Neckarhäfen in Feierstimmung

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Der Hafen Stuttgart hat bei einem Hafenfest seinen 60. Geburtstag gebührend gefeiert. Ebenfalls mit einem Fest beging der Neckarhafen Plochingen sein 50-jähriges Bestehen

Dem Vernehmen nach wissen selbst einige Einheimische nicht, dass Stuttgart einen Hafen hat. Ein Grund dafür ist offenbar, dass sich dieser außerhalb des Stadtkerns befindet. Dabei hat der Hafen seit jeher eine große Bedeutung für die Neckar-Region – und das schon seit nunmehr 60 Jahren. Nach und nach hat er sich zu einem wichtigen trimodalen Verkehrsknotenpunkt in der Wirtschaftsregion Stuttgart entwickelt.

Betreiber und Eigentürmer ist der Hafen Stuttgart. Das Unternehmen nahm das 60-jährige Bestehen zum Anlass, im Juli ein zweitägiges Hafenfest zu veranstalten, um Besucherinnen und Besuchern den Umschlagplatz mitsamt den vielfältigen Geschäftsbereichen der ansässigen Firmen näher zu bringen. Rund 30.000 Menschen ließen sich die Gelegenheit nicht nehmen, den Umschlagort zu besichtigen.

Die Stuttgarter hatten sich lange im Vorfeld ein umfangreiches, buntes Rahmenprogramm für Jung und Alt überlegt. Anlässlich des runden Geburtstags waren auch einige historische Schiffe wie die von Daimler konstruierte »Marie« nach Stuttgart gekommen, ein Nachbau, der sonst im Mercedes-Benz-Museum steht. Der Autobauer hatte das Schiff im Jahr 1888 gefertigt, noch bevor er sich auf die Herstellung von Kfz und Lkw spezialisiert hat. Mit dabei war auch die »Hafenamt Heilbronn«. Der ehemalige Hafenschlepper warb für die Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn. Auf diesen und anderen Schiffen wurden Rundfahrten angeboten, um den Stuttgarter Hafen von der Wasserseite aus kennenzulernen. Ergänzt wurde das Programm durch Landtouren, vorbei an hohen Schrott- und Sandbergen, großen Lagerhallen, Verladekranen und sich stapelnden Containern.

Wer es etwas moderner mag, war bei nicko Cruises richtig aufgehoben. Am Stand informierte das Stuttgarter Unternehmen über Fluss- und Hochseereisen. Zudem hatten Besucher Gelegenheit, die »Casanova« zu besichtigen, ein 103m langes, 9,70m breites und 1,40m tiefgehendes Flusskreuzfahrtschiff mit Platz für 96 Passagiere und 24 Crewmitglieder.

Die DB Cargo präsentierte eine Auswahl von Güterwagen, die aus nächster Nähe betrachtet werden konnten. Darüber hinaus bekamen Interessenten Informationen über die Organisation von Vor- und Nachläufen der Transporte. Beim Schrotthandel Falk Adler hatten Besucher die Gelegenheit, selbst einmal Bagger zu fahren.

Die Freiwillige Feuerwehr Obertürkheim stellte zwei ihrer Fahrzeuge aus, und auch die Wasserschutzpolizei gab einen Einblick in ihre Tätigkeiten. Das Technische Hilfswerk (THW) war mit der Jugendgruppe, der Fachgruppe Wassergefahren, der Fachgruppe Räumen sowie einer Bergungsgruppe vor Ort vertreten und lud zu Besichtigungen eines Teleladers, seines neuen Bootes sowie von Fahrzeugen der jeweiligen Gruppen ein. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) zeigte, wie im Ernstfall Erste Hilfe zu leisten ist und gab entsprechende Tipps, was es im Notfall zu beachten gilt. Für die jüngeren Besucher gab es eine Spielstraße mit einigen bekannten Geräten der DLRG. Auch der Zoll gab einen Einblick in seine tägliche Arbeit. Rauschgiftspürhunde, die an Fahrzeugen und Personen Drogen entdecken, waren ebenso dabei wie ein Tier, dass sowohl Geldscheine als auch Tabakwaren erschnüffeln kann. Die Zollbeamten demonstrierten mit ihren Vierbeinern ihr Können bei der Suche sowie beim Schutzdienst, bei dem sie ihre Hundeführer lernen zu verteidigen.

