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Die Herausforderungen für die Binnenschifffahrt kommen von vielen Seiten. Neben administrativen Vorgaben wie der neuen Motorenrichtlinie spielen auch andere Entwicklungen eine Rolle, die zu neuen Konzepten führen dürften

NRMM, Klimawandel mit Niedrigwasserperioden, Umweltvorgaben für Emissionen aller Art, Digitalisierung und unbemanntes Fahren, das Päckchen der Herausforderungen wächst ständig. Energiewende, weniger Kohletransporte, hohe Erwartungen an die Einbindung in die Logistikketten tun ihr Übriges.

Im vergangenen Jahr am sichtbarsten war die Phase mit Niedrigwasser. Rhein, Elbe und Oder führten so wenig Wasser, dass die Versorgungssicherheit der Industrie gefährdet war. Ergänzt wurden die Einschränkungen noch durch marode Wasserstraßen und den zugehörigen Anlagen wie Schleusen und Brücken.

Reedereien, Verlader und Transporteure mussten in diesem Jahr alle Register ziehen, um einen Versorgungskollaps zu vermeiden. Rasch kamen aus vielen Richtungen Konzepte und Ideen, die darauf abzielten, die Beständigkeit der Binnenschiffs-Logistik aufrecht zu erhalten. Fahrrinnenanpassung war ein schnelles Stichwort, nicht neu, aber dringender als zuvor, ein acht Punkte Plan für Niedrigwasser im Rhein sollte Aktionismus aus dem Ministerium zeigen.

Schon zuvor, über Jahre, war an Projekten gearbeitet worden, die der Forderung nach flachgängigen Binnenschiffen entsprechen sollten. Die Forderung, Schiffe dem Fluss anzupassen und nicht umgekehrt, war Pate bei folgenden Vorhaben gewesen:

• FLAWI – Flachgehendes Binnenschiff. Das Projekt wurde bisher nicht realisiert.

• FUTURA-Carrier – Ein innovatives Binnenschiffskonzept. Vier Motoren sorgen für große Steuerungsfähigkeit. Ein modulares Baukastenprinzip lässt die Anpassung an die jeweiligen Einsatzgebiete zu. Der Tiefgang ist gering.

• INBAT – EU-Projekt zu extrem flachgehenden Schubverbänden

• INBISHIP – Projekt zur Steigerung der Tragfähigkeit von Schiffen durch verbesserte Rumpflinien und Antriebe und leichtere Materialien.

• Move It – Modernisation of Vessels for Inland waterway freight Transport

• River Snake – hierbei handelt es sich um extrem lange Schubverbände, deren bis zu neun Leichter lenkbar verbunden sind und so enge Flusskurven meistern.

Unabhängig von derartigen Projekten haben die Schiffbauer bei nahezu jedem Neubau weiter an der Optimierung gearbeitet. Die Verwendung von leichteren Materialien und konsequente Gewichtseinsparung wie beispielsweise beim Sunrise-Konzept der GSYard und verbesserte Rumpflinien gehören fraglos dazu. Auch neu konzipierte Antriebe mit zwei statt einer Schraube und modifizierte Düsenkonstruktionen verbesserten die Performance: im Umweltbereich und in der Ladekapazität.

Angepasste Schiffskonturen bis hin zu Flachwasserschürzen vom Typ des Flex-Tunnels konnten Erwartungen nach geringerem Tiefgang mit gleichbleibender Abladung bestätigen. Immer wieder wurde an der Optimierung der Anströmung der Schrauben auch bei niedrigem Wasserstand gearbeitet. Die Neuauflage von »historischen« Antrieben wie dem Schaufelrad beim Flusskreuzer »Elbe Princesse« von Croisi Europe bezeugt, dass tatsächlich in alle Richtungen nachgedacht wurde.

Bei der DST in Duisburg ist Joachim Zöllner seit Jahren auf der Suche nach dem optimalen Schiffsheck. Schon vor zehn Jahren schreib Zöllner zu Rheinschifffahrt und Klimawandel: »Die Binnenschifffahrt soll ebenfalls einen Beitrag zur Reduktion von CO2 leisten.« Als einige wichtige Stellschrauben nannte er damals: Propeller, Schiffsgröße, Leichtbau, Motoren und Schiffsform. Im Entscheidungsvieleck zwischen Ladevermögen, Wirtschaftlichkeit, Emissionen, Strömungstechnik, Flusssohle und -sediment und Sicherheit des Schiffsverkehrs haben sich schon seit Jahren viele Experten mehrfach auf Optimierungstour begeben. Der niederländische Ruderspezialist De Waal hat zuletzt ein »Easyflow« benanntes Rudersystem entwickelt, mit dem sich nicht unerhebliche Kraftstoffeinsparungen erzielen lassen sollen. Gleichwohl: Archimedes lässt sich auch nach 2.300 Jahren nicht austricksen.

Die Hoffnung, dass alle bisherigen Versuche zum optimalen Binnenschiff baldmöglichst in einem konzentrierten Vorhaben gebündelt und mit einem umsetzbaren Ergebnis abgeschlossen werden könnten, hat auch der Masterplan der Bundesregierung nicht erfüllt. Die dortige Formulierung liest sich so geschmeidig wie sie gemeint ist: »Das BMVI wird eine wissenschaftliche Untersuchung zur Prüfung des Bedarfs (ggf. auch Neubau und/oder »Alt-für-Neu-Regelung«), der technischen Möglichkeiten und wirtschaftlichen Machbarkeit sowie des nötigen Umfanges einer Förderung für kleinere und für konstruktiv optimierte Binnenschiffe (»flachgehende Schiffe«) in Auftrag geben. Anschließend erfolgt eine Prüfung, inwieweit Förderprogramme des Bundes genutzt bzw. verzahnt werden können.«

Eine zielgerichtete mutige und der Situation angemessene Ansage ist in dieser Formulierung nicht zu erkennen. Das war wohl auch (nicht) die Absicht.


Hermann Garrelmann