Die Havel-Oder-Wasserstraße muss mindestens zwei Monate lang für den Schiffsverkehr gesperrt werden. Grund ist eine Bombe, die in Ufernähe gefunden wurde
Auf dem 15. Saale-Schiffertreffen in Halle/Saale, einem Traditionstreffen von Binnenschiffern, die alle mal die Saale befahren haben, ging die Frage um, warum die Havel-Oder-Wasserstraße (HOW) ab Anfang April für mindestens zwei Monate gesperrt wurde. Sebastian Dosch, stellvertretender Amtsleiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts (WSA) Eberswalde, bestätigte die Sperrung gegenüber der »Binnenschifffahrt« und informierte über die Gründe: Ursache sei ein Bombenfund bei HOW-km 25,5 unmittelbar neben dem Ufer in einer Kleingartenanlage des Ortsteils Lehnitz von Oranienburg. Hintergrund ist die Tatsache, dass Oranienburg in der letzten Hälfte des Zweiten Weltkrieges zunehmend flächendeckend von den westlichen Alliierten aus der Luft angegriffen wurde. Die kriegswichtigen Rüstungsbetriebe der Auer- und Heinkel-Werke waren das Ziel der Angriffe. Und da sie grundsätzlich nachts erfolgten, befanden sich auch die Außenbereiche der Stadt im Streubereich der Bomben. Oranienburg gilt auch als Stadt, über der die größte Anzahl an Bomben in Deutschland abgeworfen worden sein soll. Jährlich werden dort mehrere Bombenfunde und Entschärfungen gemeldet. Da diese Blindgänger nunmehr seit über 70 Jahren im Boden schlummern und ihre Zünder der Korrosion ausgesetzt sind, wird befürchtet, dass es zu Selbstzündungen kommen kann. Deshalb scannt die Stadt Oranienburg gegenwärtig systematisch mit Metalldetektoren ihr ganzes Stadtgebiet ab, um solche Bomben zu finden und unschädlich machen zu lassen.
Nach Aussage von Dosch soll es sich bei dem in Ufernähe der HOW gefundenen Sprengkörper um eine 500-Kilogramm-Bombe der Amerikaner handeln. Drei davon waren bereits früher ortsnah ohne Fremdeinwirkung von selbst detoniert. Mitte April sei eine weitere Bombe dieser Art gefunden worden, so Dosch. Das Ordnungsamt Oranienburg ziehe um jeden Fund einen großräumigen Sperrkreis. Für den Bombenfund im Ortsteil Lehnitz in Ufernähe des Kanals habe es eine Ordnungsverfügung zur Sperrung der HOW erlassen, der sich das Amt fügen müsse.
Aufwändige Maßnahmen zur Bombenentschärfung
Die Bombe liegt in 5m Tiefe. Da das Grundwasser in diesem Gebiet die Wasserstandshöhe der HOW habe, müsse um die Bombe herum eine Spundwand abgesenkt werden, aus der man das Erdreich bis zur Auflagefläche der Bombe entfernen und die Grube dauerhaft auf eine Tiefe von 7m unter GOK entwässern müsse, während die Arbeiten zur Entschärfung andauerten oder, falls das nicht möglich sei, bis zu ihrem Abtransport zum Sprengplatz.
Sogar der Brandenburger Landtag beschäftigte sich mit dem Bombenfund. »Die Sperrung dieser Wasserstraße über Wochen hat erhebliche wirtschaftliche und touristische Auswirkungen«, so Linksfraktionschef Ralf Christoffers. Deshalb habe sich die rot-rote Regierungsfraktion für finanzielle Hilfen für die Schifffahrt und den Wassertourismus ausgesprochen.
»Ja«, sagte Sebastian Dosch, »wer jetzt im Frühjahr mit seinem Boot in die Gewässer der Oberen Havel will, hat Pech. Wer in die Ruppiner Gewässer möchte, kann über den Oranienburger Kanal dorthin fahren. Wer aber über die Oranienburger Havel bis zum Hafen am Schloss fahren will, kann das ebenfalls nicht, weil inzwischen auch dort eine weitere Bombe gefunden wurde.« Hier wurde ebenfalls eine Ordnungsverfügung erlassen, die das Stadtgebiet und die Stadthäfen von Schifffahrt ausgrenzt.
Nach Fertigstellung einer zweilagigen, knapp 130 m langen Containerwand durch die WSV, mit Abnahme durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst und die Stadt Oranienburg, kann nunmehr ein eingeschränkter Schiffsverkehr stattfinden. Somit konnte die Schifffahrt auf der Havel-Oder-Wasserstraße (HOW-km 25,1-km 25,3) seit Ende April teilweise wieder aufgenommen und somit Oranienburg wieder passiert werden.
Christian Knoll