Auf der SET-Werft Tangermünde ist ein Schwimmgreifer für das WSA Bremen auf Kiel gelegt worden. Er folgt auf ein Fischereiforschungsschiff für Schleswig-Holstein und ist bereits Bau-Nr. 203 seit 1990
Der künftige Schwimmgreifer wird für das WSA Bremen gebaut und soll in etwa einem Jahr fertig gestellt sein. Der Name steht laut Werftgeschäftsführer Olaf Deter auch schon fest: »Wesergrund«. Zu der traditionellen Zeremonie waren Vertreter der Fachstelle Maschinenwesen Nord aus Rendsburg eingeladen. Von dort stammt der lukrative Auftrag, gleichzeitig stellt die Behörde die Bauaufsicht. »Mit der Fachstelle haben wir bisher sehr gute Erfahrungen gemacht«, sagt Deter. Auch Abgesandte des WSA Bremen und der Klassifikationsgesellschaft DNV GL waren angereist.
Die Ausschreibung für den Schwimmgreifer war bereits 2017 europaweit erfolgt, SET konnte sich am Ende gegen die Konkurrenz durchsetzen und erhielt im Februar vergangenen Jahres den Zuschlag »Wir freuen uns sehr darüber. Das zeigt, wir uns im Bereich Spezialschiffbau einen guten Namen gemacht haben«, sagt Deter.
Intensive Angebotsprüfungen der Fachstelle Maschinenwesen Nord, Bieterklärungsgespräche und technische Abstimmungen waren vorausgegangen. »Dank der Aufgeschlossenheit unseres Auftraggebers gegenüber neuen, zukunftsträchtigen Antriebssystemen wurden direkt im Anschluss an die Vergabe mögliche Innovationen vorgestellt, technisch beleuchtet, diskutiert und geprüft«, berichtet Deter. Ergebnis: An Bord der »Wesergrund« werde ein modernes, diesel-elektrisches Antriebs- und Bordnetzsystem zum Einsatz kommen.
Nach der Auftragsvergabe ging es an die Detailplanung und Konstruktion, bei der das Schiff noch um 2 m wachsen musste, um am Ende den geforderten Tiefgang einzuhalten. Nachdem die Konstruktionsunterlagen sowohl von der Bauaufsicht als auch von der »Klasse« freigegeben wurde, konnte jetzt mit der Kiellegung der Startschuss für den Bau erfolgen.
Deters dankte allen beteiligten Stellen im Namen der Geschäftsführung und Belegschaft der beiden SET-Werften in Tangermünde und Genthin. Dieser anspruchsvolle Auftrag trage dazu bei, die Arbeitsplätze auf beiden Werften und bei den regionalen Kooperationspartnern und Zulieferern zu sichern. »Wir werden alles daran setzen, dem Auftraggeber ein optimal einsetzbares Arbeitsgerät auszuliefern«, versprach der Werftchef, »denn nichts ist für eine Werft wichtiger als ein zufriedener Kunde.«
Modernste Ausrüstung
Deter verwies darauf, dass das künftige Schiff mit zwei drehbaren wie auch höhenverstell- und klappbaren Hauptantrieben, einem Pumpjet, zwei hydraulischen Ankerstelzen sowie einer Vielzahl moderner, technischer Systeme ausgerüstet sei. Damit könne das Hauptwerkzeug, ein moderner und leistungsstarker Raupenbagger von Liebherr, exakt in Position gebracht und gehalten werden. Kappis Nautic liefert nach Angaben von Geschäftsführer Roland Kappis allein sieben Winden – zwei Ankerwinden im Bug, jeweils mit Kettenstopper, eine Ankerseilwinde im Heck sowie vier Verhol-Arbeitswinden – »natürlich alle mit DNV-GL-Zertifikat.«
Dank des modernen Antriebs- und Bordnetzsystem sei ein wirtschaftlicher und emissionsarmer Betrieb des Schiffes gesichert gepaart mit hoher Zuverlässigkeit und einer guten Manövrierbarkeit. Modernste Navigations- und Kommunikationssysteme seien selbstverständlich ebenso an Bord wie alle anderen für den sicheren Schiffsbetrieb erforderlichen Komponenten und Anlagen.
»Seit der Auftragserteilung bis heute wurde von allen Beteiligten schon ein sehr hohes Maß an planerischer Leistung investiert. Mit der heutigen Kiellegung ist nun der Meilenstein erreicht, an dem die Planung greifbare Formen annimmt und der Handwerker endlich sein ganzes Können in die Waagschale werfen kann«, sagt Deter. Die »Wesergrund« soll in etwa einem Jahr an ihren Auftraggeber übergeben werden.
SET in Tangermünde hat darüber hinaus gut zu tun. Je ein kleiner Schlepper lag für Reparaturarbeiten und Konservierung auf der Helling und in der Schiffbauhalle. Im östlichen Hallenschiff wird am Rumpf des künftigen Forschungsschiffes für das Staatliche Fischereiaufsichtsamt Bremerhaven gearbeitet.
Schiffbauhalle zweimal erweitert
Die Tangermünder Schiffswerft wurde in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre grundlegend modernisiert. Sie erhielt eine neue Helling, eine Schiffbauhalle von 90 m x 30 m in zwei je 15 m breiten Hallenschiffen und eine mechanische Verfahranlage zwischen Halle und Helling. Um optimale Vorfertigungsbedingungen für Neubauprojekte und mehr Platz zu schaffen, wurde die Halle 2016/2017 von 90 m auf 120 m Länge erweitert.
Bei Niedrigwasser ist die Slipanlage der Werft, da sie in einem Strömungsübergang vom linken zum rechten Elbufer liegt, von Versandung bedroht, weshalb sich die Schiffswerft jedes Frühjahr von der Wasserbaufirma Hydro-Wacht aus Gerwisch vor der Helling einen Fangdamm mit einem Kranschiff aufbaggern lässt. Mit dem Winterhochwasser wird der Damm durch die stärkere Strömung der Elbe auf natürliche Weise wieder abgetragen.
Am Standort Tangermünde werden seit mehr als 150 Jahren Schiffe gebaut bzw. repariert. Die Schwesterwerft Genthin entstand nach 1950 aus dem damaligen Bauhof des örtlichen Wasser- und Schifffahrtsamtes. Das Unternehmen gehört zur Rönner-Gruppe aus Bremerhaven, der auch Eigner der Roßlauer Schiffswerft ist.
Christian Knoll