Schwergut- und Projektladung wird immer häufiger per Schiff transportiert.
Die nordeuropäischen Häfen sehen hier einen wachsenden Markt und bauen zum Teil
ihre Kapazitäten aus
Der Hauptgrund für die wachsenden Mengen an Schwergütern, die über die Wasserstraße befördert werden, sind vor allem Restriktionen für die Straßentransporte. Weil die Komponenten immer größer und damit sperriger, aber auch schwerer werden, kommen immer weniger Straßen und Brücken in Frage, die passiert werden können. Darüber hinaus sind die Genehmigungsprozesse für Lkw-Transporte aufwändig und dauern häufig mehrere Wochen. Auf dem Wasser ist vieles einfacher.
Weil der Breakbulk-Umschlag ein Wachstumsgeschäft ist, gibt es zwischen den Häfen der Nordrange auch hier zunehmend Wettbewerb. Die Nase vorn hat weiterhin Antwerpen, nach eigenen Angaben mit einem Marktanteil von 24,1%. Rund 15Mio.t Güter sind 2018 in diesem Segment über die Kaikanten gegangen, das waren 6% vom Gesamtumschlag.
Stahlladungen machen den größten Anteil des Stückgutaufkommens in Antwerpen aus. Die Branche leide allerdings stark unter den Handelskriegen. Man sei in erheblichem Maße von den Entwicklungen in diesem Bereich abhängig, dies mache sich in den Umschlagwerten bemerkbar, sagen die Belgier.
In Antwerpen gibt es insgesamt 15 MPP-Terminals, hauptsächlich im rechtsseits der Schelde gelegenen Hafenteil. Aufgrund der geografischen Lage ist der Hafen sehr gut an das Eisenbahn- und Binnenwasserstraßennetz angebunden. Allerdings gibt es keine speziell für Breakbulk-Transporte vorgesehene Straßen. Um den regulären Verkehr nicht zu beeinträchtigen, darf überdimensionierte Ladung nur in den Nachtstunden transportiert werden.
Die Hafenbehörde glaubt nicht, dass die Terminals expandieren wollen, sondern vielmehr danach streben, ihre Effizienz beim Umschlag zu verbessern und die verfügbare Kapazität zu optimieren.
Eine Prognose für den Breakbulkumschlag zu stellen, sei generell schwierig, da der Markt sehr volatil sei. Die Belgier wollen aber das bisher erreichte Volumen halten und haben die Stärkung dieses Umschlagsegments ganz oben auf die Prioritätenliste gesetzt.
Um die Dominanz Antwerpens nicht zu groß werden zu lassen, baut Europas größter Seehafen Rotterdam die Kapazitäten in diesem Segment aus. In den kommenden drei Jahren sollen ein 12ha großes Industriegelände und insgesamt 1.155m Kaianlagen im Waalhaven einem Nutzerwechsel unterzogen werden. Die Industrieanlagen und die Hafeninfrastruktur werden ebenfalls renoviert. Ziel sei es, dem Breakbulk-Sektor einen zusätzlichen Wachstumsimpuls zu geben.
Vorstoß in Rotterdam
Regelmäßig umgeschlagene Güter sind Stahlprodukte sowie Schwergut- und Projektladungen. Hier sehen sich die Rotterdamer als Konsolidierungsdrehscheibe, wo spezialisierte Innen- und Außenlager klimatisierten Raum für Transshipment-Ladung bieten.
Trotz der 21 zum Teil spezialisierten Terminals – verteilt auf das gesamte Hafengebiet von der Maasvlakte bis zum Eems-/Waalhaven – kommen die Niederländer beim Breakbulk nicht an die belgische Konkurrenz heran. Im Nordrange-Ranking belegt man aktuell Rang vier. Das heißt aber nicht, dass die Niederländer sich zufrieden geben: »Ich habe keinen Zweifel an der Qualität in Antwerpen. Unser Argument ist jedoch, dass Rotterdam es genauso gut kann, wenn nicht besser«, sagte Breakbulk-Manager Robert Jan Timmers der HANSA bereits im vergangenen Jahr.
