Unter dem Titel »Kann der Güterverkehr die Klimaziele erreichen?« trafen sich mehr als 100 Experten bei der Jahrestagung der öffentlichen Binnenhäfen im Berliner Osthafen. Die trimodalen Logistikzentren stehen im Fokus und wollen ihren Beitrag leisten
Die Bundesregierung hat dem Erreichen der Klimaziele von Paris höchste Priorität eingeräumt. Der Weg dahin ist für den Verkehrsbereich jedoch höchst strittig. Eine der größten Herausforderungen liegt in den CO2-Einsparungen im Verkehrswesen – und damit beim Güterverkehr, der seit vielen Jahren wächst und bis heute eine starke Abhängigkeit von Verbrennungsmotoren zeigt.
Joachim Zimmermann, Präsident des Bundesverbandes Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB) verwies in seiner Rede darauf, dass das Güterverkehrswachstum der vergangenen Jahre die beachtlichen Einsparungen im Energieverbrauch und bei den CO2-Emissionen überkompensiert habe. »Dennoch dürfen wir nun nicht mit einem Tunnelblick allein den Verkehrssektor zum Klimaretter bestimmen.« Gebraucht werde eine ganzheitliche Betrachtung: »In Anbetracht der Einbindung der deutschen Wirtschaft in internationale Produktionssysteme war und ist Deutschland auf eine leistungsfähige Logistik angewiesen.«
Obwohl die Binnenschifffahrt der umweltschonendste Verkehrsträger ist, muss auch dieser versuchen, schadstofffreier zu transportieren. Alternative Kraftstoffe wie LNG und GTL zu tanken, reduziere in älteren Antriebsmaschinen den CO2-Ausstoß erheblich. Auch in der Binnenschifffahrt müsse die Elektromobilität einziehen und gefördert werden. Einige gute Beispiele gibt es durchaus, wenn auch bislang eher noch selten in der Güterschifffahrt.
Trotz allen Bemühungen, Gütertransporte auf das Wasser zu verlagern, seien die CO2-Emissionen kaum reduziert worden, sagte Prof. Alexander Eisenkopf von der Zeppelin-Universität Friedrichshafen als Gastredner. Er mahnte einen neuen Weg an. Letztlich müsse es der Markt richten, allerdings müsse der Staat dafür den Ordnungsrahmen vorgeben.
Der Präsident des Europäischen Binnenhafenverbandes, Friedrich Lehr, mahnte das Ende von »Placebo«-Maßnahmen an. Investitionen in multimodale Knoten wie Häfen und das Hinterfragen der aktuellen Antriebstechnologien müssten Realität werden. Es gehe nicht nur um Investitionen vor Ort, sondern national-staatliche Interessen müssten sich in eine europäische Entwicklung der Verkehrskorridore einordnen. »Je länger wir warten, umso härter muss später gehandelt werden«, so Lehr. Dies sei dann mit entsprechenden Folgen für die Wirtschaft verbunden.
Ralf Fücks vom Zentrum »Liberale Moderne« mahnte eine Neuausrichtung an. Fücks sieht in der aktuellen Bewegung »Friday for Future« eine ernstzunehmende Kraft, die eine Dynamik in die gesellschaftliche und politische Entwicklung bringen könne. Für Fücks ist Klimaschutz nur dann erfolgreich, wenn er auch wirtschaftlich erfolgreich ist. Gerade die Binnenschifffahrt sei gefragt, wenn es darum gehe, die Folgen des Klimawandels einzudämmen. Dieser zeige sich, etwa beim beim Niedrigwasser, in diesem Sektor am offensichtlichsten.
»Die Binnenhäfen sind bereit, sich den Aufgaben des Klimaschutzes zu stellen und diesen mit Engagement zu verwirklichen«, sagte Zimmermann in seinem Schlusswort. »Die Politik muss aber auch die Rahmenbedingungen ernsthaft verändern und richtig setzen.«
Der BÖB-Präsident verwies auf die Probleme bei der Realisierung von Hafenentwicklungsprojekten: »Die Genehmigung von Vorhaben dauert viel zu lange und ist häufig mit vielen Auflagen verbunden. So können wir den gewünschten Beitrag zum Klimaschutz nur verspätet oder nur mit Abstrichen leisten.«
Der BÖB-Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr plädierte für eine Förderung von stationären Landstromanlagen in den Häfen. Es wurde auf die Notwendigkeit hingewiesen, nicht nur die übliche Bordstromversorgung, sondern auch die Versorgung batteriebetriebener Schiffe sicherzustellen.
Gegenstand der Diskussion war auch ein Projekt der Wasserstraßenverwaltung, in Nordrhein-Westfalen bis zu 90 Landstromanlagen durch eine niederländische Firma errichten zu lassen. Es sollten die Ergebnisse, bezogen auf die verwendete Technik und das Bezahlsystem, begutachtet und bewertet werden, bevor es einen Roll-Out in den deutschen Binnenhäfen gebe.
Eingeladen war auch die Sprecherin der Parlamentarischen Gruppe Binnenschifffahrt, Claudia Müller (B90/Grüne). Sie stellte ihre Position und die ihrer Fraktionsmitglieder zu Binnenschifffahrt und Binnenhäfen vor und drängte auf Veränderungen in der Binnenschifffahrt. So seien neue umweltfreundliche Antriebe für die Ausrüstung der Flotte angezeigt. Sie sehe aber ein Problem bei der Akzeptanz dieses Verkehrsträgers und betonte die Chancen einer zunehmenden Automatisierung. Den erkennbaren Planungsstau in der Wasserstraßenverwaltung gelte es aber ebenso abzubauen.