Print Friendly, PDF & Email

Nicht immer ist Größe allein Anlass für Aufmerksamkeit. Mit dem Neubau der »Rain Empress« der Reederei Jaegers aus Duisburg ist das Gegenteil bewiesen. Der »kleinste Neubau« zeichnet sich durch einige raffinierte Besonderheiten aus

Exakt 66,86m ist die »Rain Empress« lang, mit 7,15m Breite eher schmal, und 1.025m³ oder 832t an Ladung bedeuten keinen Superlativ. Dafür aber kann und darf der doppelwandige Typ-C-Neubau mitten durch Amsterdam kreuzen – ohne Sondergenehmigung – und zudem die Amstel befahren.

Die »Rain Empress« erfüllt einen Spezialauftrag. In Uithoorn ist die Firma Rütgers ansässig. Dort werden Harze für die Industrie gefertigt, aus Rohstoffen auf Kohlenwasserstoffbasis. Diese in Moerdijk oder Terneuzen aufzunehmende Ladung zur Fabrik zu transportieren, war bislang Aufgabe des Einhüllentankers »Batavier«. Der aber musste wegen gesetzlicher Vorgaben Ende 2018 außer Dienst gestellt werden.

Sowohl die mit dem Transport beauftragte Reederei Jaegers als auch das Kunststoffunternehmen wollten aber bei der Transportmodalität Binnenschiff bleiben. Mit einem langfristigen Vertrag gab es eine gute Grundlage für einen Neubau. Dessen Kasko entstand auf der Neuen Ruhrorter Schiffswerft, komplettiert wurde der jüngste Jaegers-Neubau bei Scheepstechniek Drechtsteden.

Ausgestattet ist die »Rain Empress« mit acht Duplex-Edelstahltanks in zwei Reihen, denen acht Marflex-Pumpen (MDPD-80) zugeordnet sind. Die Ladungsüberwachung wird durch Software von Locopias sichergestellt.

Der Antrieb erfolgt durch zwei 250 kW starke Pod-Propeller, die von AAA-Propulsion aus Boven-Leeuwen gefertigt und eingebaut wurden. Sie haben je drei Propellerflügel und insgesamt 1.200mm Durchmesser. Die für den Antrieb benötigte elektrische Leistung wird von drei Cummins-Gensets erzeugt, von denen zwei im Bug verbaut sind. Zwei Aggregate vom Typ QSM11 liefern 298 kW, das dritte ist ein Cummins QSB5 mit 97 kW. Als Bugstrahler arbeitet ein Verhaar-Steuerrooster VBS 800, der 250 kW an Leistung aufnimmt.

Während in den Amsterdamer Revieren nur eine sehr geringe Leistung abgerufen werden dürfte, kommen bei Reisen zu Rain Carbon, der Muttergesellschaft von Rütgers in Castrop-Rauxel und Meiderich, wohl alle drei Generatoren zum Einsatz. Bei vollem Tiefgang von 2,80 m und zu Berg über den Rhein fragt das Power-Management oder Schiffsführer Gerrie van Welden, der den Tanker zusammen mit seinem Sohn steuert, sicher die volle Leistung des dieselelektrischen Systems ab.

Der gesamten Besatzung steht trotz den eher kleinen Schiffsabmessungen eine komplette Wohnung mit drei Schlafräumen und vier Betten zur Verfügung. Von der Wohnung aus gibt es eine ständige Verbindung zum Steuerhaus.

Wichtig war der Reederei auch eine so niedrig wie möglich ausgelegte Gesamthöhe. Bei 4,32m Seitenhöhe im Mittelschiff kann die »Rain Empress« beispielsweise auch die Eisenbahnbrücke am Oosterdok passieren. Eine weitere Herausforderung war, trotz der geringen Breite ausreichend Ladevolumen zu erhalten, denn die Abstände der doppelten Hülle und des doppelten Bodens müssen den gleichen Vorgaben folgen wie bei größeren Schiffen. Über die Einhaltung dieser und anderer Vorgaben wachte Bureau Veritas als Zertifizierer.

Mit Blick auf eventuelle zukünftige Anforderungen wurde im Achterschiff zusätzlich ein Reserveraum vorgesehen, in dem Akkus mit einer Gesamtleistung von bis zu 300 kW untergebracht werden können. Damit, so die Absicht, kann die »Rain Empress« dann begrenzte Strecken vollkommen elektrisch und ohne örtlich verursachte Emissionen fahren.


Hermann Garrelmann