Mit kräftigen Signalen aus Schiffshörnern wurde vor fast zwei Jahren ein Problem der Binnenschiffer in die Diskussion gezogen: Der Mangel an Liegeplätzen entlang der Wasserstraßen – an vielen Stellen herrscht große Not
Den Anfang nahm die noch immer andauernde Diskussion um unzureichende Liegeplätze in Köln. Aus Gründen der Sicherheit, so hieß es damals, waren Anlegemöglichkeiten im Bereich des Rheinauhafens unbrauchbar gemacht. Bald aber zeigte sich, dass mangelnde und mangelhafte Liegeplätze für Binnenschiffe kein reines Kölner Problem waren. Insbesondere entlang des Rheins sprechen Insider von großen Problemen.
Nach Köln, wo es ob der Aktion der (Häfen und Güterverkehr Köln AG) HGK und dem darauf folgenden Hupkonzert von Binnenschiffern ein kräftiges Medieninteresse gab, flammte vor Monaten auch in Mainz die Diskussion um Liegeplätze auf. Eine Bürgerinitiative widersetzt sich Plänen, im Bereich südlich des alten Zollhafens den Ersatz für entfallene Anlegemöglichkeiten zu schaffen. Der Ausgang des derzeit laufenden Planfeststellungsverfahrens ist offen, der Protest der Anwohner hält an, die Binnenschiffer wollen von den Plänen nicht ablassen.
Großer Liegeplatzbedarf am Rhein
Ein umfassenderer Blick auf das Thema Liegeplätze bestätigt, es ist tatsächlich kein Kölner oder Mainzer Problem. Vor allem entlang des Rheins gibt es großen Bedarf an Anlegemöglichkeiten für die Berufsschifffahrt. Entlang der Kanäle, so erklärt die Europäische Vereinigung der Binnenschiffer (EVDB), seien eigentlich überall Liegestellen vorhanden, ebenso am Neckar, wo an den Schleusen Liegestellen verfügbar seien. Auch Main und Donau seien mit fast ausreichend Liegemöglichkeiten ausgestattet. Das Angebot entlang des Rheins aber sei äußerst lückenhaft. Das bestätigt auch der Bundesverband der deutschen Binnenschifffahrt (BDB): »Absolut unzureichend. Fehlende Liegeplätze wurden vom BDB bereits vor vielen Jahren bei der Erarbeitung des Masterplans Güterverkehr und Logistik reklamiert. Geändert hat sich wenig bis nichts. Die Situation hat sich eher noch verschlimmert, Stichworte Köln und Mainz«, beschreibt BDB-Geschäftsführer Jens Schwanen.
Die Gründe für den Mangel sind vielfältig: Mancherorts sind Liegestellen entfallen, weil schlicht kein Bedarf mehr vorhanden war, an anderen Plätzen wurden Angebote wegen geänderter Nutzungen beseitigt. Das Stichwort »Wohnen am Wasser« kennzeichnet die Verdrängung von Umschlag- und Liegeplätzen durch neu entstehende Bebauung.
Der für das Thema Liegeplätze zuständigen Behörde, der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) sind die Probleme mit unzureichenden Anlegemöglichkeiten bekannt. »Entlang des Rheins werden neue Liegestellen gebraucht, damit Schiffer den modernen Betriebsformen und der Lebensweise entsprechend in regelmäßigen Abständen die Möglichkeit haben, Landverbindung herzustellen. Des Weiteren werden Liegestellen benötigt, um die vorgeschriebene Ruhezeiten einzuhalten«, beschreibt GDWS-Pressesprecherin Claudia Thoma den Erkenntnisstand der Behörde, der inzwischen in einem Konzept dargestellt wurde.
BDB fordert stadtnahe Liegestellen
Der BDB sieht das ähnlich. Schwanen: »Es gibt de facto zwischen deutsch-niederländischer Grenze und Oberrhein keine ausreichende Zahl an Liegestellen, damit Binnenschiffer ihre ‚Lenk- und Ruhezeiten’, die es ja auch in der Schifffahrt gibt, einhalten können. Es fehlt zudem an einer Übersicht zu den Ausstattungsmerkmalen der Liegeplätze. Deshalb die Forderung des BDB im Masterplan, ein regelrechtes Kataster hierzu anzulegen. Welche Flächen z.B. längs des Rheins, für solche Liegestellen seitens des Bundes angeboten werden können, ist hier nicht bekannt.« Für die Schifffahrt, so der BDB, sei eine flächendeckende Verfügbarkeit längs der Flüsse und Kanäle nötig, mit Liegestellen möglichst in Stadtnähe für tägliche Besorgungen. Wichtig seien eine leichte Erreichbarkeit schiff- und landseitig, Autoabsetzplätze, Müllentsorgungsmöglichkeit, ausreichende Anzahl an Landstromanlagen, zukünftig auch ein 5G-Standard.
