Das Auftragsbuch der deutschen Binnenschiffswerften wächst, ausländische Auftraggeber im Bereich der Personenschifffahrt erweisen sich weiterhin als Wachstumstreiber
Die Binnenschiffswerften widmen sich überwiegend der Instandhaltung der Frachtschiffe, wohingegen sich der Fahrgastschiffbau zu einem Treiber der schiffbautechnischen Innovation entwickelt hat: Vollelektrische Fahrgastschiffe, vollelektrische Fähren und Brennstoffzellentechnologie seien auch 2018 zum Einsatz gekommen, heißt es in der aktuellen Jahresbilanz des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik (VSM).
Die Nachrüstung bestehender Schiffe mit umweltfreundlicher Technologie spiele eine immer größere Rolle. Die Situation der Binnenschiffswerften sei dabei weiterhin von großen Unterschieden bei Auslastung, Nachwuchsgewinnung, Auftragseingängen, Auftragsbestand und Marktaussichten geprägt. Größter Wachstumstreiber bleibe der Tourismus sowohl im Neubau als auch bei Instandsetzung und Reparatur. »Gegen alle Erwartung« sei auch die Zahl der abgelieferten Frachtschiffe seit 2010 gestiegen.
Auch der Binnenschiffbau trägt dem Verband zufolge mit fast 90% des Exportanteils beim Wert der abgelieferten Schiffe zum großen Exportanteil der gesamten Schiffbranche bei.
2018 wurden von den etwa 50 deutschen Binnenwerften mit ihren rund 2.000 Angestellten 39 Binnenschiffe im Gesamtwert von 126Mio.€ abgeliefert gegenüber 51 für 202Mio.€ im Jahr davor. 21 Einheiten waren Hafen-, Behörden- oder Sonderschiffe (2017: 26), dazu kamen zehn Passagierschiffe wie Kreuzfahrtschiffe, Fähren oder Fahrgastschiffe (2017: 16) und acht Frachtschiffe (2017: 9).
2018 gingen bei den Werften 49 Aufträge im Wert von 240Mio.€ ein, im Vorjahr waren es 48 Neubestellungen für 223Mio.€. Der Auftragsbestand der Werften liegt damit bei 65 Schiffen im Gesamtwert von 439Mio.€ gegenüber 47 Einheiten für 331Mio.€ im Jahr 2017.
Dabei arbeiten die deutschen Schiffbauer überwiegend für ausländische Auftraggeber – allerdings nur, was den Auftragswert angeht. So wurden 2018 neun Schiffe für insgesamt 93Mio.€ an ausländische Auftraggeber abgeliefert, 30 Schiffe für 33Mio.€ gingen an deutsche Kunden. Bei den Auftragseingängen zeichnen internationale Besteller für elf Aufträge im Wert von 185Mio.€ verantwortlich, 38 Aufträge für insgesamt 55Mio.€ gehen auf das Konto inländischer Auftraggeber. Noch größer hinsichtlich der Schiffswerte ist der Abstand im aktuellen Orderbuch: Für deutsche Kunden warten 45 Schiffe im Gesamtwert von 78Mio.€ auf die Fertigstellung, für ausländische Auftraggeber sind es 20 Einheiten im Wert von 361Mio.€.
Nicht wegzudenken im Binnenschiffbau als Kunde der Werften und spezialisierten Zulieferer seien öffentliche Auftraggeber, meint die Fachgemeinschaft Binnen- und Küstenschiffbau des VSM. Im Durchschnitt der letzten zehn Jahre kamen rund 50% der Neubauaufträge für Binnenschiffe von der öffentlichen Hand. »Deshalb ist es umso schmerzlicher, wenn Ausschreibungen langlebiger Wirtschaftsgüter wie Kopierpapier nur nach Preis vergeben werden«, heißt es in einer Präsentation der 2018er-Bilanz. Allein im Dezember 2018 seien vier attraktive Aufträge ins europäische Ausland gegangen: das erste Los der NOK-Fähren und das Taucherglockenschiff der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS), zwei Feuerlöschboote des Landes Hamburg und Fördefähren der Stadt Kiel.
»Der VSM bekennt sich zum europäischen Binnenmarkt und zum europäischen Wettbewerb, aber es kann nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn Deutschland das einzige EU Land ist, das regelmäßig Schiffbauaufträge ins Ausland vergibt. In den letzten Jahren ist uns kein Fall bekannt, in dem Schiffbauaufträge unser europäischen Freunde in irgendein anderes EU Land vergeben wurden«, so der Verband. Deshalb werde der VSM sein Engagement verstärken, dass deutsche Werften und Zulieferer bei öffentlichen Ausschreibungen faire Chancen erhalten.
Niedrigwasser zeigte Bedeutung
Alle Pläne und Maßnahmenkataloge zur Attraktivitätssteigerung der Binnenschifffahrt wurden 2018 durch die lang anhaltende Niedrigwasserphase zunichte gemacht. Allerdings wurde so auch bundesweit deutlich, wie wichtig das Binnenschiff für die Versorgungssicherheit Deutschlands ist und dass der bundesweite 10-%-Anteil am Modal Split nur sehr bedingt darüber Auskunft gibt.
Mit Ausnahme von Januar, Februar, Mai und Juni sank die Transportleistung in allen anderen Monaten des Jahres 2018 so erheblich, dass für das Jahr als Ganzes ein Rekordminus von insgesamt 11,1% die Folge war. Auch die Menge der auf Binnenschiffen transportierten Container reduzierte sich um 8,3% auf nun 2,4Mio.t.
Weiter im Aufwind befand sich trotz Niedrigwasser der Flusskreuzfahrtmarkt: 2018 konnte das Passagieraufkommen insgesamt um weitere 5,5% gesteigert werden. Auch der Zuwachs bei den Passagiernächten fiel mit plus 8,9% noch höher aus als im Vorjahr (+6,9%). Auch die durchschnittliche Reisedauer (+3,2%) und die Reisepreise (+11,8%) stiegen an, d. h. das Wachstum im Flusskreuzfahrtbereich hält an.
Branche will bessere Förderung
BDS, der BÖB, der VBW und der VSM haben dem Bundesverkehrsministerium (BMVI) Anfang 2018 umfangreiche Vorschläge zur Reform des »Förderprogramms nachhaltige Modernisierung der Binnenschiffsflotte« übergeben, die in einer vom VSM geleiteten Arbeitsgruppe in über zwei Jahren erarbeitet wurden. Ergänzt wurden diese Vorschläge im September 2018 um einen umfangreichen Nachtrag zur Förderung der Elektromobilität auf dem Wasser. Die Hoffnung, dass das BMVI diese Vorschläge direkt zum 1. Januar 2019 umsetzen würde, habe sich jedoch nicht erfüllt.
Stattdessen habe das Verkehrsministerium das bestehende Förderprogramm nahezu unverändert bis Ende 2019 verlängert. Es ist allerdings inzwischen auf 6 Mio. € angewachsen und stellt nach Ansicht des Verbandes einen »wichtigen Baustein für die gesteigerte Investitionsbereitschaft in nachhaltige Technologien« dar.