Flusskreuzfahrten erleben einen Boom und die Anbieter schärfen ihr Profil.
Ob Erholung oder Aktivurlaub, für jeden ist etwas dabei
Als Reisen mit Flusskreuzfahrtschiffen den Markt eroberten, war das Angebot beinahe ausschließlich auf ältere Menschen zugeschnitten. Das Rezept war einfach: Die Gäste hatten die Möglichkeit, verschiedene Städte zu erkunden und sich dort Sehenswürdigkeiten anzuschauen. Bei der Fahrt auf dem Fluss stand dagegen die Erholung im Vordergrund.
Reiseveranstalter wie Viking River Cruises haben diese Klientel nach wie vor als Zielgruppe. In den vor rund einem Jahr modifizierten Geschäftsbedingungen der Reederei heißt es, dass die Mitfahrer mindestens 18 Jahre alt sein müssen. Die Beförderung von Kindern ist nicht erwünscht. Als Grund wird angeführt, dass es an Bord kein spezifisches Angebot gebe.
Andere Anbieter wie A-Rosa oder Ama Waterways berichten dagegen über eine verstärkte Nachfrage durch Familien. Entsprechend passen die Unternehmen ihre Angebote und die Freizeitmöglichkeiten auf den Schiffen an.
Seit nunmehr fünf Jahren hat A-Rosa Familienreisen im Programm. »Eine Städtereise per Schiff ist die ideale Urlaubsform für die ganze Familie«, sagt Jörg Eichler, Geschäftsführer von A-Rosa Flussschiff. Bei der Reederei reisen Personen unter 15 Jahren sogar kostenfrei, wenn der Tarif »Premium alles inklusive« gebucht wird. An Bord gibt es seit 2014 den KidsClub, ein Entertainmentprogramm für Kinder. Hier bieten Betreuer den Kindern sportlich-spaßige Aktionen wie eine Schiffsrallye, einen Piratentag oder ein Kreativatelier. Das gastronomische Angebot umfasst ebenfalls kindgerechte Speisen und Getränke.
»An Bord hat jeder was er braucht – ob Pool, Fitnessraum, Spa-Bereich oder reichhaltiges Buffet – und der Landgang kann dank zentraler Liegeplätze oft einfach zu Fuß absolviert werden. Deshalb hat sich A-Rosa auf Familienreisen spezialisiert«, so Eichler. Seit mittlerweile fünf Jahren werde in jedem Fahrtgebiet ein spezielles Familienschiff eingesetzt, das während der Ferienzeiten Kinderbetreuung an Bord biete. Ab der Saison 2020 wird es zudem Specials mit Krimi Dinner oder Improvisationstheater geben, kündigt A-Rosa als zusätzliche Aktionen an.
AmaWaterways bezeichnet sich als Flusskreuzfahrtgesellschaft, die auf »aktive Reisende« abzielt. Die »AmaMora« ist diesem Jahr bereits der dritte Neubau von insgesamt neun. Er feierte Anfang Juni sein Debüt auf dem Rhein und wurde Mitte Juli in Lahnstein getauft.
Der Flusskreuzer, dessen künftiges Einsatzgebiet die Strecke zwischen Amsterdam und Basel ist, bietet 156 Gästen Platz. Wie ihre Schwesterschiffe »AmaLea« und »AmaKristina« verfügt die »AmaMora« über 78 Kabinen, von denen fast alle Doppelbalkone bieten. Zudem seien die verbindenden Kabinen gut geeignet, um die wachsende Nachfrage von Familien zu befriedigen, heißt es.
Gäste, die auch im Urlaub aktiv bleiben wollen, können beispielsweise das Fitnesscenter nutzen, in dem Gruppenfitnesskurse angeboten werden. Darüber hinaus steht der sogenannte Sun Deck Walking Track zur Verfügung. Auf dem Schiff werden den Passagieren zudem kostenlose Fahrräder zur Verfügung gestellt sowie Wander- und Radtouren an Land angeboten. Darüber hinaus verfügt der Flusskreuzer über kostenloses Hochgeschwindigkeits-Wi-Fi und diverse Unterhaltungsmöglichkeiten. Für Gäste, die es lieber etwas ruhiger mögen, bietet der beheizte Sun Deck Pool, der über eine Swim-up-Bar verfügt, einen Platz zum Entspannen.