Auch wegen geänderter Rahmenbedingungen beispielsweise durch größere Schiffe stehen derzeit nicht mehr ausreichend Liegeplätze zur Verfügung. Zwischen Emmerich und Basel zeigt sich, dass in den letzten Jahren an zahlreichen Stellen Liegeplätze entfallen sind. Koblenz, Ehrenbreitstein, Lahnstein, Schierstein, Oberwinter, Wiesbaden Mainz und Nierstein sind die Kumulationspunkte für den Schwund an Angeboten. Auch in Ludwigshafen, Mannheim, Speyer und Breisach markieren rote Punkte die Karte der entfallenen Anleger.
Etliche Liegestellen entsprechen bezüglich der Abmessungen, Wassertiefen und Festmacheinrichtungen nicht mehr den Anforderungen der modernen Binnenschiffe. Thoma dazu: »Diese vorhandenen Liegemöglichkeiten sind den heutigen Anforderungen anzupassen.« Speziell für den Rhein bestätigt sie: »Am Rhein sind Umbau/Ertüchtigungen weiterer Liegestellen geplant. Diese würden nach den Ausbaugrundsätzen als Dalben-Liegestellen geplant und gebaut, wie es bei der im Dezember 2018 in Betrieb genommenen Liegestelle Bingen, Rhein-km 526,180 bis 526,850, linkes Ufer der Fall war.«
Für den Rheinabschnitt zwischen Köln und Basel wurde der Bedarf für 16 Liegestellen ermittelt. Zusätzlich werden Liegestellen in Köln vom dortigen WSA geplant. Während die Liegestellen in Koblenz-Wallersheim, in Sondernheim und in Iffezheim als bereits fertig gestellt markiert sind, befinden sich die Angebote vom Hafen Brohl als nördlichste Destination bis Gimbsheim/Guntersblum noch am Beginn der Planungsphase. »In Bearbeitung« sind Liegeplätze unter anderem in Mainz und Mannheim.
Planungen für neue Angebote an Liegestellen stoßen nicht selten auf Widerstand vor Ort. Markantes Beispiel dafür ist Mainz. Nach dem Wegfall der Liegestellen am dortigen Zollhafen plante die Wasserstraßenverwaltung einige Meter flussaufwärts neue Anleger mit einem Autoabsetzplatz. Was der Berufsschifffahrt als adäquater Ersatz in gebotener Qualität zugesagt war, entpuppte sich in der örtlichen Stimmungslage als maximales Desaster. Ständig liefen die Motoren an Bord, emittierten sozusagen rund um die Uhr giftige Schadstoffe und Lärm, permanentes Hantieren mit Autos von Bord an Land und zurück würde weitere Belastungen mit sich bringen, ließen Anwohner verbreiten. Die Streitereien gingen bis ins Rathaus, eine sachliche Ebene für Diskussionen war nicht mehr gegeben. Hupkonzerte von Schiffen in Höhe der inzwischen errichteten Neubauten, zu denen EVDB-Mitglieder aufgerufen hatten, fachten den Unmut an Land weiter an.
Zum aktuellen Stand der Dinge schreibt die GDWS: »Für die Liegestelle Mainz – Zollhafen, Rhein-km 499,400 bis 500,100, linkes Ufer läuft aktuell das Planfeststellungsverfahren.« Eine zeitliche Perspektive, wann Schiffe wieder in Mainz anlegen können, sei unklar.
Für den EVDB wie für den BDB ist das Angebot in Mainz unverzichtbar: »Das Thema in Mainz wurde auch kürzlich bilateral mit GDWS-Präsident Hans-Heinrich Witte diskutiert. Der BDB vertritt vorbehaltlos die Auffassung, dass die Binnenschifffahrt die notwendigen Liegeplätze zur Verfügung gestellt bekommen muss. Es ist Aufgabe der Verwaltung, die hierfür erforderlichen Verfahrensschritte, z.B. hinsichtlich der Planfeststellungsverfahren und der dort einzuhaltenden Formen und Fristen, einzuleiten und durchzuführen«, sagt Schwanen.
