In Duisburg, dem größten Binnenhafen der Welt, wollen der Hafenbetreiber duisport und Fraunhofer-Experten die Energienutzung und -versorgung verbessern
Pro Jahr werden im Duisburger Hafen über 20.000 Schiffe und 25.000 Züge abgefertigt. Dafür werden große Mengen an Energie benötigt. Den größten Bedarf gibt es für Umschlageinrichtungen.
Im Rahmen des Projekts »enerPort« entsteht nun erstmals ein Gesamtkonzept zur Energienutzung und -versorgung des über 1.550ha großen Areals. Hinter dem Projekt stehen das Fraunhofer UMSICHT und die Duisburger Hafen AG (duisport) als Praxispartner.
»Bisher konzentrieren sich Aktivitäten zur Steigerung von Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energien in Häfen auf den Bereich der Logistik und den Einsatz biobasierter Kraftstoffe«, sagt Anna Grevé, Leiterin der Abteilung Elektrochemische Energiespeicher am Fraunhofer UMSICHT.
Mit Blick auf die Energiewende seien Binnenhäfen aber vor allem auch interessante Stadtgebiete mit einem eigenen Anforderungsprofil und großem Entwicklungspotenzial, weil in den Häfen neben dem nationalen und internationalen Gütertransport und den Logistikunternehmen weitere Industrieunternehmen und Gewerbegebiete angesiedelt seien.
Durch die Nähe zu Wohngebieten stünden Binnenhäfen aber zunehmend auch in der Verantwortung, zu einer attraktiven Wohnumgebung beizutragen. Grevé sieht das Vorhaben daher als Beitrag zur Entwicklung von Quartierskonzepten. Solche Konzepte seien wesentliche Bausteine für die Umsetzung von Lösungen zur dezentralen Energieversorgung und für das Erreichen der Klimaschutzziele.
»Wir verfolgen am Beispiel des Duisburger Hafens einen cross-industriellen Ansatz zur Sektorenkopplung von Energiewirtschaft mit den Bereichen Wohnen, Gewerbe, Industrie, Logistik und Verkehr«, erläutert Grevé.
Mit ihrem Team will die Wissenschaftlerin sowohl eine Methodik zur Analyse von Energieversorgung und -nutzung als auch ein Modell zur prozesslogistischen Optimierung der Energie- und Stoffströme entwickeln. Beides soll sich auch auf andere Häfen übertragen lassen.
Analyse zur Energienutzung
In einem ersten Schritt werde eine Bestandsanalyse vorgenommen, erklärt Alexander Garbar, Manager Sustainability und Projektmanager Unternehmensentwicklung bei duisport. Es gelte zu ermitteln, welche Energiethemen für den Hafen von zentraler Bedeutung seien und welche Lösungsansätze bisher verfolgt würden. Darüber hinaus soll geprüft werden, welche Schnittstellen es zwischen effizienter Energienutzung und -versorgung gibt und wo Ansatzpunkte für Optimierungsmaßnahmen zu erwarten sind.
Grevé verdeutlicht diese praxisorientierte Herangehensweise an einem Beispiel: »Im Gegensatz zu Schiffsantrieben sind Häfen als stationäre Einrichtungen sehr gut zu elektrifizieren und können dazu beitragen, den Einsatz fossiler Energieträger zu reduzieren und gleichzeitig neue Möglichkeiten zum Energieausgleich zu eröffnen. Wir wollen die mit der Umstellung verbundenen Herausforderungen ebenso wie die wirtschaftlich vertretbaren Technologien identifizieren. Ein Schwerpunkt soll dabei auch auf Power-to-X liegen.«
In einem nächsten Schritt wollen die Projektpartner Transformationskonzepte für Binnenhäfen entwickeln. Hierbei würden auch bereits bestehende Lösungsansätze an Binnenhäfen berücksichtigt und auf Übertragbarkeit geprüft, heißt es. Die mit der Umstellung verbundenen Problemstellungen sowie wirtschaftlich vertretbare Technologien seien zu identifizieren. Schließlich soll eine modellgestützte Verknüpfung relevanter Faktoren wie Logistik, Schifffahrt, Produktion und Energie sowie eine Entwicklung von Szenarien erfolgen, die die äußeren Randbedingungen und Einflussfaktoren beschreiben.
In Schritt Nummer drei entsteht ein Gesamtkonzept. Dabei werden zunächst die aussichtsreichsten und relevantesten Kombinationen aus Technologien und Szenarien ermittelt. Diese Vorauswahl wird mit Blick auf eine energiewirtschaftliche Integration sowie mit Hilfe einer prozesslogistischen Optimierung der Stoff- und Energieströme untersucht und weiterentwickelt.
Einbindung der Hafenakteure
In diesen Prozess werden immer wieder wichtige Akteure aus dem Hafenumfeld eingebunden. So sind beispielsweise Workshops mit dem Hafenbetreiber und weiteren Hafenakteuren sowie Vertretern anderer Häfen geplant. »Im Rahmen dieser Veranstaltungen wollen wir unter anderem die Praxistauglichkeit unserer Ergebnisse abklopfen und mögliche Barrieren für die Umsetzung identifizieren«, sagt Garbar. Möglicherweise lasse sich aus den Gesprächen auch weiterführender Forschungsbedarf ableiten.