Für ein Weihnachtsgeschenk war es ein paar Tage zu früh. Dennoch freuten sich Sören und Markus Reich, als wenige Tage vor Heiligabend ihr jüngster Neubau, die »Holly Reich«, in Groningen-Waterhuizen vom Stapel lief
Nasskalt und windig war es an der Pattje-Werft, wo der Kasko des 86m langen Tankers auf zahlreichen Pallungen stand. Gelegentlich gehen hier von der Querhelling die Neubauten der benachbarten GSYard ins Wasser, wenn die werfteigene Längshelling mit anderen Projekten belegt ist. So auch bei der »Holly Reich«, dem dritten Neubau, den Markus Reich und seine Miteigner bei der Werft von Daniel Gausch und Christian Hochbein orderten.
Noch während sich Eigner und Werftchefs über die Vorzüge des Neubaus unterhielten, hatte sich der Kasko ohne weiteres Kommando in Bewegung gesetzt. Er glitt ein wenig voreilig ins Nass des Winschoter Diep, nicht ohne eine mächtige Welle zu erzeugen. Auch dem Schlepper »Anna 6« ging das zu flott, denn schon bevor die Trossen sich spannten, hatte der Kasko bereits innigen Kontakt mit der Spundwand gefunden, die das Werftbecken begrenzt.
Die Baunummer 194 der Werft, erneut ein Schiff des von der GSYard entwickelten Typs Sunrise, wird von Markus Reich und seinem Sohn Sören gemeinsam betrieben. Wie die weiteren Einheiten der Flotte wird der 1.550t tragende Neubau für die Reederei Jaegers unterwegs sein und vorwiegend im Kanalnetz Flüssigtransporte der unterschiedlichsten Art übernehmen.
Gegenüber der Standardausführung eines Sunrise-Tankers haben sich Markus und Sören Reich für einige Änderungen entschieden. Die »Holly Reich« hat einen Antrieb mit zwei Vierblattschrauben von Promarin, die auf 1.400mm Durchmesser ausgelegt sind und in einer Van der Giessen-Optima-Düse laufen. Als Hauptantriebe arbeiten zwei D13MH-Volvo-Motoren mit 500 PS. Zudem entschieden sich die Eigner für eine Fußbodenheizung in den Aufenthaltsräumen und für ergänzende Wärmebildkameras. Für den Antrieb des Bugstrahlers wurde ein Volvo D9MH mit 355 PS gewählt, den De Ruyter lieferte.
Bis März wird am weiteren Ausbau gearbeitet. Dann steht die Probefahrt an, bevor die »Holly Reich« endgültig in Fahrt geht. Den Weg von Lauenburg, dem Firmensitz der Reederei Reich, nach Groningen wird Markus Reich aber weiter regelmäßig fahren. Dort ist bereits ein weiterer Neubau in Arbeit, dessen Fertigstellung Reich natürlich entsprechend begleitet. Das 110m lange und für 2.500t Tragfähigkeit ausgelegte Schiff wird als »Saskia Reich« in Fahrt gehen.
Die beiden aktuellen Neubauten werden allerdings nicht die Flotte des Schifffahrtsbetriebs Reich vergrößern. Denn die beiden ältesten Tanker, »Saskia Reich« (Bj. 2002, verl. in 2008) und »Svenja Reich« (Bj. 2004) werden an die Reederei Jaegers abgegeben. Dort werden sie unter »Eiltank 81« und »Eiltank 82« weiterhin auf Flüssen und Kanälen unterwegs sein.
Bevor die »Holly Reich«, die nach der zweijährigen Enkelin von Markus Reich benannt ist, das operative Geschäft aufnimmt, steht noch die formelle Schiffstaufe an. Wann genau die erfolgt, steht noch nicht fest. Vielleicht bietet sich auch eine Doppeltaufe an.
Hermann Garrelmann