Selbst der jüngst veröffentlichte Masterplan Binnenschifffahrt erkennt das Problem, bezieht dies aber »nur« auf Häfen. »Die Binnenschifffahrt hat zudem ein großes Interesse an einer bedarfsgerechten Ausstattung von Liegeplätzen in Häfen. Liegeplätze für Binnenschiffe sind notwendig, um die Ruhezeiten einzuhalten, den erforderlichen Besatzungswechsel zu vollziehen und um Wartezeiten in Zusammenhang mit Be- und Entladeterminen zu überbrücken. Ein Wegfall bzw. Fehlen von Liegestellen kann diese Abläufe erheblich stören«, heißt es im Masterplan.
Flusskreuzer ebenfalls betroffen
Probleme mit fehlenden und unzureichenden Liegestellen hat auch die »weiße« Schifffahrt. Mehr noch als die Güter transportierenden Kollegen sind die Flusskreuzer auf Anlegemöglichkeiten in der Nähe von attraktiven Touristenzielen angewiesen. Die Charakteristik der Nutzung durch die Personenschifffahrt ist zudem eine andere. Nächtliches Verbleiben am Anleger findet jedenfalls selten statt. Dafür sind die Anforderungen an die Erreichbarkeit der Anleger andere. Sicheres Ein- und Ausschiffen der Gäste, die Erreichbarkeit für Busse beispielsweise sowie die Versorgung mit Landstrom erfolgt nach anderen Kriterien.
Zudem hat die Personenschifffahrt mit noch immer wachsenden Angeboten zu tun. Das Wachstum der Branche mit immer mehr Schiffen in großen Abmessungen während der letzten fünf Jahre war signifikant – ist aber noch nicht beendet. Fred Schoffel, der mit seiner Firma Riverdock für viele Anbieter von Flusskreuzfahrten Liegestellen betreut und entwickelt, geht von einem anhaltenden Wachstum aus, zumindest noch für die kommenden zehn Jahre. »Das macht natürlich auch für uns weitere Liegestellen nötig«, bestätigt Schoffel, der unsere Anfrage auch für die IG Rivercruise beantwortet. Hinzu käme, dass die Schiffslängen sich bei 135m eingependelt hätten. Damit seien vorhandene Liegeplätze von der Größe und vom Gewicht her überlastet. Da müsse nachgerüstet werden.
Daran arbeiten teils die Anbieter direkt, teils geschieht dies auch über entsprechende Partner oder Tochterunternehmen. So hat die RSR Shipping Company, die unter anderem für Scylla Liegeplätze entwickelt, am Main mit dem Standort Volkach seit dieser Saison den Großraum Würzburg im Visier, vom Anleger in Forchheim aus, der in diesem Sommer eröffnet wird, ist Bamberg gut erreichbar. Straubing ist ein guter Ausgangspunkt für die Erkundung von Passau und Regensburg. Am Rhein arbeitet RSR an einer neuen Anlegestelle in Oestrich-Winkel.
Bis zu 30 neue Liegestellen nötig
Dass es immer wieder Engpässe bei der Akzeptanz neuer Anleger gibt, weiß Schoffel. »Wo sie am dringendsten gebraucht werden, funktioniert es nicht.« Mal gebe es flussbauliche oder technische Hindernisse, manchmal auch offenen Protest. »Das macht das Thema schwieriger«, beschreibt er seine Erfahrungen. Dabei seien nicht nur an den Brennpunkten der touristischen Attraktionen neue Liegeplätze nötig. Schoffel spricht von 20 bis 30 neuen Anlegemöglichkeiten entlang des Rheins. Im südlichen Abschnitt, im Großraum Breisach, habe es 2015 erste Anläufe gegeben, die aber nicht abgeschlossen seien.
Weiteren Bedarf an Liegestellen machte Schoffel auch für die Standorte Baden-Baden, Worms und Rüdesheim aus. In Koblenz habe sich die Situation entspannt. Weitere Anleger stünden auch in Köln und Amsterdam auf der Wunschliste, ebenso in Basel. »Da muss aber erst wohl ein kleines Wunder passieren, damit da was passiert«, begrenzt Schoffel seine Hoffnung auf schnelle Lösungen.
