Durch den Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der Europäische Union wird es zu deutlichen Veränderungen im Warenverkehr zwischen beiden Regionen kommen. Der Antwerpener Hafen rechnet mit einer Verkehrsverlagerung vom Fährverkehr auf den Containertransport im Shortseaverkehr.
Waren, die über Fährhäfen in die EU ein- oder ausgeführt würden, würden nach dem Brexit mit mehr Kontrollen und Bürokratie konfrontiert sein. Brexit bedeute mehr Kontrollen von Personen, Waren und Dokumenten, was zu höheren Kosten, Staus und längeren Laufzeiten im Fährverkehr führe, so der Hafen Antwerpen. Er geht jedoch davon aus, dass begleitete Lkw-Transporte zunehmend durch Shortsea-Containertransporte ersetzt werden, die für unbegleitete Güter konzipiert sind und die per Kran für nicht-ozeanische Überfahrten beladen werden.
Daher will der Hafen Antwerpen die Shortseaverbindungen mit Großbritannien weiter ausbauen, »um damit zumindest einen Teilbeitrag zur Lösung der Probleme des Brexits zu leisten.«
Der neu ernannte britische Botschafter in Belgien Martin Shearman hat den größten belgischen Seehafen kürzlich besucht. Ihm wurde aufgezeigt, dass Antwerpen nach dem Brexit »mehr denn je das wichtigste Tor für den Handel zwischen Europa und dem Vereinigten Königreich sein wird«, so der Hafen Antwerpen. »Gute Freunde und Handelspartner sprechen auch in schwierigen und unsicheren Zeiten weiter miteinander«, so Jacques Vandermeiren, CEO des Hafens Antwerpen, bei seinem Treffen mit dem Botschafter.
Mit fast 17 Mio. t Fracht war das Vereinigte Königreich 2018 der zweitgrößte Handelspartner des Hafens Antwerpen. Die wichtigsten Warenkategorien sind Chemikalien, Erdölprodukte und schnelldrehende Konsumgüter wie Lebensmittel, Körperpflegeprodukte und Kosmetika. Bestehende und neue Kurzstreckendienste zwischen Antwerpen und den Britischen Inseln würden im Vorfeld des Brexits und nach dem 31. Oktober 2019 an Bedeutung gewinnen und auf den bestehenden Verbindungen mit neun britischen und irischen Häfen aufbauen, prognostizieren die Belgier.
Antwerpen bereitet sich auf den Brexit vor
Bereits kurz nach dem britischen Brexit-Referendum im Jahr 2016 hat die Arbeitsgruppe »Brexperts« des Antwerpener Hafens in Zusammenarbeit mit verschiedenen Stakeholdern nach Wegen gesucht, um negative Folgen für den Hafen abzumildern. In der Arbeitsgruppe sind der belgische Zoll, die belgische Behörde für Lebensmittelsicherheit und die wichtigsten Vertreter der Hafengemeinschaft und der Wirtschaft vertreten.
»Der Brexit schafft nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen für den Handel zwischen Großbritannien und Irland auf der einen Seite und dem europäischen Kontinent auf der anderen Seite. Mehr Shortsealösungen in der Logistikkette bedeuten nicht nur mehr Zuverlässigkeit, sondern auch weniger Abhängigkeit von Lkw für den Transport auf der letzten Meile sowie niedrigere Kosten und CO2-Emissionen«, erklärt Justin Atkin, Vertreter des Hafens Antwerpen in Großbritannien und Irland.
Auch die Zollbehörden bereiten sich auf den Austieg Großbritanniens aus der EU vor: »Wir haben bereits 386 zusätzliche Vollzeitkräfte eingestellt, um einen reibungslosen Übergang nach dem Brexit zu gewährleisten. Mit 930.000 weiteren Einfuhrdeklarationen und zusätzlichen 4,5 Mio. Ausfuhrdeklarationen ist die Herausforderung enorm«, erklärt Kristian Vanderwaeren, Generaldirektor der belgischen Zollbehörde.