Chancen für das Kanalnetz

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Wenn in den vergangenen Monaten vom westdeutschen Kanalgebiet die Rede war, verbargen sich dahinter oft keine guten Neuigkeiten. Bei näherer Betrachtung lassen sich aber auch positive Meldungen erkennen

Eine erfreuliche Meldung betrifft zwar nicht direkt das Kanalnetz zwischen Wesel und Dortmund sondern den Mittellandkanal (MLK). Der zählt bei großzügiger Betrachtung dennoch durchaus mit zum Kanalnetz im Norden. Im Oktober konnte Niedersachsens Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, Bernd Althusmann, einen Fördermittelbescheid über 5Mio. € für die Modernisierung des Hafens in Bohmte-Leckermühle in den Landkreis Osnabrück schicken. Der auch als Schüttguthafen bezeichnete Umschlagplatz am MLK soll für ein Gesamtvolumen von 10,8Mio. € ausgebaut und modernisiert werden. Die Betreibergesellschaft »Hafen Wittlager Land« mit dem Landkreis Osnabrück als Hauptgesellschafter will den Hafen für den Umschlag von Massengütern ertüchtigen, um so eine stärkere verkehrliche Verbindung zu wichtigen Wirtschaftszentren herzustellen. Zudem dient der Standort Bohmte als Ergänzung des Hafens in der Osnabrücker Innenstadt.

Neben dem Schüttguthafen gibt es seit Jahren Planungen für einen neuen Containerumschlagplatz. Hierüber hatte es allerdings heftige Auseinandersetzungen gegeben. Streitig waren insbesondere die prognostizierten Volumina sowie die Aussagen zur Wirtschaftlichkeit. Eine aktuelle zeitliche Perspektive für den Projektbeginn ist derzeit nicht absehbar.

Neue Kaje in Ladbergen

Komplett unstrittig, zudem mit einem absehbaren Termin zur Fertigstellung, hat sich der neue Umschlagplatz in Ladbergen am Dortmund-Ems-Kanal entwickelt. Dort hat die Firma Oelrich auf einer Länge von 275m (DEK km 92,425 bis DEK 92.700) eine neue Kaje errichtet, »hinter dem Sperrtor«, wie Oelrich es beschreibt. Nach Auskunft von Geschäftsführer Markus Oelrich eignet sich die neue Hafenanlage für jährlich etwa 150.000 bis 200 .000 t zusätzlichen Ladungsumschlag. Auch landseitig hat das Transportunternehmen neue Lagerkapazitäten geschaffen. Die offizielle Inbetriebnahme der Umschlagstelle soll in wenigen Wochen erfolgen.

Gute Nachrichten gab es Ende September auch für den Hafen Dortmund. Von Anfang September an war die Schleuse Henrichenburg am Dortmund-Ems-Kanal (DEK) für Reparaturarbeiten gesperrt. Bei Kontrollen waren 25 Risse an einem der Schleusentore entdeckt worden. Mit den bisherigen Sanierungsarbeiten sind die notwendigen Arbeiten aber noch nicht erledigt. Für das kommende Frühjahr und den kommenden Sommer ist erneut mit über einige Wochen dauernden Sperrungen der Schleuse zu rechnen. Für den Hafen Dortmund bedeutet das abermals, für Schiffe nicht erreichbar zu sein. In der Schleuse Henrichenburg werden jährlich etwa 3.300 Schiffen durchgeschleust.

Dabei hatte Dortmunds Hafenchef Uwe Büscher noch Mitte 2018 von einem guten Vorjahr berichten können. Der Güterumschlag per Schiff betrug 2,549Mio.t, damit lag er 2017 zwar um 6,8% unter dem Vorjahr, bewege sich aber insgesamt auf dem durchschnittlichen Niveau der vergangenen zehn Jahre mit je 2,6 Mio. t. »Zudem sind unsere Planungen für 2017 um rund 114.000t und somit um 5% übertroffen worden«, unterstrich der Hafen-Vorstand.

Positive Aussichten in Dortmund

Vor allem der Containerumschlag hat sich in Dortmund zu einem leistungsstarken Motor für den Kombinierten Verkehr (KV) entwickelt. Mit 197.425 Ladeeinheiten (2016: 201.853) bzw. 1,02 Mio.t machen die Stahlboxen mittlerweile 40% des Gesamtumschlags aus. »Damit haben wir das drittbeste Ergebnis der vergangenen zehn Jahre erzielt« sagt Rainer Pubanz, Prokurist der Dortmunder Hafen AG.

Die gute gesamtwirtschaftliche Entwicklung würde unter normalen Bedingungen für den Dortmunder Hafen weiterhin gute Ergebnisse erwarten lassen. Die Situation an der Schleuse Henrichenburg sorgt bei Hafenchef Büscher jedoch für Skepsis. Für den Dortmunder Hafen bedeutet dies, dass er im Frühjahr 2019 an 28 Tagen nicht zu erreichen ist. »Zudem findet ab Mitte Juni 2019 für etwa zwei Wochen ein nur eingeschränkter Betrieb statt – die Situation ist für den Hafenbetrieb ein großes Ärgernis«, stelltBüscher heraus.