Im Hafen selbst gibt es derweil nur wenige Veränderungen. Nach Angaben des Betreibers und Eigentümers hängt dies in erster Linie mit dem begrenzten Flächenangebot zusammen. Dadurch sind auch die ansässigen Firmen in ihren Expansionsmöglichkeiten eingeschränkt. »Interessenten gibt es viele, nur eben keinen Platz«, so der Hafen Stuttgart. Unweit gelegene Weinberge und stark frequentierte Straßen würden Erweiterungen im Wege stehen.

Wenn sich doch einmal neue Firmen im Hafen niederlassen, dann weil andere den Standort verlassen. Ein Beispiel ist die Spedition Paul von Maur, die im Frühjahr die Gebäude von der Reederei Schwaben übernommen hat.

DP World will Anlagen erweitern

Der Betreiber DP World plant unterdessen noch immer den Ausbau seines Containerterminals, das er im Jahr 2015 übernommen hat. Derzeit verfügt das Unternehmen im Stuttgarter Hafen über 280m Kai- und 520m Schienenlänge sowie über zwei Krananlagen. Das Areal hat eine Größe von 34.000m2 und eine Umschlagkapazität von jährlich 115.000TEU.

Nach und von Antwerpen und Rotterdam gibt es drei wöchentliche Abfahrten per Schiff. Da es in den beiden westlichen Seehäfen weiterhin zu verspäteten Abfertigungen der Binnenschiffe kommt, hat DP World, wie zuvor auch andere Anbieter, seit April einen Congestion-Zuschlag eingeführt. Man habe zwar größte Anstrengungen unternommen, dennoch habe sich die Situation nicht wesentlich verbessert. »Nach einer gründlichen Überprüfung der Situation und nach mehr als einem halben Jahr der Bemühungen, Gegenmaßnahmen zu finden, müssen wir feststellen, dass ein Congestion-Zuschlag der einzig realistische Weg ist«, so Martin Neese, Geschäftsführer von DP World Inland. Dadurch könnten die Preise so niedrig wie möglich gehalten werden, gleichzeitig sei man in der Lage, auf künftige Veränderungen zu reagieren.

Ergänzt wird das Angebot von Stuttgart nach Rotterdam durch zwei wöchentliche Abfahrten per Zug. Von und nach Bremerhaven gibt es pro Woche gar fünf Verbindungen auf dem Schienenweg, zudem werden auf Anfrage auch Ulm und Hamburg auf diese Weise angebunden.

Darüber hinaus bietet das Terminal verschiedene Leistungen wie VGM (Verification of the Gross Mass), also die Gewichtserfassung der Boxen nach SOLAS-Regularien (Safety of Life at Sea), Reparaturen und Instandhaltungen der Kisten sowie deren Säuberung, Lagerung von Kühlcontainern inklusive regelmäßiger Temperaturkontrollen, Container An- und Ablieferung sowie unterschiedliche Chassis. Zudem steht ein Leercontainer-Depot zur Verfügung und auf Anfrage wird das Laden und Entladen der Stahlbehälter übernommen.

Design noch unklar

Noch ist DP World in Sachen Erweiterung der Umschlageinrichtungen in der Planungsphase. Wann der Ausbau beginnen soll, steht aktuell noch nicht fest. Dem Vernehmn nach gibt es verschiedene Entwürfe. Welcher davon genommen werde, steht jedoch offenbar ebenfalls noch nicht fest. Die Anlage solle aber optimiert werden, heißt es. Ferner sei eine Flächenvergrößerung geplant sowie eine neue Verkehrsführung für Straße und Schiene. Auch solle sich die Zahl der Umschlagkrane erhöhen.

Zwei Jubiläen in Plochingen

Ein halbes Jahrhundert ist der rund 15km südöstlich von Stuttgart gelegene Nackarhafen Plochingen inzwischen am Netz. Das 50-jährige Jubiläum sowie das 70-jährige Bestehen von M. Kaatsch, einem Schrott und Metallhandel, der seit der ersten Stunde des Hafens dort angesiedelt ist, wurde auch hier entsprechend gefeiert. Zunächst stand der Festakt in der Recycling-Halle der Firma Kaatsch an. Mehrere hundert Gäste waren zusammengekommen, unter ihnen Gerhard Straub, Geschäftsführer des Neckarhafens Plochingen, und Hermann und Ralf Wager, Gesellschafter von M. Kaatsch.