Zwar könne man auch auf Punkte abseits der Touristenziele setzen, die müssten aber noch logistisch tragbar sein, meint Schoffel. Hilfreich wären an einigen Stellen auch Erlaubnisse, vor oder hinter Schleusen festmachen zu dürfen. Das treffe aber oft auf Probleme seitens der Wasserstraßenverwaltung, auch wenn die notwendigen baulichen Veränderungen von privater Seite bezahlt würden. Haftungsfragen seien dabei schwierig zu lösen, teils sei dort aber auch die landseitige Erreichbarkeit eingeschränkt.
Ein Konzept für neue Liegeplätze entlang des Rheins gebe es nicht, so Schoffel. »Das wäre auch schon wieder überholt, wenn es fertig wäre«, mutmaßt der Planer, der zur Lösung von Problemen auch auf temporäre Möglichkeiten zielt. »Vor Köln ausschiffen, hinter Köln wieder einschiffen«, sei beispielweise eine Möglichkeit, die Steiger nur kurzzeitig nutzen zu müssen. So könne man sich auch eine Nutzungsteilung mit Anlegern der schwarzen Schifffahrt vorstellen.
Zudem sei die Branche auf der Suche nach neuen Angebotsprodukten, weg von den »Rennstrecken«, wie Schoffel es nannte. Das könne neue Standorte interessant machen.
Die häufig anzutreffende Diskussion über Touristenschwemmen durch Flusskreuzer führte Schoffel auf eine »verzerrte Wahrnehmung« zurück. Als Beispiel nannte er Bamberg. Dort würden jährlich rund 4Mio. Touristen die Stadt besuchen, davon kämen 200.000 Gäste mit einem Flusskreuzer. »Das sind gerade mal 5%«, so Schoffel. Zudem werde die entstehende Wertschöpfung verkannt. Während Radtouristen im Schnitt zwischen 25 und 27€ pro Gast und Tag in den Städten ließen, seien es bei Flusskreuzfahrern oft 35 bis 40€, »ohne Essen«, so Schoffel weiter. Die oft internationale Kundschaft sei in der Regel »gut betucht«, so seine Einschätzung. Die Rheingalerie in Ludwigshafen beispielsweise ziehe so viele Kunden von den Flusskreuzern, dass sich die Ladenbetreiber weitere Anlegemöglichkeiten wünschten.
Langwierige Genehmigungen
Neben den Widerständen vor Ort träfe man immer mehr auch auf Schwierigkeiten in den oft lang dauernden Genehmigungsverfahren. Naturschutz und Fischerei seien immer häufiger entgegenstehende Interessenten. Zwar sei die Wasserstraßenverwaltung an guten Lösungen »schon interessiert, ein wenig mehr Unterstützung wäre aber schön, insbesondere gegenüber der schwarzen Schifffahrt«, formuliert Schoffel vorsichtig einen Wunsch. Das gelte auch für die Umwidmung von Liegestellen, die nicht mehr genutzt würden.
Selbstkritisch blickte Schoffel nach Passau. »Alle wollen am Wochenende ein- und ausschiffen. Wenn man das auf die ganze Woche strecken würde, wäre schnell eine deutliche Entspannung machbar. Da ist noch Luft nach oben, die zudem wenig kostet«, mutmaßt der Riverdock-Chef.
Bedarf an Landstromanschlüssen
Luft nach oben gibt es auch bei den Landanschlüssen. Schoffel bestätigt, das sei »schon ein Thema.« Allerdings sei nicht an jeder Liegestelle Strom nötig und möglich. Für die Flusskreuzfahrt definiert der Liegeplatz-Experte einen anderen Versorgungsbedarf als für die schwarze Schifffahrt. »Wir benötigen schon einen Zugang zum Mittelspannungsangebot vor Ort. Wo Menschen wohnen, die sich laufende Generatoren belästigt fühlen, planen wir Landstrom ein«, sagt er. Als Quasi-Standard habe sich das aus der Veranstaltungstechnik bekannte System »Powerlock« ergeben. Das könne den in der Flusskreuzfahrt nötigen höheren Bedarf abdecken, für die schwarze Schifffahrt sei das eher überdimensioniert. Das Powerlock-System habe zudem den Vorteil, dass es eine automatische lastabhängige Abschaltung habe, es also nicht zu einer Netzüberlastung kommen könne. Die von der übrigen Schifffahrt verwendeten DIN-Anschlüsse könnten schwächer ausgelegt werden.
Landstromanschlüsse stehen auch bei anderen Stegversorgern im Fokus. »Bis zum Ende dieses Jahres werden verschiedene unserer Docking-Plätze mit Landstromanschlüssen für die Schiffe versorgt«, heißt es bei zum Beispiel bei RSR-Docking.
Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) betreibt für die gewerbliche Schifffahrt aktuell bundesweit 80 Liegestellen mit 280 Entnahmesäulen und insgesamt 650 Anschlüssen. »Elektrische Landanschlüsse ermöglichen der Schifffahrt, während der vorgeschriebenen Ruhe- und Wartezeiten an den Liegestellen, auf einen dieselbetriebenen Generator zu verzichten und sich stattdessen an das Stromnetz anzuschließen. Dadurch können Schadstoffemissionen vermindert und Lärm vermieden werden«, heißt es seitens der WSV.
Die landseitige Stromversorgung der Schiffe ist aus ökologischer Sicht eine sinnvolle Alternative, stellt sich aber in der Regel als unwirtschaftlich dar. Dies ist unter anderem bei der netzgebundenen Stromversorgung durch Aufschläge nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz und durch Umlagen nach dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien bedingt. Über den Wegfall dieser Aufschläge für verpflichtenden Landstrom wird gelegentlich diskutiert, eine Lösung ist derzeit nicht erkennbar.
Das bestehende Stromtankstellennetz im deutschen Wasserstraßennetz werde, so die WSV, kontinuierlich ausgebaut und durch moderne bedienungsfreundliche und leistungsfähige Entnahmestellen sowie ein modernes Bezahlsystem ersetzt. Damit leiste die WSV einen wichtigen Beitrag zur Reduktion von Kohlendioxyd und Lärmemissionen in der Binnenschifffahrt, begründet Thoma die Ausbaupläne, die ebenfalls im Masterplan angesprochen sind. »Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) wird sich im Dialog mit den Ländern für eine bedarfsgerechte Verfügbarkeit von Landstromanlagen an den Liegestellen für Binnenschiffe einsetzen und das Einrichten eines Landstromkatasters vorschlagen«, lautet die Passage dort.
Pilotprojekt in Riesenbeck
In der Praxis heißt das derzeit: »Der Modernisierung geht ein Pilotprojekt im westdeutschen Kanalnetz (Wesel-Datteln-Kanal/Dortmund-Ems-Kanal/ Rhein-Herne-Kanal/ Datteln-Hamm-Kanal) voraus. An nahezu allen Liegestellen an den Kanälen werden 120 neue Entnahmesäulen mit standardisierten Anschlüssen und bargeldlosen Abrechnungsmöglichkeiten installiert (Smartphone App/ kontaktloses Kartensystem). Ziel des Pilotprojektes ist es, einen Standard zu entwickeln, der dann bundesweit für Liegestellen (Ersatz- und Neubauten) gilt. Zuerst wird eine Probeliegestelle im Raum Riesenbeck am Dortmund-Ems-Kanal ausgestattet. Derzeit gibt es an den Kanälen in NRW 20 Liegestellen mit 62 Entnahmesäulen.
Erst jüngst wurde die der Landstromversorgung zugrunde liegende Norm »Fahrzeuge der Binnenschifffahrt – Elektrischer Landanschluss« (DIN EN 15869) überarbeitet. Wie die Berufsgenossenschaft Verkehr (BG Verkehr) mitteilte, wurden in der Norm verschiedene Inhalte geändert. So wurde die maximale Betriebsstromstärke auf 125 Ampere erhöht, der Anwendungsbereich erweitert und präzisiert. Definitionen und Begriffe wurden an die EN 16840 (Elektrischer Landanschluss, Drehstrom 400 V, 50 Hz, mindestens 250 A) angepasst. Auch wurde die Bezahlmöglichkeit über eine App oder Webseite in den Anhang aufgenommen.
Parallel zum Bedarf an Liegeplätzen direkt entlang der Wasserstraßen besteht an den stärker belasteten Fahrstrecken der Binnenschiffe auch Bedarf an Ruhehäfen oder sogenannten Übernachtungshäfen. In konkreter Planung befindet sich zwei neue Angebote: »Am Niederrhein sind zwei Ruhehäfen in Niedermörmter bei Rhein-km 838,0 und Ossenberg bei Rhein-km 807,3 geplant«, bestätigt Thoma für die GDWS. Für den Ruhehafen Ossenberg sei das Regionalplan-Änderungsverfahren durchgeführt worden, derzeit sei das Planfeststellungsverfahren in Vorbereitung.
Hermann Garrelmann