Der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) hat die wegen eines akuten Personalmangels verhängte Sperrung der Schleuse Geesthacht massiv kritisiert
Mitte August hatte die Wasserstraßenverwaltung (WSV) für die an der Elbe südlich von Hamburg gelegene Schleuse Geesthacht an zwei Tagen eine Sperrung von jeweils acht Stunden zwischen 13:00 und 21:00 Uhr verhängt. Grund: Personalmangel »aufgrund von Krankheit und Urlaub des verfügbaren Betriebsdienstpersonals«. Außerdem müssten die Arbeitszeit- und Ruhezeitregelungen eingehalten werden. Daher könne eine Schicht nicht besetzt werden.
Diese Sperrung komme für die Binnenschifffahrt zur absoluten Unzeit, monierte der BDB. Gerade erst sei das Schiffshebewerk Lüneburg bei Scharnebeck nach einem Schaden am Elb-Stauwehr für mehrere Tage außer Betrieb genommen worden. Der Hafen Hamburg und weite Teile des Nordens seien dadurch vom Binnenschiffverkehr abgeschnitten gewesen. Bis zu 90 Frachter mussten im Elbe-Seitenkanal warten – hohe Verdienstausfälle waren die Folge. Ein liegendes Schiff habe je nach Tonnage und Schiffstyp Verdienstausfälle zwischen 1.000 und 3.000€ pro Tag, so der BDB.
Am Stauwehr Geesthacht war ein Damm unterspült worden. Das Wehr musste daraufhin geöffnet werden, um den Druck von dem schadhaften Damm zu nehmen. Somit strömten Wassermassen ungebremst Richtung Nordsee. Dadurch verringerte sich der Wasserstand im Elbe-Seitenkanal. Innerhalb weniger Stunden war der Pegel unter 4m gesenkt worden, die Marke, die nötig ist, um das Schiffshebewerk Lüneburg bei Scharnebeck betreiben zu können.
Eigentlich soll durch das Wehr der Pegel so gehalten werden, dass Schiffe bis in den Elbe-Seitenkanal und in den Elbe-Lübeck-Kanal 15km stromaufwärts gelangen. Weil sich der Wasserstand aber derart drastisch und schnell verringerte, ruhte auch in Scharnebeck der Schiffsverkehr.
Hebewerk tagelang außer Betrieb
Es dauerte knapp eine Woche, bis der Wasserspiegel durch Aufstauung wieder auf die nötige Höhe gebracht werden konnte, sodass das Schiffshebewerk wieder den Betrieb aufnehmen konnte. Bis sich der entstandene Schiffstau in Scharnebeck aufgelöst hatte, vergingen weitere zwei Tage. Pro Tag konnten etwa 36 Schiffen bedient werden.
Nach Angaben des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Lauenburg, das federführend für die Schadensaufnahme und -beseitigung in Geesthacht zuständig war, wurden dort rund 4.600t erosionsstabiles Material verbaut.
Nach Ansicht des BDB ist es unabdingbar, dass die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (DWS) tragfähige »Notfallkonzepte« entwickelt, um die Bedienung der Anlagen und damit die Schiffbarkeit der Flüsse und Kanäle auch in akuten Personalsituationen in den einzelnen Amtsbereichen aufrechtzuerhalten.
In einem »Brandbrief« an den Präsidenten der GDWS, Hans-Heinrich Witte, nennt es der Verband »absolut unzumutbar«, wenn zusätzlich zu den zahlreichen technisch bedingten Schleusensperrungen infolge der maroden Infrastruktur nun auch noch personalbedingte Außerbetriebnahmen hinzukommen.
»Es ist die Aufgabe der GDWS, gemeinsam mit dem Bundesverkehrsministerium dafür Sorge zu tragen, dass die Schleusen im Rahmen ihrer Betriebszeiten bedient werden können«, heißt es beim BDB. Anders seien Planbarkeit und Verlässlichkeit des Schiffsverkehrs nicht gewährleistet.
Noch 1,5 Jahre lang nur ein Trog
Nur wenige Tage nach der Sperrung in Scharnebeck wurde bekannt, dass die Ertüchtigung des dortigen Westtrogs länger dauert als erwartet. Der Schifffahrt steht er voraussichtlich erst Ende März 2021 wieder zur Verfügung.
Im Mai 2018 haben die Arbeiten am Westtrog des Bauwerks begonnen, seither kann er von der Schifffahrt nicht genutzt werden.
Wie das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Uelzen nun mitteilt, kann der ursprüngliche Zeitplan, den Trog im Juni 2020 wieder in Betrieb zu nehmen, nicht gehalten werden. Grund sind Betonschäden an den Hebewerkstürmen des Westrogs, deren Umfang erheblich höher sei als zunächst angenommen.
»Das tatsächliche Ausmaß der Betonschädigung tritt erst zu Tage, wenn man die Strahlarbeiten zum Betonabtrag durchführt«, erläutert Martin Köther, Leiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Uelzen (WSA). Aktuell geht er davon aus, dass der Westtrog voraussichtlich erst Ende März 2021 wieder der Schifffahrt zur Verfügung steht.
Der Verkehr fließt bis dahin weiterhin über den Osttrog des Schiffshebewerks. »Gut, dass wir den gesamten Seiltrieb des Osttroges bereits saniert haben und damit ein stabiler Betrieb für die Schifffahrt gewährleistet werden kann«, zeigt sich der WSA-Leiter in Uelzen erleichtert.