Straub machte die Notwendigkeit des Neckars als Schifffahrtsweg für den Industriestandort Neckartal deutlich. Verkehrsprognosen gingen davon aus, dass es in den kommenden Jahren beim Güterverkehr ein Wachstum von 38% gebe. Deshalb sei es »absolut notwendig, dass die Binnenhäfen gestärkt und mehr Güter auf die Wasserstraße verlagert werden.« Um die ausreichend vorhandene Kapazität optimal zu nutzen, müssten jedoch die Schleusen zwischen Mannheim und Plochingen so ausgebaut werden, dass sie auch von 135m langen Binnenschiffen genutzt werden könnten.

Dass der Schleusenausbau im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 als »vordringlicher Bedarf« eingestuft ist, wertet Bürgermeister Frank Buß als gutes Zeichen. Neben der Bahn würde vor allem der Neckar eine erhebliche Verkehrsentlastung garantieren. Steffen Bilger, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) machte auf die umweltschonenden Transporte über die Wasserstraße aufmerksam. Diese Vorteile könnten aber nur genutzt werden, wenn auch die Infrastruktur stimme. Wann das erste 135m-Schiff in Plochingen anlegt konnte er indes nicht sagen.

Davon würden aber auch die im Hafen ansässigen Unternehmen wie die Firma Kaatsch profitieren, die dann mehr Güter bewegen könnten. Heute werden auf dem 85.000m großen Firmengelände Massengüter wie Steine, Platten, Pflaster, unterschiedliche Schüttgüter, Baustoffe, Bauelemente, Nutzeisen, Roheisen oder Zellulose direkt oder mit Pufferlagerung umgeschlagen. Dafür steht ein umfangreicher Maschinenpark aus Baggern, Radladern, Flurförderfahrzeugen und Waagen bereit. Binnenschiffe mit einer Kapazität für bis zu 2.000t können abgefertigt werden.

Zudem bietet das trimodal angebundene Unternehmen Vertriebslogistik und Systemlösungen aus einer Hand an, darüber hinaus seien individuelle Umschlag- und Logistikprojekte auf Anfrage umsetzbar, heißt es. Auf den Gleisen auf dem Betriebsgelände können Ganzzüge abgefertigt werden.

Mehr als 5.000 Besucher waren tags darauf zum öffentlichen Hafenfest gekommen, das M. Kaatsch federführend mit der Hafenverwaltung organisiert hatte. Auf dem weiträumigen Gelände präsentierten sich zahlreiche Firmen. Besonders beliebt waren auch hier die Hafenrundfahrten mit unterschiedlichen Schiffen, etwa dem Feuerwehrboot des Hafens Stuttgart. Darüber hinaus bot der Plochinger Yachtclub ein Probesegeln an und Baggerfahrer demonstrierten ihr Können mit den Maschinen. Auch Kindern wurde die Gelegenheit gegeben, einen Bagger zu bedienen. Unter Anleitung von erfahrenen Mitarbeitern der Firma Kaatsch wurden Pyramiden aus gepressten Schrottwürfeln gebaut oder Erde bewegt. Eine Quad-Rennstrecke sowie ein BMX-Parcours zählten ebenfalls zu den Höhepunkten für die kleineren Besucher wie eine Graffiti-Aktion.

Hingucker auf dem Wasser war die Wasserski-Show des Deutschen Wasserski Showteams. Darüber hinaus hatte sich der Rheinkai, normalerweise ein nicht öffentlicher Bereich, als eine Art Strandpromenade mit Liegestühlen und Bierbänken verwandelt.

Neben dem bunten Rahmenprogramm konnten sich die Besucher über den Neckarhafen Plochingen informieren, an dem heute mehr als 40 Gesellschafter Anteile haben. Dies sind vor allem privatwirtschaftliche Unternehmen, aber auch Landkreise, Städte und Kommunen. Es werden Güter umgeschlagen, die vorwiegend für Baden-Württemberg, Bayern, Österreich und die Schweiz bestimmt sind.


Thomas Wägener