Fortschritte gibt es hingegen beim Ausbau der sogenannten Stadtstrecke Datteln des DEK. Im Februar beginnen vorbereitende Arbeiten für notwendige Bodenlagerungen von bis zu 650.000m³ Boden, die im Zuge der vorgesehenen Arbeiten anfallen. Hintergrund dafür ist, dass die drei Dattelner Schifffahrtskanäle DEK, Datteln-Hamm-Kanal (DHK) und Wesel-Datteln-Kanal (WDK) für die heutigen Schiffsgrößen stellenweise zu eng geworden sind und entsprechend angepasst werden müssen. Vor allem der Einmündungsbereich des DHK in den DEK entspricht nicht mehr den Anforderungen an die moderne Kanalschifffahrt. Der Einmündungsbereich wird von 300 auf 600m aufgeweitet, um langen Schubverbänden die Einfahrt zu erleichtern.

Insgesamt ist die Stadtstrecke Datteln, die verbreitert und vertieft wird, 8km lang. Sie beginnt am Dattelner Meer und endet an der Eisenbahnbrücke in Meckinghoven. Der DEK, der jährlich von rund 10.000 Schiffen mit etwa 8,5Mio.t Ladung befahren wird, hat heute eine Breite von 38m. Er soll auf 42m im Spundwandbereich und 47,5m bei Böschungsuferstrecken verbreitert werden. Die künftige Wassertiefe wird bei 4 m liegen.

Logistik im Fokus bei DeltaPort

Mit mehreren News macht der DeltaPort in Wesel auf sich aufmerksam. Die Habacker Holding aus Düsseldorf plant dort ein Logistikprojekt von etwa 23.000m2 Nutzfläche für Kontraktlogistikaufgaben. Der Mieter kommt aus der Automotive-Branche und wickelt Produkte über den Hafen unter erhöhten Schutz- und Sicherheitsanforderungen ab.

Neue Wege beschreitet DeltaPort auch in Hinblick auf die eigene Zukunft. Mit dem Zentrum für Logistik und Verkehr (ZLV) der Universität Duisburg-Essen (UDE) traf der Betreiber eine Kooperationsvereinbarung zum Zukunftsprogramm »DeltaPort 4.0«. Die Zusammenarbeit bezieht sich auf interessante Themen für Masterarbeiten oder gemeinsame Forschungsprojekte, etwa im Bereich nachhaltiger Hafen- und Logistikkonzepte. »Durch die hohe Flexibilität der Standorte im DeltaPort können wir einen aktiven Entwicklungspart übernehmen sowie unsere Logistik- und Hafenforschung vor Ort weiterentwickeln«, erklärt Bernd Noche, Vorstandsvorsitzender des Zentrums für Logistik & Verkehr (ZLV). ZLV-Geschäftsführer Klaus Krumme ergänzt: »Wir müssen den Umschlag und die Dienstleistungen der Standorte des DeltaPorts an die regionale Struktur des Niederrheins anpassen und damit innovative Wertschöpfungskonzepte realisieren. Dabei meinen wir Nachhaltigkeit ernst und nicht als leeres Schlagwort.«

DeltaPort-Geschäftsführer Andreas Stolte verspricht sich durch die enge Zusammenarbeit mit der Wissenschaft integrierte Lösungen für das Flächenpotenzial am Niederrhein: »Wir wollen als Vorreiter einer innovativen Hafenlogistik vorangehen und proaktiv unsere Zukunft gestalten. Dazu öffnen wir der Universität mit viel Zuversicht unsere Pforten.«

Ein erstes Projekt im DeltaPort, das der neuen Zielsetzung entsprechen kann, läuft unter dem Kürzel »EcoPort 813«. Auf der Basis eines am Rheinhafen Voerde-Emmelsum geplanten Kraftwerks, das aus der Abwärme der Produktion von Aluminium eine nutzbare Energiequelle macht, sollen Logistikimmobilien energetisch versorgt werden. Wahlweise mit Wärme oder Kälte. Die CO2-neutrale Energie soll Anreize für die Ansiedlung weiterer Unternehmen schaffen. Dabei stehen Logistikimmobilien der Lebensmittelwirtschaft im Fokus. Der weitere Ansatz: Ankommende Kühlcontainer werden nicht mehr im Seehafen auf Kühlkoffer-Lkw umgeladen und dann ins Hinterland gebracht. Stattdessen soll »EcoPort 813« diese Lieferkette ökologisch und energetisch optimieren und Kühlcontainer per Binnenschiff oder Bahn ins Hinterland transportieren. Der Lkw sei dann nur noch für die »letzte Meile« nötig, heißt es. Nach bisherigen Berechnungen können jährlich so bis zu 27.000t CO2 eingespart werden. Die Ziffer im Projektnamen »EcoPort 813« verweist dabei auf den Rheinkilometer, an dem sich der Standort des Kraftwerks befinden wird.


Hermann Garrelmann