Elbe- und Oderhäfen fehlt Kohle

Print Friendly, PDF & Email

Die Güterbeförderung auf Berlins und Brandenburgs Wasserstraßen befindet sich weiter im Abwärtstrend. Aber es gibt auch Optimismus, dass sich das ändern könnte

Geschuldet sind die rückläufigen Mengen in erster Linie dem Wegfall der Kohletransporte zwischen Königs Wusterhausen und Berlin. In Berlin kamen etwa 1Mio.t Güter weniger an als 2017, in Brandenburg wurden 2018 rund 1Mio.t weniger Rohbraunkohle in Königs Wusterhausen umgeschlagen als 2017.

Vattenfall arbeitet weiter daran, auch die letzten Berliner Kraftwerke bis Mitte der 2020er-Jahre von Kohle auf umweltfreundlichere Brennstoffe umzustellen – Berlin also kohlefrei zu machen. Es ist damit zu rechnen, dass sich die Unterschiede in den Gütermengen von 2018 auf 2019 angleichen werden, vielleicht sogar wachsen, weil Berlins Neubau von Wohnungen zunehmen wird, sodass ein größerer Anteil an Bauzuschlagstoffen als bisher zu erwarten ist.

Brandenburg stark im Export

Auf den Binnenwasserstraßen des Landes Brandenburg wurden 2018 insgesamt 2,7Mio.t Güter befördert. Das entspricht einem Rückgang von 12,5% beziehungsweise 389.000t gegenüber 2017, teilte das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg mit. Allein in der Güterabteilung Kohle, rohes Erdöl und Erdgas wurden 594.000t weniger befördert. Auch die um 139.000t gestiegene Gütermenge bei Metallen und Metallerzeugnissen konnte das nicht ausgleichen.

Die Güterbeförderung zwischen Brandenburg und anderen Bundesländern hatte einen Anteil von 68,4% (1,9Mio.t). Zwischen den Häfen und Umschlagstellen Brandenburgs wurden 345.000t beziehungsweise 12,7% der gesamten Gütermenge bewegt. Gegenüber 2017 ist das ein Anstieg um 43.000t (+14,4%). Im grenzüberschreitenden EU-Verkehr wurden 512.000t (18,9%) aller Güter transportiert (-2,5%).

Überwiegend wurden Sekundärrohstoffe und Abfälle (34,2%); Erze, Steine, Erden u. Ä. (19,2%); Metalle und Metallerzeugnisse (17,4%) sowie landwirtschaftliche und verwandte Erzeugnisse (15,5%) befördert. Mehr als die Hälfte (55,9%) der 5.805 gezählten beladenen Schiffe mit und ohne eigenen Antrieb fuhren unter deutscher und 40,8% unter polnischer Flagge.

Havelport hat Wachstum im Blick

»Der Havelport konnte seine Wachstumsstrategie auch im Jahre 2018 abermals vorantreiben. Die im Vorjahr neu erschlossene Fläche Süd erweitert das für Lagerzwecke geeignete Hafengebiet um fast 12.000m², sagt Marketingleiter Mathias Passon. Das neue Areal werde weitestgehend für die Lagerung diverser Schüttgüter genutzt. Ein Großteil davon sind Holzhackschnitzel aus der umliegenden Region. Nach der Aufbereitung werde das Material per Lkw und per Schiff zu den Berliner Kraftwerken transportiert, die erneuerbare Brennstoffe verfeuern.

Der Havelport Berlin konnte das Umschlagvolumen 2018 durch Erweiterung des Kundenportfolios auf weitere Umschlaggüter ausweiten. Dafür wurde auch ein zusätzliches Umschlaggroßgerät angeschafft. Der neue CAT 972M mit Hochentladeschaufel hat ein Fassungsvermögen von 10m³.

Der im Winter fast durchgängig eisfrei gebliebene beziehungsweise durch Eisbrecher frei gehaltene Havelkanal ermöglichte die permanenten Befahrung. Damit konnten auch dringende Schwergutladungen (z.B. Behälter) auf das Binnenschiff verladen werden.

Für das Jahr 2019 stünden nochmals Flächenerweiterungen auf der Agenda. Das Projekt »Ausbau Nord I« sei bereits angeschoben und werde weitere 17.000m² für dringend benötigte Lager- und Umschlagflächen schaffen. Die Fertigstellung soll bis Jahresende erfolgen. Der Ausbau »Nord II« mit 23.000 m² befinde sich in Planung, heißt es.