Die verschiedenen Breakbulk-Terminals dienen auch noch einem weiteren Zweck: Sie sind Verbindungsglied zwischen den Tiefsee-Containerterminals und dem Verladen containerisierter Breakbulk-Fracht. Da das Laden und Löschen solcher Güter auf einem Containerterminal nicht möglich ist, müssen diese Vorgänge an den Breakbulk-Terminals ausgeführt werden. Binnenschiffsverbindungen zwischen den Anlagen sorgen für einen schnellen und effizienten Prozess.
Aktuell liegt der Segmentschwerpunkt auf Stahlprodukten (30%) und NE-Metallen (45%). Daran will man arbeiten, Projektladung und Super-Heavylifts spielen eine entscheidende Rolle in der Strategie für die nächsten Jahre. Da habe man große Stärken und auch Vorteile: Indoor-Fertigungsanlagen mit bis zu 700t Kapazität und Schwimmkrane, die bis zu 1.800t heben können.
Laut Emile Hoogsteden, Director Containers, Breakbulk and Logistics bei der Port of Rotterdam Authority, wurden diese Projekte über einen langen Zeitraum hinweg mit den beteiligten Unternehmen vorbereitet. Das zeige, dass dem Stückgutsektor genügend Raum für die Entwicklung gegeben werde. Dies betreffe insbesondere Schwergut, Projektladung, Stahl und Nichteisenmetalle. Obwohl der Breakbulk-Markt durch weitere Containerisierung, den Wettbewerb anderer Schifffahrtsmärkte und Markteinflüsse wie etwa Handelsbarrieren oder steigende Zölle weiterhin unter Druck stehe, sehe man für die nahe Zukunft weiterhin Wachstumschancen im Stahlmarkt.
Da das leere Depot MRS vom Waalhaven in das Shortsea-Cluster in den Eemhaven verlagert wurde, kann der Umbau beginnen. Vier Breakbulk-Unternehmen werden Flächen zur Modernisierung und Weiterentwicklung zur Verfügung gestellt. Dabei handelt es sich um Metaal Transport (Nichteisenmetalle und Stahl), J.C. Meijers (Mehrzweckterminal), RHB/Rotterdams Havenbedrijf (Spezial-Schwergut und Projektladung) und Broekman Project Services (Schwergut, Projektladung und Offshore). Mit ihnen wurden Grundstücksverträge und Absichtserklärungen unterzeichnet. Zusätzlich sei man ständig auf der Suche nach Expansionsmöglichkeiten für bestehende Terminalbetreiber und Kunden.
Broekman plant im Waalhaven beispielsweise eine Verdopplung der Kailänge auf 600m. Möglich wird dies durch die angestrebte Übernahme einer angrenzenden Lagerfläche. Darüber hinaus gibt es Überlegungen, eine Halle von 20m auf 23m zu erhöhen, vor allem um zusätzliche und größere Windkraftkomponenten zu lagern. Ferner soll als Ergänzung zu den drei bestehenden Kranen (zweimal 25t, einmal 45t) ein 120-t-Kran angeschafft werden, wie Frenck Snoeck, Geschäftsführer von Broekman Logistics, erläutert.
Hamburg will zulegen
In Hamburg befindet sich der Breakbulk-Umschlag ebenfalls auf Wachstumskurs. Für Deutschlands größten Seehafen sei diese Gütersparte »ein kleines aber wichtiges Umschlagsegment«, wie Hafen Hamburg Marketing (HHM) betont. Als Hauptgrund nennen die Verantwortlichen die vergleichsweise hohe Arbeits- und Wertschöpfungsintensität dieser Gütergruppe. Dies mache den Breakbulk-Umschlag für einen Universalhafen wie Hamburg zu einem unverzichtbaren Element.
Zu den beförderten Waren zählen Projektladung wie z.B. Generatoren, Eisenbahnwagen sowie der Fahrzeugumschlag, aber auch Schwergut wie Brammen oder Papier und Holz. Beide Gütergruppen machen zusammengenommen mit 46% den größten Anteil aus. Es folgen Kraftfahrzeuge (29%), Metalle (10%), Südfrüchte und Papier (je 7%) und Holz (2%). Für den Umschlag von Windenergieanlagen sei Hamburg indes weniger geeignet. Häfen an der Unterelbe seien dafür eher prädestiniert, so HHM.
