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Nahezu im Vierwochentakt wird auf der GSYard in Waterhuizen bei Groningen ein Binnenschiff fertig gestellt. Auch 2019 scheint sich diese Taktrate einzustellen

Stapellauf, Taufe, Probefahrt, Ablieferung, das sind die Taktgeber für die Schiffbauer am Winschoter Diep. Dazwischen liegen Tausende an Arbeitsstunden, einige Hundert Tonnen Stahl, endlose Strom- und Datenleitungen und der Feinschliff in allen Gewerken. Seit vor gut zehn Jahren Daniel Gausch und Christian Hochbein die Werft übernommen haben, sind über 100 Neubauten entstanden: Tanker, Trockenfrachter sowie auch Kaskos für Flusskreuzer. Den Auftakt in diesem Jahr machte mit dem Trockenfrachter »Sol« ein quasi hausinterner Kunde. Eigner des in der ersten Februarhälfte abgelieferten und nach dem Sunrise-Konzept gebauten Frachters ist Oneship mit Sitz in Marktheidenfeld am Main. Sofort nach der Probefahrt ging der Neubau beladen auf den Maidentrip nach Duisburg.

Dass auch Frachter nach dem von der Werft entwickelten Leichtbau-Prinzip gefertigt werden, ist bislang eher die Ausnahme. Nach der »Enterprise« ist die »Sol« das zweite Exemplar mit 110m Länge. Für John Mulder, dem GSYard-Projektmanager, ist die Sunrise-Konzeption aber die Antwort auf neue Herausforderungen, zu denen nach seiner Aussage auch der Klimawandel gehört. Zu erwartende niedrige Wasserstände fordern Schiffe für wenig Tiefgang, so seine Erwartung.

Das setzt man bei der GSYard in mehreren Aspekten um: Kleinere Motoren, hier zwei Volvo Penta D16MH mit 750 PS, sowie geringere Schraubendurchmesser der Doppelschrauben. Das allein würde rund 2,5t Gewicht sparen, weiß Mulder. Bei der »Sol« führt das neue Konzept zu einem Ladevermögen von 2.691t bei einem Tiefgang von 2,50m. Für einen 109,55m langen und 11,45m breiten Frachter ist das ein gutes Verhältnis zwischen Schiffskorpus und Tragfähigkeit. Einheiten mit vergleichbaren Abmessungen würden etwa 150t bis 200t weniger laden können, so die Berechnungen.

Dafür wurde vom zu verwendenden Stahl bis hin zur Ausstattung alles auf den Prüfstand gestellt, um Gewicht beim Schiff zu sparen, betont Mulder, der damit für die Werft einen deutlichen Wettbewerbsvorteil sieht.

Eigentlich, so der Experte, sei die Entwicklung von neuen Schiffstypen wie auch die weiterer Innovation in diesem Bereich ein Fall für Förderprogramme seitens der Europäischen Union. Da habe der Schiffbau in den Niederlanden bislang große Zurückhaltung geübt.

Ganz ohne Förderprogramm wurde die »Katharina Burmester« an einen Stammkunden der GSYard, die Reederei Burmester, geliefert. Das 85m x 9,60m große Tankschiff, ebenfalls nach dem Sunrise-Konzept gebaut, ist die 13. Einheit in der Burmester-Flotte und schließt die Umstellung auf Doppelhülle bei der Reederei ab. Nach »Burmester 100« griff Reeder Büchting wieder auf Familiennamen zurück und bleibt so der Tradition des Unternehmens treu: Katharina heißt die Tochter des erfolgreichen Reeders.

Die »Katharina Burmester« ist das fünfte Sunrise-Schiff in der Burmester-Flotte. Mit der über die gesamte Breite gehenden Wohnung ist der Schiffstyp von weitem erkennbar. Ein wenig ist auch Christian Büchting geistiger Vater der Sunrise-Entwicklung, war er doch beim ersten Schiff dieses Types 2012 eng in die Entwicklung eingebunden.

