Seit einem Jahr hat sich das Angebot im Rhein-Lippe-Hafen in Wesel um ein besonderes Segment vergrößert. Die Hegmann-Gruppe hat dort ihr Schwerlast-Terminal fertig gestellt. Im September wird es erstmals der Öffentlichkeit präsentiert
Die »Feuerproben« für größere Aktionen auf dem Schwerlast-Terminal im Rhein-Lippe-Hafen in Wesel sind bestanden. Bereits im Januar wurden vier Reaktoren in ein Binnenschiff umgeschlagen. Mit den 150t schweren Behältern wurde die Tragfähigkeit von Fläche und Equipment gefordert. Sie mussten wegen ihrer Länge von 52m im Tandemhub gehoben werden. In den sechs Monaten zuvor hatten die Behälter in den beheizten Hallen ihren Feinschliff bekommen.
Dabei war nicht immer alles so schnell geregelt wie erwartet. »Vom Gedankengang bis zur ersten Einlagerung vergingen nur zweieinhalb Jahre«, beschreibt Geschäftsführer David Tietz den Werdegang des Projekts. Eine Besonderheit seien die Auflagen im Hafen gewesen. »Der Bau der Kaianlage verlief sehr schleppend, durch Verzögerungen im Genehmigungsverfahren sind wir hier etwa drei Jahre später als geplant ins Rennen gegangen«, resümiert der 28-jährige Geschäftsführer. Durch »Auflagen und die schleppende Bearbeitung der Behörden« sei das ein sehr langwieriger Prozess gewesen. Am 23. Dezember 2017 durfte die Kranbahn das erste Mal die kompletten 230m abfahren. »Unser größtes Weihnachtsgeschenk«, blickt Tietz dennoch erfreut zurück.
Die erste Zwischenbilanz nach drei Monaten konnte der Geschäftsführer bereits mit 40 abgefertigten Binnenschiffen füllen. In den zurückliegenden zwei Jahren waren es insgesamt 230 Frachter. »Den größten Anteil haben davon Anlagenteile für Windkraftanlagen in Beschlag genommen. Diese wurden bis zum nächstliegenden Hafen verschifft und von uns, jede Nacht 30 Stück, auf Schwertransporte verladen. Ein weiterer Teil waren Industrieanlagen, die erneuert wurden, darunter unter anderem Transformatoren, Druckkessel, Druckeranlagen, Walzen und Stahlcoil«, beschreibt Tietz die breite Palette der Ladegüter. Von Vorteil habe sich die 400m lange Kaianlage gezeigt, an der mehrere Schiffe zeitgleich anlegen können. In die Kaianlage, an der im Tandemhub Stückgüter von bis zu 320t Gewicht verladen werden können, wurden 9Mio. € investiert.
Direkt hinter der Kaje bietet das Schwerlast-Terminal Wesel 30.000m² Freilager, zusätzliche 15.000m² Fläche können die Kunden in der beheizbaren Schwerlasthalle nutzen. Die dreigeteilte Hallenfläche ist in zwei seitliche Hallenschiffe mit je 150 x 37 x 16m aufgeteilt sowie das mittlere Hallenschiff mit einer Größe von 150 x 25m bei 20 m Höhe. Die Freifläche ist zum Teil betoniert, zum Teil auch wasserdurchlässig mit Schotter befestigt.
Im Terminal hat der Kunde die Möglichkeit, direkt aus dem Mittelschiff der Lagerhalle in ein Binnenschiff oder Küstenmotorschiff umzuschlagen. Dazu kann der Kran, dessen Hakenhöhe auf maximal 27m liegt, die Kaimauer überkragen. Der per Funk fernbediente Kran hat dabei durch eine Traverse eine Tragfähigkeit von max. 160t. Die jeweils drei Kranbahnen in den Seitenschiffen, ebenfalls funkgesteuert, sind auf 25t Tragkraft ausgelegt.
Für die Verladung kleinerer und zahlreicherer Lasten steht ebenfalls ein Coilkran mit einer Kapazität von 12,5 t zur Verfügung. Für das Handling im offenen Lagerbereich werden Stapler bis 42t Tragfähigkeit eingesetzt. Weitere mobile Ladegeräte können bei Bedarf geordert werden.
Das Terminal, nutzungsrechtlich durch Erbbaurechts- und Hafennutzungsvereinbarungen mit DeltaPort gesichert, verfügt über zahlreiche technische Ausstattungen. Dabei sind Schweißarbeiten möglich oder auch die Aufstellung von (kundeneigenen) Büro- und Sanitärcontainern. Die Hallenflächen wie auch die nicht überdeckten Flächen können zur Montage von Industrieanlagen, Tunnelbohrmaschinen oder anderen Großkomponenten angemietet werden.
Die gute Verkehrsanbindung, vor allem der nahezu direkte Anschluss an den Rhein gibt die Möglichkeit zur direkten Binnenschiffnutzung. Die technischen Voraussetzungen, um Güter aller Art vor Ort seefertig zu verpacken und zu verladen, machen den besonderen Reiz der Anlage aus. Unternehmen wie Siemens, Alstom, ABB, GE, MAN oder Verpacker wie Deufol, Repack und IVG nutzen bereits die Möglichkeiten. Eine weitere sehr interessante Zielgruppe sind für Tietz Reeder und Schiffer, die die Komponenten in Wesel mit kleinen Schiffen anliefern. Anschließend werden Sie in größere Binnenschiffe, Kümos oder Koppelverbände verladen und treten ihre weitere Reise an.
Auf Kundennachfrage lassen sich zusätzliche Leistungen wie Montage, Verpackung, Vermietung von Stapler oder Kran sowie qualifizierte Manpower und die Containervermietung vereinbaren.
Dass auf dem Geländes des Terminals auch weitere Aktivitäten laufen können, bewies Anfang Juli der niederländische Hubgeräte-Spezialist Hyster. Von Rotterdam aus wurde mannigfaltiges Equipment mit der Barge an den Niederrhein gebracht und auf dem Gelände des Terminals vorgeführt. Ganz zur Freude von Geschäftsführer David Tietz, der sich nun auf das nächste Highlight freut: auf den Tag der offenen Tür am 22. September. »Wir möchten unsere Kunden und Interessenten auf eine Reise hinter die Kulissen unserer Firmen mitnehmen«, verspricht er.
Den Kunden kann Tietz die Vorteile umfassend erklären. »Bei uns bekommen sie alles aus einer Hand. Der Vorlauf wird von unserem Mutterhaus der Hegmann Transit GmbH geplant und organisiert. Da haben wir das Prinzip der kurzen Wege. Mit dem Ausbau in Wesel konnten wir in unmittelbarer Nähe zu unserem Stammhaus die Kompetenz ausbauen, um auf schnellsten Wege die Häfen Antwerpen, Rotterdam, Zeebrügge und Bremerhaven anzudienen.«
Diese Häfen hätten sich über die Jahre für Schwergut etabliert, so Tietz weiter. Eine weitere Stärke sieht er in der recht neuen Rheinbrücke in Wesel, die noch nicht von der maroden Struktur der bekannten Ruhrgebietsbrücken betroffen ist. Zudem habe man die Möglichkeit, über drei Routen den Schwerlastterminal Niederrhein mit Schwergütern zu erreichen.
Hermann Garrelmann