Wenige Güter bleiben in Berlin

Auf den Binnenwasserstraßen Berlins wurden 2018 insgesamt 2,1Mio.t Güter befördert, 20,1% (524.000t) weniger als 2017. Hauptgrund sei auch hier der Einbruch bei der Güterabteilung Kohle, rohes Erdöl und Erdgas, so das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg. Hier wurden 52,5% Güter (721.000t) weniger befördert als 2017. Die um 175.000t gestiegene Gütermenge bei Holzwaren, Papier u. ä. konnte das nicht ausgleichen. Die Güterbeförderung zwischen Berlin und anderen Bundesländern hatte einen Anteil von 90,8% (1,9Mio.t) und nahm somit um 14,5% ab. Innerhalb Berlins wurden 99.000t transportiert, was 4,8% der gesamten Gütermenge entspricht. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Anstieg um 66.000t. Im grenzüberschreitenden EU-Verkehr wurden 93.000t beziehungsweise 4,5% aller Güter bewegt, ein Rückgang um 74,3% gegenüber 2017. Hauptsächlich wurden Kohle, rohes Erdöl und Erdgas (31,3%) Erze, Steine, Erden u. ä. (23,9%); Sekundärrohstoffe und Abfälle (18,6%); sonstige Mineralölerzeugnisse (11,8%) sowie Holzwaren, Papier, Pappe, Druckerzeugnisse (8,5%) befördert. Fast drei Viertel (74,6%) der 3.869 gezählten beladenen Schiffe mit und ohne eigenen Antrieb fuhren unter deutscher Flagge, 22,1% waren in Polen registriert.

Der Containerumschlag spiele bei der Güterbeförderung in der Binnenschifffahrt Berlins und Brandenburgs keine Rolle, heißt es in beiden Berichten. Versuche, Boxen per Binnenschiff vom Berliner Westhafen oder vom HavelPort Wustermark nach Hamburg oder Benelux zu fahren, wurden wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit wieder eingestellt. Nur zweilagig hoch und dreilagig breit lohne sich nicht.

BEHALA

Berlins größter Hafenbetrieb mit drei Umschlagstandorten, die BEHALA, ist deshalb konsequent auf den Versand und Empfang per Bahn umgestiegen. BEHALA-Geschäftsführer Klaus Lichtfuß sagt: »In den Containerverladungen auf oder von der Bahn haben wir jährlich zweistellige prozentuale Zuwachsraten und 2018 bereits die 150.000 TEU überschritten. Die Wirtschaft hat unser Angebot also gut angenommen, so dass wir die bereits dritte Terminalerweiterung in der Planung haben. Allerdings hatten wir bei Massengütern, Schwergütern, Projektladungen und großen Kolli voriges Jahr Glück, dass es die gut ausgebaute Wasserstraße nach Westen gibt und mit dem Elbekreuz eine leistungsfähige Überquerung der Elbe, so dass die Schiffe in der Niedrigwasserzeit von uns über den Elbe-Seitenkanal immer pünktlich nach Hamburg kamen.«

Die BEHALA ist, ähnlich wie der Magdeburger Hansehafen, ein durchweg grüner Hafen. Alle Fahrzeuge im Hafeneigentum, ob auf Straße oder Schiene, verkehren mit batteriegestütztem Elektroantrieb. Seit mehreren Jahren entwickelt die BEHALA gemeinsam mit der TU Berlin ein elektrisch betriebenes Schubschiff, das den Arbeitsnamen »Elektra« trägt. »Wir sind jetzt soweit, dass wir bald in die Realisierungsphase kommen. Vom hauptsächlich vorgesehenen Batteriebetrieb sind wir jetzt der Ansicht, dass die Hauptantriebsquelle in der Brennstoffzelle mit Wasserstoff liegen wird. Als Zwischentankstation haben wir Lüneburg in Aussicht, damit wir nur einen Zwischenhalt unterwegs einlegen müssen, um pünktlich nach Hamburg zu kommen, und als Unterwegsreserve haben wir Haldensleben im Auge. Wir sind da sehr optimistisch«, so Lichtfuß.

Betrieb auf der Elbe legt zu

Die Binnenschifffahrt hat mit dem Jahreswechsel bei guten Wasserständen den Betrieb auf der Elbe wieder begonnen. Die Containerverkehre per Schiff zwischen Hamburg, Magdeburg, Aken und Riesa laufen wieder planmäßig. Die Verladungen von Schwergütern und Projektladungen in Aken und Dresden laufen auf vollen Touren.

Die Sächsische Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO) hat Mitte März die letzten Baumaßnahmen an der Hafenbahn Torgau abgeschlossen. Damit ist dieser ab sofort wieder trimodal erreichbar. In den vergangenen Monaten waren die Gleisanlagen zwischen dem Bahnhof Torgau und dem Hafengelände instandgesetzt worden. Weiterhin wurden die Bahnübergänge der Gleisanlagen im Stadtgebiet Torgau erneuert und sind nun mit neuen Lichtsignalanlagen ausgestattet.