AmaWaterways tauft Flaggschiff
Mit der »AmaMagna«, die ebenfalls erst in diesem Jahr abgeliefert wurde und auf der Donau verkehrt, setzt die Reederei gänzlich neue Maßstäbe. Mit 22m ist das Schiff fast doppelt so breit wie die gängigen Flusskreuzfahrtschiffe. Knapp 200 Gäste finden Platz, die 98 Kabinen sind bis zu 66m2 groß. Der Neubau verfügt über sieben Suiten, mehr als jede andere Einheit der Flotte.
»Das Schiff wurde für Familien- und Gruppenreisende entwickelt«, sagt Rudi Schreiner, Mitbegründer, Mitinhaber und Präsident von AmaWaterways. Nach Angaben der Reederei können 19 Kabinen drei oder mehr Personen aufnehmen, 16 Kabinen sind zudem miteinander verbunden. Viele der Unterkünfte verfügen über Balkone.
Das Angebot erinnert an das eines Seekreuzfahrtschiffes. An Bord gibt es mehrere Restaurants. Eines ist das Al-Fresco-Restaurant am Bug des Schiffes, dessen bodentiefe Panoramafenster komplett geöffnet werden können. Zusätzlich verfügt es über einen großen Außenbereich. An langen Theken sollen hier Büffets und Getränkestationen aufgebaut werden. An Bord befinden sich zudem insgesamt fünf Bars und mehrere Lounges. Ferner verfügt der Neubau, der ebenfalls Mitte Juli in Grein, Österreich, getauft wurde, über ein Kino, eine Boutique und einen großzügigen Wellnessbereich mit Coiffeur und Nagelstudio. Am Heck befindet sich eine Marina. Die etwa 40m2 große Plattform kann bei Bedarf abgesenkt werden, sodass Passagiere von dort aus Wassersport betreiben können.
Im Dezember 2017 erfolgte der Baubeginn auf der Vahali-Werft bei Belgrad, hier entstand die komplette Hülle, Kasko und Aufbauten mit allen Stahlarbeiten und Verglasungen. In der zur selben Gruppe gehörenden Werft in Gendt in den Niederlanden wurde dann die komplette Inneneinrichtung und elektrische Verkabelung installiert sowie die Kabinen und Küchengeräte eingebaut. Auch die Maschinenanlage wurde hier eingesetzt. Neben sechs Dieselgeneratorsätzen stehen für den Antrieb vier Scania-Diesel mit je 750 PS zur Verfügung, deren Leistung durch vier Visedo PM-Elektromotoren auf 1.100 PS erweitert werden kann. »Damit haben wir ein Hybrid-Modell. Wir können theoretisch sogar nur allein mit dem Elektromotor fahren. Und die Dieselmotoren erfüllen die Abgasnorm«, sagt Koert Kamphuisen, Konstrukteur des Schiffes und Chef der niederländischen Kamphuisen-Gruppe.
Auch A-Rosa baut größeres Schiff
A-Rosa bringt 2021 ebenfalls ein Schiff auf den Markt, das mit 17,70m breiter ist als die heutigen Einheiten. Gefertigt wird es von der niederländischen Concordia Damen Werft. Mit dem Rhein-Neubau, der über vier Decks verfügt, soll das Erlebnis für Familien an Bord noch weiter optimiert werden. Nach Reedereiangaben gehören Familienkabinen für bis zu fünf Personen zur Ausstattung. Sämtliche Unterkünfte verfügen über Balkone. Ein separater Kinderpool sowie ein eigener Restaurantbereich für die Kleinen sind ebenfalls Bestandteil des sogenannten E-Motion-Schiffes. Darüber hinaus gibt es eine eigene Family Area mit einem stationären Kids Club.
Durch die von der Werft patentierte Luftblasentechnik soll der Dieselverbrauch maßgeblich gesenkt werden. Lutter rechnet mit Einsparungen von etwa 8% allein durch dieses System. Zudem schaltet das Schiff bei Anfahrt auf die Städte vom diesel-elektrischen Antrieb auf Batteriebetrieb um und läuft diese somit emmisionsfrei und nahezu geräuschlos an.
»Dank dieser neuen Technologie werden wir in Zukunft der Lieblingsgast in den von uns besuchten Städten sein«, sagt A-Rosa-Chef Eichler.
Thomas Wägener