Seit April gibt es eine regelmäßige Zugverbindung zwischen Heilbronn und den deutschen Seehäfen. Die Region ist durch viele Industriebetriebe gekennzeichnet, für die sich dadurch neue Möglichkeiten ergeben
Das Kombi Terminal Heilbronn (KTHN) ist eine trimodale Umschlaganlage für Container. Eigentümer der 22.000m2 großen Einrichtung mit Platz für rund 1.500 Boxen ist die Heilbronner Versorgungs GmbH (HNVG). Pächter ist die KTHN, an der jeweils zu 33,3% die Unternehmen W. Wüst, Karl Schmidt Spedition und Container Depot Nürnberg (CDN), eine Tochter der IGS Logistics Group aus Hamburg, beteiligt sind.
Mitte April wurde eine neue Zugverbindung von IGS Intermodal Container Logistics zwischen den Seehäfen Hamburg und Bremerhaven und dem KTHN eingerichtet. Dreimal pro Woche verkehren die Züge seither in einer Art Dreiecksverbindung. Zweimal wöchentlich fahren sie aus den Seehäfen nach einem kurzen Zwischenstop via Schweinfurt nach Heilbronn und zurück, einmal ist Aschaffenburg die Zwischenstation. An beiden Standorten betreibt IGS gemeinsam mit Partnern eigene Terminals. Pro Fahrt und Richtung können bis zu 100TEU befördert werden. Bei entsprechender Nachfrage könne die Frequenz erhöht werden, so der Betreiber.
Die Waren in den Seehäfen werden in Hamburg gebündelt. »Durch die Dreiecksverbindungen verknüpfen wir Import- mit Export-Regionen, so dass zum Beispiel Leercontainer aus diesen importstarken Regionen günstig per Zug nach Heilbronn repositioniert werden können«, sagt Harald Rotter, Geschäftsführer von IGS Intermodal und des KTHN.
Der Großraum Heilbronn bietet seiner Ansicht nach eine Menge Potenzial, denn dort haben sich viele Industrieunternehmen angesiedelt, die teilweise Weltmarktführer in ihrem Gebiet sind. Rotter spricht von jährlich bis zu 60.000TEU, die aus der Region an dem Terminal des Neckar-Hafens umgeschlagen werden könnten. Der Großteil davon (etwa zwei Drittel) sei Exportware.
Auch Heilbronns Erster Bürgermeister Martin Diepgen unterstreicht die Möglichkeiten der Region: »Das trimodale KTHN ist ein wichtiger Baustein für den Heilbronner Hafen, der als Logistikdrehscheibe das wirtschaftliche Rückgrat der Region Heilbronn-Franken ist. Ich bin überzeugt, dass das KTHN in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen wird.«
Bessere Planbarkeit für Kunden
Durch die neue Zugverbindung nach Hamburg und Bremerhaven erhalten Unternehmen aus dem Großraum Heilbronn eine Alternative, ihre Waren in die größten deutschen Seehäfen zu transportieren. Die Verkehrsinfrastruktur in der wirtschaftsstarken Metropolregion Stuttgart gilt seit langem als nahezu ausgelastet. Häufige Staus auf Autobahnen und Bundestraßen sind die Folge. Dies erschwere die Planbarkeit von Güterverkehren, sagt Rotter.
Vertreter aus Logistik, Industrie und Handel hätten auch deshalb zusätzliche Intermodalkapazitäten gefordert. Dies sei durch die neue Zugverbindung nun gewährleistet.
Rotter sieht darin auch eine wichtige Ergänzung zum Binnenschiff. Vor allem das Jahr 2018 habe gezeigt, welche Versorgungsengpässe entstehen können, wenn aufgrund von Niedrigwasser Binnenschiffe über einen längeren Zeitraum nicht mehr verkehren könnten.
Der Logistik-Experte schlägt daher eine Kombination aus Bahn und Binnenschiff vor, so dass beispielsweise der eine Teil der Stahlbehälter auf dem Wasserweg und der übrige Teil über die Schiene befördert wird.
»Das Binnenschiff ist und bleibt entlang der Rhein-/Neckar-Schiene sicher das Rückgrat des Containertransports«, schätzt er. »Während des Niedrigwassers 2018 waren aber diejenigen Unternehmen wesentlich besser aufgestellt, die ihre Logistik von vornherein auf Binnenschiff und Bahn ausgerichtet hatten.« Zusätzlich zu der Entlastung der Straße würden durch die neue Bahnverbindung auch die Schadstoffemissionen reduziert. Ein Thema, das für die Metropolregion Stuttgart seit langem von besonderer Bedeutung sei.
Neben einem marktgerechten und zuverlässigen Zugangebot seien für die Kunden vor allem Leercontainer-Services und Truckingangebote am Standort von entscheidender Bedeutung, berichtet Rotter.
Gemeinsam mit den Mitanteilseignern des KTHN hat man das Leistungsportfolio dort bedarfsgerecht ausgeweitet. Zukünftig wird das Serviceangebot des Terminals, der Containerumschlag und die Zwischenabstellung von Vollcontainern vor allem durch Leerdepotservices, Reparaturen, Containerwäsche und alle sonstigen Leistungen rund um den Leer-Container ergänzt. Des Weiteren übernimmt KTHN, das über drei Gleise mit Längen von je 170m verfügt, das Trucking der Container auf der ersten und letzten Meile. Hierzu stehen ihr unter anderem die mit GPS-Systemen ausgestatteten Chassis der Muttergesellschaft CDN zur Verfügung.
Lagermöglichkeiten sind gefragt
Zudem betont Rotter, dass es für einige Unternehmen immer wichtiger wird, ihre Waren im Hafen lagern zu können. »Für vier Tage inklusive des Eingangstages müssen Kunden, die unsere neue Zugverbindung nutzen, deshalb keine Lagergebühr bezahlen«, sagt der Logistikexperte. Dieses Angebot käme bei den Kunden gut an, gerade jetzt, da coronabedingt viele Läger voll seien.
Eher weniger wird aktuell die Möglichkeit des Binnenschiffumschlags im KTHN genutzt. Neben einem Hafenmobilkran von Konecranes Gottwald für bis zu 100t schwere Güter, stehen dort zwei Reachstacker von Kalmar bereit. Gerade in Corona-Zeiten würden viele Kunden zögern, ihre Transporte zu verlagern, sagt Rotter, der dennoch hofft, dass das Binnenschiff in Heilbronn künftig ähnlich stark nachgefragt werden wird, wie die neue Zugverbindung.