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Die Hadag treibt die Modernisierung der Flotte voran. Im November ist die »Kehrwieder« im Hamburger Hafen in Betrieb gegangen, das zweite Schiff der Serie »Typ 2020«. Charakteristisch ist vor allem der leise Antrieb

Die binnen zehn Monaten bei der Hamburger Werft Pella Sietas entstandene »Kehrwieder« mit der Baunummer 1315 ist eine Schwester der ebenfalls dort gefertigten »Elbphilharmonie«. Dieses Schiff war im Sommer 2017 als Prototyp der Serie »Typ 2020« in Dienst gestellt worden. Wie den Vorgänger setzt die Hadag ihren jüngsten Flottenzugang auf ihren gängigen Routen im Hamburger Hafen ein.

»Es ist mir eine große Freude, das Schiff mit in Betrieb nehmen zu dürfen«, sagte Hamburgs Staatsrat Andreas Rieckhof bei der Taufe an den St. Pauli Landungsbrücken. Pella Sietas könne stolz sein, ein so tolles Schiff auf die Beine gestellt zu haben. Auch für die Hadag fand er lobende Worte, sie sei ein Vorzeigeunternehmen bei der Luftreinhaltung. Der diesel-elektrische Antrieb des Schiffes leiste dazu einen wichtigen Beitrag.

Natallia Dean, Geschäftsführerin der Bauwerft, sah die Taufe auch mit einem weinenden Auge, denn »wir geben schließlich unser Kind weg.« Sie freute sich aber über das Lob von Hadag-Vorstand Tobias Haack, der Pella Sietas als »guten und zuverlässigen Partner« bezeichnete.

Auch Haack, der als Nachfolger von Gabriele Müller-Remer erst seit Sommer im Amt ist, betonte den »leisen und effizienten Antrieb« des Neubaus. Ferner unterstrich er die Absicht, den umweltfreundlichen Kurs fortsetzen zu wollen. 60% der Flotte seien bereits mit Abgasnachbehandlungssystemen ausgerüstet und »wir werden weiter machen«, kündigte er an.

Sukzessive soll die noch fehlende Flotte mit dieser umweltschonenderen Technik nachgerüstet werden. Derzeit befindet sich die 2006 in Dienst gestellte »Tollerort« der Serie »Typ 2000«, im Volksmund in Anlehnung an die Optik als Bügeleisen bezeichnet, für einen solchen umfangreichen Refit bei Pella Sietas. Die Arbeiten sollen noch bis zum Jahresende andauern.

Taufe durch Schiffsführerin

»Ich freue mich, die ‚Kehrwieder’ als neues Mitglied der Hadag-Flotte begrüßen zu dürfen, sagte Haack unmittelbar nachdem Lydia Lehmann die Sekt-Flasche gegen den Schiffsrumpf schleuderte, worauf sie in viele Teile zerbarst. Lehmann ist eine der erfahrensten Schiffsführerinnen der Hadag. Im Jahr 2004 begann sie dort ihre Ausbildung, seit 2007 steuert sie Personenschiffe durch den Hamburger Hafen. Es sei für sie eine große Ehre, für eine Taufe ausgewählt zu werden. »Die neuen Schiffe schnurren quasi über das Wasser – das ist für Passagiere, aber auch für uns Schiffsführer, ein besonderes Fahrerlebnis, schilderte sie ihre Eindrücke.

Modifizierungen zum Vorgänger

Die »Kehrwieder« gehört als zweites Schiff zur Serie »Typ 2020«, die mit einer Länge von 29,50m, einer Breite von 8,40m, einem Tiefgang von 1,75m und Plätzen für bis zu 400 Personen die größten der Flotte sind. 154 Sitzgelegenheiten befinden sich unter Deck, 88 auf dem Oberdeck.

Im Vergleich zum Vorgänger »Elbphilharmonie« gibt es bei der »Kehrwieder« ein paar Veränderungen, denn die Hadag hat neben der Umwelt vor allem den demografischen Wandel im Blick: Erstmals wurde bei dem Neubau zugunsten von mehr Stellplätzen für Fahrräder, Kinderwagen und Rollstühle sowie Gehhilfen auf das Bistro an Bord verzichtet. Die Tische, die auf den übrigen Schiffen üblich waren, seien somit nicht mehr nötig. Ganz verzichten müssen die Passagiere auf den gastronomischen Service aber vermutlich nicht, denn die Hadag überlegt, Getränke- und Snackautomaten aufzustellen.

