Nach dem tragischen Tod von Boris Kluge im Herbst 2019 führt vorerst Rainer Schäfer als Interims-Geschäftsführer der Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB). Über seine Aufgaben und Ziele spricht er im Interview mit Krischan Förster
Herr Schäfer, Sie waren eigentlich im Ruhestand. Warum die Rückkehr?
Rainer Schäfer: Der Anlass ist natürlich immens traurig. Ich selbst habe Boris Kluge damals eingestellt und immer sehr gut mit ihm zusammengearbeitet. Und nach zehn Jahren als Präsident gibt es zum Verband und zu meinen Kollegen mehr als nur eine berufliche Verbindung. Ich fühle mich daher verpflichtet, die Arbeit von Boris Kluge fortzusetzen und gleichzeitig in einer schwierigen Situation zu helfen.
Haben Sie lange überlegen müssen?
Schäfer: Ehrlicherweise habe ich es zwei Jahre lang genossen, ein bisschen faul zu sein. Ich habe jedenfalls nicht sofort zugesagt, sondern wollte das zuerst mit meiner Frau besprechen. Sie steht zu meinem Entschluss. Es hat dann aber nicht sehr lange gedauert, auch weil alle Seiten davon überzeugt sind, dass es für den Moment eine gute Lösung ist.
Sie wohnen in Düsseldorf, die Geschäftsstelle ist in Berlin – wie regeln Sie das denn ganz praktisch?
Schäfer: Wie viele andere auch – ich pendle und habe meine Präsenztage in Berlin. Mit den modernen Kommunikationsmedien lässt sich aber auch von Düsseldorf aus bestens arbeiten.
Sie helfen in einer Übergangssituation, ist diese Zeit denn klar definiert?
Schäfer: Ich habe mich bereit erklärt, das Amt bis zum 30. Juni zu übernehmen. Notfalls auch bis zum 30. September, aber spätestens dann ist Schluss.
Sie suchen also schon Ihren Nachfolger?
Schäfer: Das ist jetzt eine meiner vordringlichen Aufgaben, zusammen mit meinen Kollegen aus dem Präsidium.
Wie lauten denn die Anforderungen?
Schäfer: Wir sind ein Verband mit 100 Standorten und sehr heterogenen Strukturen. Das muss ein Geschäftsführer moderieren können. Es sollte also jemand sein, der sich idealerweise mit Logistik auskennt, kommunikations- und durchsetzungsstark ist, sich sicher auf dem politischen Parkett bewegen und Menschen gut führen kann. Und wenn dann noch eine Affinität für Zukunftsthemen wie die Digitalisierung dazukommt, umso besser. Ich bin überzeugt, dass wir spätestens zur Mitgliederversammlung im September eine gute Lösung präsentieren werden.
Das vergangene Jahr hat einige Beschlüsse und Weichenstellungen gebracht, die für die Binnenhäfen immens wichtig sind und werden – die Masterpläne Bahn und Binnenschifffahrt zum Beispiel. Wie wollen und können Sie denn den Verband inhaltlich voranbringen?
Schäfer: Ja, das stimmt: Es liegen zu Beginn dieser Dekade eine ganze Reihe an Themen auf dem Tisch. Und die können wir nicht ein dreiviertel Jahr liegen lassen, das wissen wir. Deshalb müssen wir sie weiter bearbeiten und aufpassen, dass die Häfen nicht benachteiligt werden, sondern sie bestmöglich als die Logistik-Drehscheiben positionieren.
Was meinen Sie konkret?
Schäfer: Es stand noch nie so viel Geld für Infrastrukturinvestitionen zur Verfügung wie heute. Wenn demnächst Milliarden in die Bahn-Infrastruktur gesteckt werden, dürfen die Häfen nicht zum Flaschenhals werden. Wir erwarten, dass die DB Netz die bisher sträflich vernachlässigten Vor-Bahnhöfe so ausbaut, dass ein weiterer Kapazitätsanstieg und damit weitere Verlagerungen möglich sind.
Oder nehmen wir die Digitalisierung in den Transportketten bis hin zu teilautonomen oder autonomen Schiffen. Auch darauf müssen die Häfen landseitig reagieren und erst recht auf den bevorstehenden Strukturwandel. Es wird mit dem Wegfall der Kohle und aller Komplementärprodukte erhebliche Mengenverluste geben. Wie können die Häfen dies künftig kompensieren?
Also müssen und werden wir uns in den kommenden Monaten in die Diskussionen und die Planungen einbringen und auch die ersten Pflöcke einschlagen. Das wird sicherlich keine ganz kleine Aufgabe.
Vor Ihnen liegt also eine arbeitsreiche Zeit …
Schäfer: Ja, aber ich mache das gern, und es macht mir auch Spaß. Gemeinsam wollen wir alles tun, was nötig ist, um den Verband voranzubringen.