Für den Hafen Roßlau werde derzeit das neue Zuführungsgleis zum Hafen verlegt, so dass dessen Betrieb auch wieder in Aussicht stehe, so die SBO.

Aus für Flussspat-Umschlag

Ende März vermeldete die SBO, dass das Dresdener Umweltamt ab sofort die Lagerung von Flussspat untersagt habe. Grund seien »erhebliche Mängel an den Hafenanlagen, die zur Gefährdung von Boden und Gewässer führen.« Rund 22.000t Flussspat erhielt der Dresdner Alberthafen durchschnittlich jährlich von Übersee in rund 35 Binnenschiffladungen. Verarbeitet wird der Flussspat seit 1903 im nahe gelegenen Dohna in einem Chemiewerk. Der Transport über die 18km erfolgte per Lkw.

»Wenn rund 20.000t Flussspat ab jetzt auf der Straße transportiert werden müssen, sind das etwa 800 Lkw-Fahrten zusätzlich«, erklärt SBO-Geschäftsführer Heiko Loroff. »Dadurch werden die ohnehin schon stark befahrenen Autobahnen noch mehr belastet.« Deshalb habe man als Frachtführer mit der UHH Haldensleben eine Kooperation aufgenommen, wo der Flussspat nun aus Binnenschiffen auf Lkw verladen und direkt nach Dohne gebracht werde.

Von Bülstringen, wo die Verladung auf die Lkw ab 1. April stattfindet, nach Dohna sind es 276km, mit 800 Lkw sind das unnötige 220.800 Fahr-km, die CO2 und Stickoxyden erzeugen.

Die an einem Großauftrag für einen Kunden in Indien arbeitende VEM Sachsenwerk GmbH hat in der Slowakei ein 10t schweres Gestell anfertigen lassen, das im März in Dresden eintraf und schnellstens zum Flughafen Leipzig transportiert werden musste. Wegen seiner Höhe musste es auf einen Tieflader-Trailer verladen werden, den die Schwerlastfirma Kahl aus Moers als Kooperationspartner stellte. Ein SBO-eigener Sattelschlepper brachte das Teil in zwei Tagen nach Leipzig und schob den Tieflader mit Gestell in das Frachtflugzeug vom Typ »Antonov«.

»Das Gestell ist mit 10t natürlich nicht das schwerste Frachtstück, welches wir im Schwerlastbereich bisher transportiert haben«, sagt Katja Dymak, Disponentin bei der SBO im Hafen Dresden. »Aber die Dringlichkeit des Auftrages und die Kürze der Zeit, in der dieser Auftrag realisiert werden musste, waren eine große Herausforderung«, so Dymak.

Für die Expresslieferung mussten innerhalb einer Woche alle notwenigen Genehmigungen eingeholt und die vorgeschriebenen Begleitfahrzeuge organisiert werden. »Das gelingt nur durch ein gutes Netzwerk, in dem Partnerschaften und Kooperationen eine wichtige Basis sind«, erklärt SBO-Vertriebsleiter Frank Thiele. »Den Kunden logistische Ketten über alle Verkehrsträger anbieten zu können – das ist der Mehrwert eines trimodalen Binnenhafens, den wir versuchen, unseren Kunden zu bieten.«

Seit DDR-Zeiten verladen die SKW-Stickstoffwerke Piesteritz flüssigen Harnstoff an deutsche und internationale Abnehmer und versuchen, »die Bundeswasserstraße Elbe so intensiv wie möglich zu nutzen«, so SKW-Pressesprecher Marko Wagner »Für uns ist das Binnenschiff eine unverzichtbare Alternative zum Versand mit Bahn und Lkw. Allerdings macht die unberechenbare Elbe diesem Bemühen oft genug einen Strich durch die Rechnung.«

Zur Verdeutlichung: Bei optimaler Schiffbarkeit der Elbe könnte SKW Piesteritz pro Jahr rund 250.000t vom werkseigenen Hafen aus verschiffen. Seit 2001 waren es aber nie mehr als 8.000t, meistens sogar nur ein oder zwei Schiffsladungen von etwa 1.000t. Im Jahr 2016 ist sogar keine einzige Tonne im Werkhafen verladen worden. »Bei ungünstigen Wasserverhältnissen auf der Elbe sind wir gezwungen, unsere Produkte mit Bahn und Lkw transportieren zu lassen«, sagt Wagner.


Christan Knoll