Eine gute Auslastung, ein höheres Betriebsergebnis und weiterhin ein starkes internationales Interesse am Logistikstandort kennzeichneten das vergangene Geschäftsjahr der Hafen Wien Gruppe
Es sei ein gutes Jahr gewesen. Die Stadt Wien (der Eigentümer des Hafens) ist zufrieden mit der Performance, wie Kurt Gollowitzer, Geschäftsführer der Wien Holding, bei der Bilanzpräsentation betonte.
Die Gruppe mit ihren drei Hafenteilen Lobau, Albern und Freudenau hat sich in allen Geschäftsbereichen gut behauptet und teilweise sogar besser abgeschnitten als im Jahr zuvor. Mit 62Mio. € Umsatz (+7%) wurde ein Gewinn von beinahe 15Mio. € eingefahren und das Ergebnis von 2017 um gut 1% übertroffen.
Niedrigwasser drückt auf Mengen
Erzielt wurde es mit dem Umschlag, Handling sowie der Lagerung und Logistik von 968.000t Frachtgütern. Im Vergleich zu 2017 war das ein Minus von beinahe 8% – ein Umstand, der dem niedrigen Wasserstand in der zweiten Jahreshälfte 2018 geschuldet ist.
Im Bereich der drei Häfen sind aktuell mehr als 100 Unternehmen angesiedelt, die in Summe rund 5.000 Menschen beschäftigten. Fritz Lehr, kaufmännischer Geschäftsführer des Hafens: »Der Hafen Wien ist ein attraktiver Logistikstandort, und die Nachfrage nach Logistikflächen in Wien ist groß. Davon profitieren wir.«
Der Hafen punktet immer mehr als Betriebsstandort. Die Erträge aus der Vermietung und Verpachtung von Flächen entwickeln sich nach oben: Mit 12,5Mio. € lagen sie im Vorjahr um mehr als 11% über 2017.
Das dritte Mal in Serie hat die Hafen Wien Gruppe 2018 ihr Jahresergebnis gesteigert. Die Wien Holding wird weiterhin in die Infrastruktur investieren, damit der Hafen seine Funktion als trimodale Güterdrehscheibe weiter ausbauen kann, so Gollowitzer.
Um den Hafen der österreichischen Hauptstadt noch schlanker und schlagkräftiger zu machen, hat die Wien Holding die teilweise historisch gewachsenen gesellschaftsrechtlichen Strukturen der Unternehmen in der Hafen Wien Gruppe evaluiert und bereinigt. Rückwirkend zum 1. Januar 2019 wurden die zwei früheren operativen Teilgesellschaften (Wiener Hafen, GmbH &Co. KG, sowie Wiener Hafen und Lager Ausbau-und Vermögensverwaltung, GmbH & Co. KG) in einer neuen Hafen Wien GmbH unter einem Dach zusammengeführt. Das spart nicht nur Kosten in der Verwaltung, beim Unternehmensaufwand und den Unternehmensabläufen, es unterbindet auch Redundanzen und ermöglicht, sämtliche Business-Potenziale gezielter ausschöpfen zu können, ist Gollowitzer überzeugt.
In den vergangenen zehn Jahren haben der Hafen Wien, die Wien Holding, die Stadt Wien und externe Partner über 200Mio.€ in den Hafenausbau investiert. Unter anderem wurde Geld in neue Umschlageinrichtungen, eine neue Straßen-und Schieneninfrastruktur, ein Containerterminal, Landgewinnung, Hochwasserschutz und neue Immobilienprojekte auf dem Areal (wie beispielweise das HQ7) gesteckt. 2018 wurden beinahe 6Mio. € investiert, in diesem Jahr soll die Summe noch höher ausfallen.
»Es ist uns 2018 gelungen, zahlreiche neue Unternehmen anzusiedeln und das HQ7 gut auszulasten«, so Lehr. »Die Eröffnung des Areals HQ7 hat uns gezeigt, dass die Logistik keine Einbahnstraße und in allen Bereichen der Wirtschaft ein wichtiger Faktor ist«, ist der Manager überzeugt.