Im vergangenen Jahr ging in Hamburg rund 1,5Mio.t Breakbulk-Ladung über die Kaikanten, 5,8% mehr als 2017. Dies sei der stärkste Zuwachs der vergangenen zehn Jahre. Insbesondere die Einfuhr (+20,6%) hat deutlich zugelegt. Vor allem Metallimporte, zum Teil auch als Brammen, hätten die Entwicklung beflügelt.
Die Norddeutschen erwarten beim Breakbulk eine anhaltend starke Nachfrage. Das gute Ergebnis aus dem Vorjahr dürfte bei gleichbleibenden Lieferströmen voraussichtlich gehalten werden. Ein Zuwachs wäre sehr erfreulich, so HHM.
»Dedicated Terminals« wären ebenfalls eine Option. »Alles, was Ladung an den Standort bindet, ist gut für Hamburg«, sagt HHM. Reederei-Beteiligungen gibt es im Breakbulk-Bereich aber schon seit längerem. So hält z.B. die Grimaldi-Group 49% am Unikai und die Rickmers Group ist mit 25,1% am Wallmann Terminal involviert. Wallmann ist zusammen mit C. Steinweg (Süd-West Terminal) der größte Umschlagplatz für Schwergut- und Projektladung in der Elbmetropole. Noch in diesem Jahr erfolgt bei C-Steinweg die Grundsteinlegung für eine Flächenerweiterung. Weiterhin erhält das Unternehmen im Mai das Arbeitsschutzzertifikat. »Davon profitieren Mitarbeiter, der reibungslose Betrieb und den Kunden wird signalisiert, dass auf die Leistung Verlass ist«, so das Unternehmen.
Ebenso einen hohen Stellenwert hat das Breakbulk-Geschäft für die bremischen Häfen. In Bremerhaven betreibt die BLG den nach Angaben der Hafengesellschaft bremenports zweitgrößten Fahrzeugumschlagplatz Europas und im Neustädter Hafen in Bremen das größte europäische Terminal für Stück- und Schwergut. 2018 wurden in Bremerhaven insgesamt 2,2Mio. Fahrzeuge beziehungsweise. 4,5Mio.t Ladung umgeschlagen. Etwa 1,4Mio.t entfielen auf das High & Heavy-Segment und hiervon wiederum rund. 70% auf den Export. In Bremen waren es 2018 circa 1,35Mio.t Breakbulk, wovon knapp zwei Drittel in den Export gingen.
Ertüchtigung in Bremens Häfen
In Bremen werden überwiegend massenhafte Stückgüter wie Stahl- und Forstprodukte sowie komplette Industrie- und Windenergieanlagen umgeschlagen. In Bremerhaven ist es vor allem RoRo-Ladung, also Fahrzeuge und High & Heavy wie selbstfahrende Baumaschinen, landwirtschaftliche Maschinen oder auch komplette Zugsysteme. Als Produktions-, Service- und Basishafen werden hier auch Onshore- und Offshore-Komponenten der ansässigen Hersteller und Dritter verschifft. Dazu zählen Turbinen, Rotorblätter, Turmsegmente und Fundamente. Für die Lagerung und den Umschlag sind einzelne Hafenflächen mit einer Kapazität von zu bis 20t/m2 ertüchtigt worden.
Darüber hinaus wurden an zwei Terminals in Bremerhaven Sohlertüchtigungen vorgenommen, damit Jack-Up-Schiffe Ladung mit Bordkranen bei ausgefahrenen »Beinen« aufnehmen können. Verladen werden die Komponenten der Windkraftindustrie im RoRo- oder LoLo-Betrieb (Bord- oder Landkran) oder mit Verschub-Systemen.
Nach Auskunft der BLG zufolge sind die Kapazitäten in Bremen und Bremerhaven derzeit »sehr gut ausgelastet.« Konjunkturell bedingte Umschlagschwankungen werde es aber weiterhin geben. Durch Optimierung der Betriebsabläufe werde versucht, dies auszugleichen. Ohne konkrete Zahlen zu nennen, geht die BLG davon aus, »dass 2019 für Breakbulk in den bremischen Häfen ein gutes Jahr wird.«
Thomas Wägener