Fünf Jahre lang dauerten die Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten an und
um den Wehrschleusenkomplex im belgischen Harelbeke am Fluss Leie (franz. Lys).
Nun konnte der Auftrag abgeschlossen werden
Auftraggeber war die Flämische Wasserstraßenverwaltung (De Vlaamse Waterweg). Das Joint Venture »Leieland«, eine Partnerschaft der Bauunternehmen Jan de Nul, Herbosch-Kiere, Engie Fabricom und Aelterman, war für den Entwurf und die Ausführungen der Arbeiten verantwortlich. Jan de Nul und Herbosch-Kiere regelten die Tiefbauarbeiten und die allgemeine Koordination des Projekts sowie aller Beteiligten, während Engie Fabricom für die elektromechanischen Arbeiten und Aelterman für den Stahlbau verantwortlich waren.
Zunächst galt es, die alte Infrastruktur abzureißen, um Platz für die 230m lange, 12,50m breite und mit einer Wassertiefe von 4,70m ausgestattete Schleuse zu schaffen, die von bis zu 4.500t großen Frachtern genutzt werden kann. Ein solches Schiff würde bis zu 220 Lkw ersetzen, heißt es. Ferner wurde ein neues Wehr erstellt mit zwei je 12,50m breiten Segmenten.
Die neue Schleuse und das neue Wehr sollten an der gleichen Stelle wie das alte gebaut werden, um eine optimale nautische und hydraulische Erreichbarkeit zu gewährleisten. Der Neubau konnte also erst nach der Installation der temporären und dem Abriss der alten Infrastruktur beginnen.
Die Infrastrukturarbeiten fanden in der Innenstadt von Harelbeke statt. Ein weiteres Hindernis war, dass während der Arbeiten die Leie nicht für den Schiffsverkehr gesperrt werden durfte. All dies habe direkte Auswirkungen auf die Ausführungsmethoden und die Projektplanung gehabt, so das Joint Venture.
Daher beschloss man, eine temporäre Schleuse zu installieren, ferner sorgte ein provisorisches Wehr dafür, dass es während der Arbeiten nicht zu Überschwemmungen kam.
Energieneutrale Anlage
Neben der neuen Wehrschleusenanlage hat das Joint Venture »Leieland« ein Pumpwerk mit zwei Turbinen gebaut. Sie erzeugen bei einem Wasserüberschuss zum einen Energie, zum anderen kann das Pumpwerk in Trockenzeiten und bei Wasserknappheit Wasser pumpen, um das Niveau zu erreichen, das es flussaufwärts gibt. Die zu erwartende Energieerzeugung sei höher als der Energieverbrauch der Wehrschleusenanlage, sodass diese als energieneutral betrachtet werden könne, heißt es.
Zu den weiteren Arbeiten zählte der Bau einer Fischleiter, die Erneuerung und Erhöhung der 80m langen 1.000t-Stahlbrücke Hogebrug, einer beweglichen Fahrradbrücke und einer weiteren Brücke namens Banmolenbrug. Zusätzlichen standen Straßenbauarbeiten an und es galt, für die Kanalisation und Fernwärme zu sorgen.
»Flandern hat rund 100Mio. € in Harelbeke investiert. Mit dem Bau der neuen Schleuse verstärken wir unser Bestreben, die Binnenschifffahrt für Unternehmen noch attraktiver zu machen«, sagte Chris Danckaerts, Geschäftsführer von De Vlaamse Waterweg.
Seine-Schelde-Projekt
Die Arbeiten in Harelbeke sind Teil des Gesamtprojekts Seine-Schelde, das die Wasserstraßenverbindung zwischen der Seine- und Schelde-Region verbessern soll. Ziel ist es, den Fluss Leie so auszubauen, das künftig Binnenschiffe bis zu 4.500t verkehren können sowie die Ermöglichung eines dreilagigen Containertransports.
Die Leie entspringt im Gemeindegebiet von Lisbourg im französischen Département Pas-de-Calais und mündet nach rund 202km im Seehafen Gent in den Gent-Terneuzen-Kanal, über den die Westerschelde erreicht werden kann.
Für die verbesserte Erreichbarkeit mit Binnenschiffen gibt es in der Seine-Schelde-Region groß angelegte Infrastrukturarbeiten in Frankreich, Wallonien und Flandern. Dazu zählen Renovierungen von Schleusen, Wehren und Kaimauern, die Vertiefung und der Aushub von Kanälen sowie die Erhöhung von Brücken.
Die flämische Binnenschifffahrt sorge schon heute dafür, dass jährlich bis zu 4Mio. Lkw-Fahrten von der Straße genommen würden, so De Vlaamse Waterweg. Da die Wasserstraßen künftig auch von Schiffen mit größerer Kapazität erreicht werden könnten, könne diese Zahl weiter steigen. 182 flämische Gemeinden befänden sich an einer Wasserstraße, 80% der Unternehmen lägen weniger als 10km von einer solchen entfernt. Dies verdeutliche das Potenzial der Binnenschifffahrt, die gleichzeitig das Stauproblem auf der Straße lösen könnte.