Europas Binnenhäfen geben ein kräftiges Signal: Kürzlich wurde ein 25-seitiges Strategiekonzept verabschiedet, das als Leitfaden für die Weiterentwicklung der Häfen im Hinterland als wichtige trimodale Güterdrehscheiben dient
Ausgearbeitet wurde das Konzept von der Europäischen Föderation der Binnenhäfen (EFIP), dessen neuer Präsident seit Anfang Mai dieses Jahres Fritz Lehr ist. Lehr ist zugleich der kaufmännische Geschäftsführer des Wiener Hafens und hat das Strategiekonzept mitinitiiert. Darin werden die großen Themen skizziert, die die nahezu 200 in der EFIP vereinten Häfen tangieren. Dazu zählen Nachhaltigkeit, Infrastrukturausbau, Digitalisierung und Kooperation mit den anderen Stakeholdern entlang der Logistikketten.
Zu den Häfen gehören nicht nur solche in der EU, sondern auch Standorte in der Schweiz, Serbien und in der Ukraine. Das Gros der Häfen in der EFIP machen französische und deutschen Binnenhäfen aus.
Donau bietet noch viel Potenzial
Während die Häfen entlang das Rheins gut ausgelastet sind, gibt es auf der Donau noch jede Menge Potenzial für die Güterschifffahrt, sagt Lehr. 2.400km ist die Donau lang und zwischen Kelheim in Bayern und Sulina in Rumänien mit Güterschiffen befahrbar.
»Als Geschäftsführer eines Donauhafens werde ich mich dafür einsetzen, dass wir diese Potenziale heben. Der Rhein ist unser großes Vorbild«, resümiert Lehr.
In seiner auf drei Jahre ausgelegten Präsidentschaft will er das Strategiekonzept im Interesse der 200 Häfen voranbringen und europaweit in der breiten Öffentlichkeit, aber auch bei den Schaltstellen in der Brüsseler Bürokratie das Bewusstsein für die drei ihm besonders wichtig erscheinende Aktionsbereiche stärken.
Die Häfen können sich als urbane Dienstleister für die in ihrer Nähe befindlichen Städte profilieren. Sie sind zudem ideale Standorte für die Ansiedelung von Unternehmen unterschiedlicher Art, die die Vorzüge trimodalen Cargo-Handlings zu schätzen wissen. Und drittens praktizieren sie längst Umweltschutz und machen damit noch dazu gute Geschäfte.
EFIP mit dem hauptamtlichen Geschäftsführer Turi Fiorito und drei Mitarbeitern fungiert als zentrale Stimme der Binnenhäfen in Europa. Mit Sitz in Brüssel fördert sie die Rolle der Binnenhäfen als trimodale Güterdrehscheiben und deren wichtigen Beitrag zum Umweltschutz und zur CO2-Reduktion.
Es geht der EFIP nicht nur um Lobbying, sondern auch darum, das in den Häfen vorhandene Know-how zu bündeln und Herausforderungen wie Umweltschutz, Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Infrastrukturausbau gemeinsam zu bewältigen. Als Beispiel nennt Lehr hier das in Österreich entwickelte River Information Service (Doris) auf dem 300km langen österreichischen Donauabschnitt. Es wäre erstrebenswert, dieses System auch in anderen Ländern anzuwenden. Das würde der gesamten Branche dienen.
Die EFIP verfolgt aktiv alle Entwicklungen im Bereich der EU-Verkehrs- und -umweltpolitik, die für die Häfen von Bedeutung sind, erklärt Lehr. Gleichzeitig werden die Interessen der Häfen gebündelt, klare Standpunkte formuliert und sie den politisch Verantwortlichen in Brüssel vorgetragen. Außerdem vertritt die EFIP die Häfen gegenüber anderen nationalen und internationalen Organisationen, die sich mit Verkehr beschäftigen. Beispiele sind die Wirtschaftskommission der UNO, die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) oder die Donaukommission.
Höhere Infrastruktur-Förderung
Stolz ist Lehr darauf, dass dank der Initiative der EFIP die EU-Fördermittel im Rahmen des Förderprogramms Transporteuropäische Netze (CEF) in der nächsten Budget-Periode deutlich aufgestockt werden. Ab 2021 werden Investments in die binnenschiff- und binnenhafenaffine Infrastruktur mit 50% öffentlich gefördert – derzeit sind es 20%.
Doch nicht nur die Häfen benötigen eine Förderung und verkehrspolitische Unterstützung, sondern auch die Akteure der Binnenschifffahrt, Reedereien und Partikuliere. Wenn immer wieder über die Umweltfreundlichkeit des Gütertransports auf dem Wasser gesprochen wird, dann sollte auch die Umrüstung in umweltfreundliche Schiffsmotoren entsprechend gefördert werden. Nur dann könne man von Nachhaltigkeit sprechen, unterstreicht Lehr.
Gewerbeflächen in Städten sind zumeist begrenzt. Die Häfen sollten ihre verfügbaren Flächen vermarkten und sich als urbane Einheiten in den Städten positionieren, wie das der Wiener Hafen seit Jahren praktiziert und mit dieser Strategie – dank politischer Unterstützung durch die Stadtverwaltung – gut fährt.
Was die Häfen einfordern ist eine professionelle Instandhaltung der Wasserstraßen einschließlich einem leistungsfähigen Schleusenmanagement. Lehr: »Das sollte selbstverständlich sein, ist es aber in einigen Ländern leider nicht.«
Derzeit wird für 140Mio. €, wovon 120Mio. € von Brüssel kommen, die durch Hochwasser beschädigte Donauschleuse bei Gabcikovo repariert. In den östlichen Donauanrainerstaaten leidet die Instandhaltung unter dem Geldmangel seitens der öffentlichen Hand. Daher will die EU den betroffenen Ländern finanziell helfen. »Wer ein gemeinsames Logistiknetz über den Staatenverbund spannen möchte, kann nicht isoliert arbeiten«, sagt Lehr, der zurzeit nicht nur EFIP-Präsident ist, sondern auch Präsident der Interessensgemeinschaft österreichischer Donauhäfen (IGÖD) sowie von Pro Danube Austria (PDA) ist.
Josef Müller