Die Verwertung im HQ7 ist in vollem Gange, derzeit liegt die Auslastung bei rund 80%. Im Hafen Albern hat ein heimischer Bioprodukte-Hersteller einen zweiten Speicher erworben und ist derzeit dabei, diesen für einen Millionenbetrag zu renovieren und auf den neuesten Stand der Technik aufzurüsten. Albern bekommt zudem (wie es der Hafen Freudenau schon hat) ein Hochwasserschutztor, mit dessen Bau in diesem Jahr begonnen wird. Die Maßnahme kostet 22Mio. €.
WienCont-Geschäft rückläufig
Rückläufig war im Vorjahr das Geschäft beim Terminalbetreiber WienCont: 350.000 Container wurden umgeschlagen, 14% weniger als im Jahr 2017, als 405.000 Boxen abgefertigt worden waren. Der Grund dafür: Rund 30 der vom ÖBB-Güterkonzern Rail Cargo Group abgewickelten Züge wurden im Vorjahr auf den ÖBB-eigenen Terminal Wien-Süd in Inzersdorf umgeroutet, das man als Zeichen des starken Wettbewerbs zwischen dem Terminal Wien-Süd und dem Hafen Wien deuten könnte.
Trotz dieses enormen Drucks sei es Wien-Cont gelungen, zumindest die Hälfte des in das Terminal Wien-Süd verlagerten Volumens zu kompensieren, erklärte Doris Pulker-Rohrhofer, Technische Geschäftsführerin des Hafens Wien. Die jetzigen WienCont-Züge seien besser ausgelastet und man habe das Unternehmen breiter aufgestellt mit dem Fokus auf dem Container-Handel und der Container-Reparatur, aber auch als Depot-Drehscheibe für internationale Reedereien. Es wird dabei das Ziel verfolgt, die gesamte intermodale Wertschöpfungskette abdecken zu können. Dazu gehört auch das professionelle Stauen von Gütern in Containern. Das bedeutet, dass man Fracht für den Überseetransport bereits im Hafen Wien im Container stauen lassen kann. Das dafür notwendige Knowhow steht zur Verfügung, versichert Pulker-Rohrhofer.
Die Ausweitung des WienCont-Geschäftsmodells mache sich in diesem Jahr schon bemerkbar, so die Managerin optimistisch. Die Umsätze steigen und bis Ende des Jahres werde man wieder etwa 400.000 Containerumschläge erreichen. Rund 90 Containerzüge pro Woche pendeln aktuell zwischen dem WienCont-Terminal und vielen europäischen Seehäfen. Seit Anfang Mai dieses Jahres verkehrt ein neuer Shuttle-Zug vier Mal pro Woche zwischen Rotterdam und Wien (und auch retour). Bis Jahresende ist eine Frequenzsteigerung auf acht Abfahrten geplant. Der Kauf einer Beteiligung bei Fehringer Technical Service Consulting im Reparatur-und Servicebereich erweitert das Spektrum an Spezialleistungen. Container-Reparaturleistungen werden nach Bedarf auch außerhalb des Terminals abgewickelt.
Nischengeschäft im Fokus
»Besonderes Augenmerk werden wir in den kommenden Jahren auf das Nischengeschäft legen«, kündigte Pulker-Rohrhofer an. Viel Potenzial sieht man beispielsweise beim Umschlag von Sattelaufliegern zwischen Schiene und Straße. So wird im Herbst ein Shuttle-Zug-System für nicht kranbare Sattelauflieger von Duisburg in den WienCont-Terminal gestartet, mit dem man erste Erfahrungen im Handling mit Sattelaufliegern und damit verbundenen Dienstleistungen sammeln will. Entsprechende Umschlagflächen in Freudenau sind dafür schon vorbereitet. Die Marschrichtung, die sich der Hafen Wien vorgenommen hat, lautet: Österreichische Dienstleistung im internationalen Geschäft erbringen. Dafür bekommt der Hafen die volle Rückendeckung durch die Stadt Wien. »Wir wollen in der Wien Holding die Logistik weiter stärken und Wien als Logistik-Drehscheibe noch internationaler ausrichten«, so Gollowitzer. 99% des Geschäfts macht der Hafen heute schon mit internationalen Kunden, und 70 bis 80% der im Hafen ansässigen Firmen haben ebenfalls einen internationalen Background.
Josef Müller