Angetrieben von zwei Volvo Penta D13MH-Motoren mit 368 kW(500 PS) bei 1.800 Umdrehungen pro Minute bringen die »nur« 1,40m großen 4-Blatt-Promarin-Schrauben die »Katharina Burmester« auf die geforderten Geschwindigkeiten. Motoren dieser Größenordnung laufen sparsamer und geben folglich weniger Schadstoffe an die Umwelt ab.

Mit den Abmessungen und der Motorenausstattung ist das neue, 1.558t tragende Schiff ganz besonders für die Kanalfahrt ausgelegt. Das passt zum Firmenprofil des in Luxemburg ansässigen Unternehmens: »Kanalfahrt ist unsere Spezialität, darin sind wir erfahren und dort fühlen wir uns zu Haus«, beschreibt Büchting den Firmenschwerpunkt. Gelegentlich sind Burmester-Schiffe aber auch in anderen Revieren zu entdecken. Zum Beispiel, wenn der Befrachter Main Tank Service die »Florian Burmester« (ex »Necton«) mit kleineren Partien auf Rheinfahrt schickt.

Die Frage an Büchting, warum er den Neubau bei der Werft in Waterhuizen in Auftrag gab, erübrigt sich fast. Hier entstanden bislang sechs Schiffe seiner Flotte, und nebenher ein Höchstmaß an Vertrauen zu den beiden Werftchefs Gausch und Hochbein, die inzwischen mehr sind als nur Geschäftsfreunde.

Büchting nennt aber noch einen weiteren, ganz praktischen Grund für die Wahl des Schiffstyps. »In unserer Flotte fahren nun fünf Sunrise-Tanker. Unsere Leute, die diese Schiffe kennen, sind auf allen fünf einsetzbar. Das macht den manchmal schnellen Wechsel von Mitarbeitern einfach. »Auf jedem Schiff könnten sie – aus dem Stand heraus – ins Steuerhaus oder den Maschinenraum. Sie würden nicht nur die Lade- und Löschinstallationen, sondern jede Pumpe und jedes Ventil kennen. Daher müsse man die Mitarbeiter nicht separat ausbilden.

Kapitän Darik Wojkowski, der das Ruder auf der »Katharina Burmester« übernimmt, kennt und lebt diesen Vorteil. Bis vor einiger Zeit fuhr er auf der »Lotti Burmester« und kann nun ohne nennenswerte Umstellung als Chef auf dem jüngsten Neubau eingesetzt werden. Zudem profitiert Wojkowski natürlich auch von seiner 35-jährigen Erfahrung in der Binnenschifffahrt. Acht Jahre davon sind im Schifferdienstbuch als »Schiffsführer bei Burmester« vermerkt.

Das neue Kapitel, das Wojkowski nun aufschlägt, wird mit dem Heimathafen Hamburg verbunden sein und mit der Firma Tankpartner aus Kaltenkirchen als Befrachter. In den Tanks seines neuen Schiffes werden sich petrochemische Produkte, Äther oder leichte Chemie befinden, die über Wasserstraßen in Norddeutschland und den Niederlanden befördert werden.

Für Willem Heeren, der bei der GSYard als Abbauchef für die »Katharina Burmester« fungierte, geht es nach der Ablieferung dieses 86-m-Tankers gleich an neue Aufgaben. Um im Takt der letzten Jahre zu bleiben, müssen sich die Werftleute flugs einem weiteren Projekt widmen, denn mit der »Saskia Reich«, die im Auftrag des Reeders Markus Reich gebaut wird, wartet die nächste Herausforderung.

Nachdem erst im Dezember 2018 die »Holly Reich« vom Stapel lief, ging der Kasko der »Saskia Reich« Mitte Februar ins Fahrwasser des Winschoter Diep. Dieser Neubau vom Sunrise-Typ, ausgelegt auf 110m und mit 2.500t Tragfähigkeit vermessen, wird den gleichnamigen Tanker (Bj. 2002, verl. 2008) ersetzen. Vorgesehen ist das neue Schiff für den Transport von Mineralölprodukten zwischen Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen. Ein gelegentlicher Einsatz auf dem Rhein bis nach Basel ist nicht ausgeschlossen. Die »alte« Saskia geht an die Reederei Jaegers und wird dort einen Eiltank-Namen bekommen.


Hermann Garrelmann