Seit mehreren Jahren will Polen die Oder für Schiffe der WS-Klasse IV ausbauen. Neben dem NABU kritisieren nun auch die Grünen in Brandenburg das Vorhaben als umweltschädlich
Über das Ansinnen Polens, die Oder auszubauen, wird kontrovers diskutiert. Während die Europäische Union keine Einwände dagegen hat und es durch die Weltbank fördert, sieht der BUND darin eine Schädigung der Umwelt und bekommt nun auch Unterstützung des Ausschusses für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Brandenburger Landtages. In der Ausschuss-Sitzung vom 3. Juni hat der Leiter des Nationalparks Unteres Odertal, Dirk Treichel, seine Befürchtungen vorgetragen: Aus Sicht der Nationalparkverwaltung seien die polnischen Pläne nicht mit der Wasserrahmenrichtlinie und den Naturschutz-Richtlinien der Europäischen Union vereinbar. Die Einwände der Nationalparkverwaltung gegen den Ausbau seien »von polnischer Seite komplett weggeräumt« worden.
Im März sei nach polnischem Recht ein Umweltbescheid erteilt worden, nach dem schon in diesem Jahr eine Genehmigung für Ausbauarbeiten im Bereich Slubice, gegenüber von Frankfurt/Oder gelegen, erteilt werde. Das solle hydrologische Veränderungen nach sich ziehen, die sich unmittelbar auf den Nationalpark auswirken würden, soll Treichel gesagt haben.
Der Oder-Havel-Verein hat auf die Diskussion im Landtag reagiert und kritisiert, dass nur die Nationalparkverwaltung zu der Sitzung eingeladen gewesen sei. Vertreter anderer Organisationen von deutscher und auch polnischer Seite konnten daher an der Ausschuss-Sitzung nicht teilnehmen.
Die Ausschuss-Mitglieder gingen so weit, so der Vorsitzende des Odervereins, Gerhard Ostwald, in einem Antragsentwurf den Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Dietmar Woidke, in seiner Funktion als Polenbeauftragten der Bundesregierung aufzufordern, gegen das Vorhaben in Warschau zu intervenieren. Diese Passage sei dann auf Drängen der CDU-Vertreter aber gestrichen worden. Der Oderverein habe sich trotzdem an Woidke als Polenbeauftragten gewandt und auf die Hintergründe des Verfahrens verwiesen, die im Ausschuss offensichtlich nicht zur Sprache gekommen waren.
Ostwald benennt die Fakten: »Erstens: Das gesamte Vorhaben ist seit mindestens eineinhalb Jahren bekannt. Zweitens: Das polnische Ministerium für maritime Wirtschaft und Binnenschifffahrt hat im Jahr 2019 ein grenzüberschreitendes Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren eingeleitet, das alle Aspekte einer Oder-Modernisierung aufgegriffen und untersucht hat. Im Ergebnis sind keine grundlegenden Verfahrensfehler festzustellen. Dem ist auch die Weltbank als wesentlicher Geldgeber der Maßnahmen in ihrer Stellungnahme gefolgt. Drittens: Die polnischen Pläne für die Oder-Verbesserungen sind Teil des Deutsch-Polnischen Regierungsabkommens vom 27. April 2015 und bewegen sich in den dort enthaltenen Vorgaben zum Hochwasserschutz.«
Selbst der brandenburgische Umweltminister Axel Vogel habe bereits eingeräumt, dass man schlechte Karten habe, um gegen das Vorhaben vorzugehen. Theoretisch könnte Brandenburg bei der EU gegen die polnischen Pläne klagen, jedoch hat der Bund zu verstehen gegeben, dass er dies nicht unterstützen würde.
»Wir meinen«, so Ostwald, »dass eine Intervention, gar eine Klage, die schlechtesten aller Mittel wären, um unterschiedliche Positionen zu erörtern und beizulegen.
Schließlich hat die Zusammenarbeit Brandenburgs mit der Republik Polen Verfassungsrang. Dessen sollte man sich erinnern, wenn man mit Vertretern jenseits der Oder in Kontakt treten möchte. Nachbarn, die sich mit Klagen überziehen, sind keine guten Nachbarn.«
Die Bundestagsfraktion der Grünen habe in einer Kleinen Anfrage (Drucksache 19/19427 v. 28.05.2020) die polnischen Pläne zum Anlass genommen, bei der Bundesregierung nachzufragen, inwieweit die deutsche Seite einbezogen gewesen sei und welche Maßnahmen sie selbst unternehmen werde.
»Die Kleine Anfrage wird sehr sachlich und objektiv beantwortet. Soweit erkennbar, unterstützt die Antwort der Bundesregierung unsere Auffassung, dass es keine Verfahrensfehler gibt«, so Ostwald.
»Leider halten die Grünen und die Naturschutzverteter wie der BUND an den althergebrachten Auffassungen fest, dass so viel Natur wie möglich unangetastet erhalten bleiben soll. Aus unserer Sicht wäre es höchste Zeit, dass auch die Umweltschützer angesichts der drohenden Klimaveränderungen ihre Haltung ändern und Maßnahmen, die ein Wassermanagement für Landwirtschaft und Natur ermöglichen, aktiv angehen. Selbst die Landwirtschaft hat erkannt, dass wir das Wasser, das wir haben, so lange wie möglich festhalten müssen. Dazu sollten wir geeignete Maßnahmen entwickeln«, bekräftige Ostwald.
Christian Knoll