Duisport stärkt sich als trimodale Logistikdrehscheibe und größter Hinterland-Hub Europas mit Projekten von LNG-Erprobung, einem bimodalen Gewerbegebiet, autonomem Fahren bis zu vertiefter China-Kooperation
Als wichtiger Hafen für die Hinterlandverkehre der Nordrange hat Duisburg mit seinem aktuellen LNG-Projekt eine Vorreiterfunktion – auch für den Hafenumschlag in den Seehäfen. Ziel ist es, Diesel im Alltagsbetrieb des Hafens durch LNG zu ersetzen. Insgesamt erstreckt sich das Projekt über 29 Monate (seit Januar) und umfasst 1,5 Mio. €. Davon steuert die EU über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung 740.000 € Fördermittel bei. Kern des Projektverbunds aus Duisburger Hafen AG, RWE Supply & Trading sowie der Universität Duisburg-Essen ist der Betrieb einer multimodal nutzbaren LNG-Tankstelle und die Umrüstung zweier Hafenumschlaggeräte von Diesel auf LNG. Die Fahrzeuge werden über eine mobile Tankanlage mit LNG versorgt.
Die Forschung begleitet die Umrüstung, sodass Erkenntnisse für den alltäglichen Betrieb erwartet werden. Aktuell sind die ersten mit dem verflüssigten Erdgas LNG umgerüsteten Fahrzeuge im Einsatz, ein Reachstacker und eine Terminalzugmaschine auf logport III in Duisburg-Hohenbudberg arbeiten im Hybrid-Betrieb, zeitweise mit LNG oder Diesel. Alexander Garber, Projektmanager Unternehmensentwicklung bei duisport sagt: »Im Rahmen des LNG-Projekts wollen wir möglichst viele Gespräche mit Seehäfen und Hinterland-Akteuren führen, einfach um auch eine gewisse Sensibilität im Terminalbetrieb zu schaffen, nicht nur, aber auch für LNG.«
Aktuell noch keine Auswertung
Forscher begleiten über die eingesetzte Messtechnik den Betrieb. Arnim Spengler vom beteiligten Lehrstuhl für Baubetrieb und Baumanagement der Universität Duisburg-Essen sagt: »Wir rüsten die Versuchsgeräte mit der nötigen Sensorik aus. Bestimmt werden sollen unter anderem der CO2-Ausstoß, die Feinstaub-Emission und Verbrauchsveränderungen, die für die Ökobilanz wichtig sind.« »Da ist es aber aktuell so, dass wir noch keine wirkliche Auswertung gemacht haben, wie groß die Anteile von LNG und Diesel sind«, so Garber. Erste Analysen werde es in ein paar Monaten geben. Laut der Fahrer laufen die Maschinen problemlos mit LNG, beim Reachstacker merke man im täglichen Betrieb nicht, dass er mit LNG laufe. Einen weiteren Ausbau macht Garber von der noch zu ermittelnden Wirtschaftlichkeit abhängig: »Der günstigere LNG-Preis darf nicht dazu führen, dass die Geräte doppelt oder dreimal so viel verbrauchen«.
Eine nächste Ausweitung könnte Diesel-Loks für die Verkehre vom Vorbahnhof aufs Terminal betreffen: »Da muss man allerdings aufpassen, weil das EBA (Eisenbahn Bundesamt) nicht so einfach ist, was Veränderungen am Motor angeht.« Duisports Vorstandsvorsitzender Erich Staake versteht das Projekt als »wichtigen umweltpolitischen Beitrag«. Lkw-Transporte auf Schiene oder Wasser zu verlagern und Terminals und Lkw sauberer zu machen, seien daher zentrale Anliegen des Projekts, so Garber. »Wir gehen auf Basis der ersten groben Zahlen davon aus, dass wir unsere Ziele einhalten können – 25% Einsparung beim CO2, wichtiger noch die lokal wirksamen Einsparungen bei Lärm und Feinstaub/Stickoxid, bei Lärm sind es 50%, bei Feinstaub an die 90% und sogar darüber.«
Die Zukunftsfähigkeit im Blick hat duisport auch mit dem Plan eines bimodalen Gewerbegebiets. Es umfasst ein rund 53ha großes Gelände, wovon 45ha der gewerblich-industriellen Nutzung zur Verfügung stehen sollen. Auf einer 8ha großen Fläche planen der Hafenbetreiber und die bei dem Gesamtprojekt als Partner fungierende RWE Power ein angeschlossenes Terminal des kombinierten Verkehrs (Containerterminal). So wird der überregionale Schienenverkehr angebunden. Nahe Logistik-Verteilzentren sollen von der Planung profitieren. Logistik-Betreiber Amazon kündigte zuvor bereits ein neues Verteilzentrum in Duisburg an. Das Unternehmen hat 9.300 m2 Hallen sowie 1.200 m2 Büro- und Sozialflächen im Hafengelände Duisburg Kaßlerfeld angemietet. Das neue bimodale Gewerbegebiet bietet neben dem Schienen- auch den Autobahnanschluss an die A46 und A540. »Auch am linken Niederrhein wollen wir ein bedeutendes Gewerbezentrum mit vielen Arbeitsplätzen entwickeln«, so Staake. In dem Joint Venture ist für RWE Power die Erfahrung von Partner duisport »bei der Entwicklung von integrierten Verkehrskonzepten und Logistikarealen« ausschlaggebend, sagt Lars Kulik, Vorstandsmitglied RWE Power. Ein Ziel der Projektpartner ist auch hier die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene und die Stärkung der Logistikindustrie in Nordrhein-Westfalen.
Das Ruhrgebiet als idealen Testraum für autonomes Fahren von Schiffen zu nutzen, ist das Ziel eines Netzwerks der Industrie- und Handelskammern (IHK) der Region, das sie kürzlich in einer Machbarkeitsstudie vorstellten. »Diese Region ist optimal geeignet, um das autonome Fahren auf Wasserstraßen zu testen«, so Wulf-Christian Ehrich von der federführenden IHK Dortmund. Laut einer Studie des Duisburger Entwicklungszentrums für Schiffstechnik und Transportsysteme (DST) besteht »das konkrete Ziel, in 15 Jahren autonom fahrende Binnenschiffe auf unseren Wasserstraßen zu sehen.« Dafür setze man schon heute mit einem Netzwerk den Startpunkt, so Ocke Hamann, Geschäftsführer der Niederrheinischen IHK mit Sitz in Duisburg. Ein erstes Testfeld könnte laut Gutachtern der Dortmund-Ems-Kanal zwischen dem Hafen Dortmund und der Schleuse Waltrop sein. Eine strategische Ausweitung auf Kanäle weiter im Westen und besonders auf den Duisburger Hafen zur Erprobung komplexer Szenarien ist demnach als nächster Schritt möglich. Spätestens die erhofften Erfahrungen bei einer Ausweitung auf größere Hafenareale versprechen auch für die Seeschifffahrt Ergebnisse.
Um deren Konkurrenz geht es bei duisports vertiefter Kooperation mit dem chinesischen Industriezentrum Chongqing, in deren Rahmen derzeit 30 wöchentlich zwischen Duisburg und chinesischen Anlaufstellen verkehrende Güterzüge ausgeweitet werden. Seit 2011 sind über 2.000 Züge zwischen Chongqing und duisport gefahren. Beide wollen auch künftig im Rahmen der chinesischen Initiative »Belt & Road« zusammenarbeiten und dabei die Fahrzeiten der Züge von bisher 12–13 Tagen verringern. Chongqing liefert unter anderem Elektrogeräte über die Verbindung.
Sverre Gutschmidt, Michael Meyer