Im Fahrgastraum der »Kehrwieder« befinden sich USB-Anschlüsse, um den Gästen während der Fahrt das Aufladen ihrer Kommunikationsgeräte zu ermöglichen. Auch das sei eine Premiere auf Schiffen der Hadag. Haack schloss nicht aus, dass die übrige Flotte ebenfalls diese Technik bei künftigen Grundinstandsetzungen bekommt. »Extra in die Werft gehen sie deswegen aber nicht«, so der Hadag-Vorstand.

Die Sitzgelegenheiten unter Deck sind aus Aluminium gefertigt und ungepolstert. Die Brandlast habe herabgesetzt werden müssen, sonst hätte eine zusätzliche Trennwand gesetzt werden müssen, begründet der Betreiber. Ein positiver Nebeneffekt sei die einfachere Reinigung. Darüber hinaus verfügt der Neubau über eine sogenannte Ausgleichsleitung, um eine schnellere Bebunkerung zu ermöglichen.

Umfangreiche Technik an Bord

Die diesel-elektrische Antriebsanlage besteht aus zwei DI13-Generatoren von Scania mit einer Leistung von je 370kW sowie dem von Siemens entwickelten SISHIP EcoProp-System mit optimiertem Propeller. Damit fahre das Schiff besonders energieeffizient, abgasarm und leise, so die Hadag. Da die Maschinen immer im optimalen Lastbereich liefen, würde sich obendrein die Lebensdauer verlängern, sagt Siemens. Über ein auf der Brücke integriertes Display kann der Schiffsführer die Antriebsanlage jederzeit im Blick behalten.

Zur weiteren technischen Ausstattung gehören zwei Feststellpropeller von Schaffran, sie seien robuster als Ruderpropeller, so Haack. Darüber hinaus lieferte Van der Velden die Ruderanlage mit Steuerpanels und kompletter Zwei-Kreis-Hydraulik, die im Paket mit zwei Master-Rudern desselben Herstellers für optimale Manövriereigenschaften und einen kleinen Wendekreis sorgen soll. Um den Effekt vor allem beim An- und Ablegen zu verstärken, wurde der Heckstrahler im Vergleich zum Vorgänger mit einem größeren Motor ausgestattet. Ferner sollen modifizierte Kompressoren für eine längere Lebensdauer sorgen. Sie seien sechs Monate lang bei Fischer auf dem Prüfstand gelaufen, einem auf Industriemotorzubehör und Abgastechnik spezialisierten Unternehmen, das auch die beiden Abgasnachbehandlungsanlagen samt Rußpartikelfiltern und SCR-Katalysatoren lieferte. Diese würden die Abgasemissionen spürbar reduzieren und ermöglichen, dass der Umwelteinfluss des Schiffes so gering wie möglich ausfalle. Für Navigation und Kommunikation zeigt Alphatron verantwortlich, die Rettungsmittel inklusive der beiden MES-Stationen stammen von Survitec. Die Nutzung der Motorenabwärme als Heizung, LED-Beleuchtung und Landstromanschlüsse bezeichnet die Hadag inzwischen als Standard, entsprechend wurden sie auch auf der »Kehrwieder« umgesetzt.

Angesprochen auf das Thema Neubauten sagte Haack gegenüber der »Binnenschifffahrt«, das man nichts überstürzen und zunächst einmal abwarten wolle. Um noch umweltfreundlicher zu sein, behalte man mittelfristig auch Batterien und LNG als mögliche Antriebstechniken im Auge, sagte Haack, der das Ziel hat, »dass die Hadag für die Stadt Hamburg ein attraktives Transportunternehmen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bleibt.«

Natallia Dean hofft unterdessen, dass die »Kehrwieder« nicht das letzte Schiff gewesen ist, dass Pella Sietas für das Hamburger Traditionsunternehmen bauen wird.


Thomas Wägener