert. Wie viel, bleibt allerdings Geschäftsgeheimnis.
Als Schiffsausrüster ist die Wittig GmbH den Marktschwankungen und –schwächen unterworfen wie jeder andere Akteur in der Binnenschifffahrt auch. Die Aussichten beurteilt der Firmenchef eher zurückhaltend. Es werde noch zu viel gebaut, gleichzeitig gingen bestimmte Ladungsmengen gerade im Massengutbereich absehbar zurück. Das führe zu einem fortgesetzten Preiskampf, der schwer auf den Raten laste. Hinzu kämen Trends wie der 3D-Druck oder auch politische Entwicklungen wie neue Handelsbarrieren, die in ihren Auswirkungen auf das Gewerbe noch gar nicht vollständig absehbar seien.
So hatte sich das Unternehmen schon in der Vergangenheit immer wieder neu positionieren und neue Geschäftsfelder entwickeln müssen, zum Beispiel mit einem neuartigen Küchenkonzept für Kreuzfahrtschiffe.
Schiffsausrüster will man bei Wittig bleiben und wie bisher Rettungs-, Reinigungs- und Anschlagmittel, Arbeitsschutz- und Feuerlöschartikel, Seilerwaren sowie Farben und Zubehör anbieten. Wachstumschancen sehen die beiden Brüder derzeit aber eher in anderen Bereichen. Das Angebotsportfolio soll um einen Großhandel für hochwertige Elektro-Produkte erweitert werden. Außerdem soll die Speditions-Dienstleistung ausgebaut werden bis hin zu einer denkbaren Einrichtung eines Mikroverteilzentrums in Duisburg. »Es wird Gelegenheiten geben«, sagt Frank Wittig. »Und wir werden versuchen, darauf vorbereitet zu sein.«
Krischan Förster