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Der erfahrene Schiffsführer hat einmal mehr der Umwelt Rechnung getragen und seinen Frachter »Jenny« mit Solarzellen versehen. Schon bei der Einführung des biologisch abbaubaren Kraftstoffs GTL vor vier Jahren leistete er Pionierarbeit

Die Idee, einen weiteren wichtigen Beitrag für die Umwelt zu leisten, kam ihm vor etwa einem Jahr, berichtet Albrecht Scheubner, der Schiffsführer der »Jenny« – auch bekannt unter dem Namen »MS Wissenschaft« – im Gespräch mit der »Binnenschifffahrt«. Schon im Privathaushalt bezieht Scheubner Strom über eine Photovoltaikanlage. Diese Art der sauberen Energiegewinnung müsse doch auch auf dem Schiff möglich sein, überlegte er und so wurde sein Vorhaben mit der Zeit immer konkreter.

Während der Corona-bedingten Zwangspause, als er im März nach nur einer Station den Auftrag als »Musikfrachter« abbrechen musste, sah er dann die passende Gelegenheit gekommen, seine Überlegungen in die Tat umzusetzen. Dies geschah am Winterliegeplatz seines Schiffes.

Im Ergebnis sind nun 108 Solarzellen mit einer Leistung von je 325 W an Deck der »Jenny« und auf dem Veranstaltungszelt installiert. Insgesamt decken die Panele eine Fläche von 180m2 ab. Die Anlage, die eine Höchstleistung von 35 kWp (Kilowatt-Peak) erzeugt, stammt von SunTec Energiesysteme mit Sitz in Wolkshausen, etwa 20km südlich von Würzburg.

Normalerweise würde die Installation etwa eine Arbeitswoche dauern, sagt Scheubner. »Aber wir hatten ja keinen Zeitdruck, denn wir konnten wegen der Coronakrise ja ohnehin nicht fahren«. So verging dann fast ein Monat, bis alles für die umweltfreundliche Art der Energiegewinnung an Bord aufgebaut und angebracht war.

Seit Mai ist die inklusive des Aufbaus rund 100.000€ teure Anlage in Betrieb. Das System sei im Rahmen der Initiative zur nachhaltigen Modernisierung von Binnenschiffen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) förderfähig, berichtet Scheubner, der schon jetzt begeistert davon ist: »Das ist die sinnvollste Investition, die ich in den vergangenen Jahren getätigt habe.«

Die Anlage umfasst auch einen Speicher mit 36 kW Leistung. Für Scheubner eine tolle Sache, denn so wird auch über Nacht auf umweltschonende Art für Energie an Bord gesorgt.

Seit der Installation der Solaranlage sei der Stromgenerator praktisch nur zwei oder drei Stunden gelaufen, sagt der erfahrene Schiffsführer, der gewissermaßen nun sein eigener Energielieferant ist.

Strom ist ständig verfügbar

Annähernd 100% des Stroms, der an Bord benötigt wird, wird jetzt aus Solarenergie erzeugt. Theoretisch könne auch die Ankerwinde auf diese Weise betrieben werden. »Aber die nutzen wir ja eher selten«, schmunzelt Scheubner.

Sollte der aus der Sonnenenergie gewonnene Strom einmal nicht ausreichen, springt automatisch der Stromgenerator an, der dann die benötigte Energie liefert und gleichzeitig den Speicher wieder auflädt. Nach einer halben Stunde sei der Stromspeicher bereits wieder zur Hälfte gefüllt, nach einer guten Stunde dann vollständig. 24 Stunden lang stünden nun 230 V und 400 V zur Verfügung. »Wir brauchen den Stromgenerator also praktisch kaum noch laufen lassen«, sagt Scheubner.

Sonst sei das herkömmliche Stromaggregat von 6 bis 22 Uhr am Netz gewesen. Dieses habe pro Stunde etwa 8 l verbraucht. »Da kommt über das Jahr gesehen einiges zusammen«, so der Schiffsführer. Ferner habe er früher alle paar Jahre ein neues Aggregat benötigt, also regelmäßig zusätzliche Kosten für Neuanschaffungen gehabt.

»Wir können uns mit unserem Schiff jetzt hinlegen wo wir wollen und stören niemanden durch Generatorengeräusche oder ähnliches«, sagt Scheubner. Auch Landstrom müsse er nun nicht mehr beziehen. Für den Schiffsführer eine willkommene Erleichterung, denn jede Landstromanlage sei unterschiedlich. Probleme gebe es praktisch überall, berichtet er über seine Erfahrungen.

Besonders begeistert Scheubner, dass von der Umstellung von Solarenergie auf Generatorbetrieb praktisch nichts zu spüren sei. Das geschehe völlig unterbrechungsfrei. »Das Licht zuckt nicht einmal, auch die Computer fahren nicht runter.« Man könne also nicht sagen, wie die Energie gerade erzeugt werde. Früher sei der Strom immer kurz weggewesen, sobald die Energiequelle gewechselt wurde.

Überschüssige Energie

Nun hat Scheubner teilweise sogar zu viel Strom. Daher überlegt er, die überschüssige Energie in Wasserstoff umzuwandeln. Dies sei erst einmal eine Idee. Konkret habe er sich damit noch nicht befasst.

Scheubner sieht durchaus in der Schifffahrt Potenzial für Sonnenenergie, vor allem im Bereich der Personenschifffahrt. Einige erfolgreiche Projekte gibt es diesbezüglich bereits. Als Beispiel nennt er das Seminarschiff in Berlin. Doch das ist nicht mehr das einzige Projekt in der Bundeshauptstadt. Vor wenigen Wochen hat die SolarCircleLine ihre beiden bei der Kiebitzberg-Schiffswerft gebauten Solarschiffe »SunCat120« und »SunCat121« in Betrieb genommen. Mit Ostseestaal setzt ein ganzes Unternehmen bereits seit Längerem auf die Herstellung solarbetriebener Schiffe und auch in den Niederlanden gibt es inzwischen finanzielle Unterstützung für derlei Technologie an Bord.

Eher skeptisch ist Scheuber hingegen, ob sich diese Technologie in der Berufsschifffahrt durchsetzen wird. Es werde sich vermutlich nicht rechnen, da dort im Allgemeinen nicht so viel Energie benötigt werde. Bisher sei ihm nur bekannt, dass ein paar Schiffsführer ein oder zwei Solarpanele installiert hätten, etwa auf dem Dach des Steuerhauses. Aber in der Größenordnung wie er es nun vorgenommen habe, »gibt es das bisher sicherlich nicht.«

Ausstellung zur Bioökonomie

Seit Juli hat sich Scheubner, der bei seinen Fahrten mit der »Jenny« in der Regel seine Frau Karin dabei hat, auf die nächsten Aufträge vorbereitet. Die aktuelle Ausstellung an Bord läuft unter dem Thema Bioökonomie. Sie hat Ende Juli im westfälischen Münster begonnen, macht im Sommer und Frühherbst Station in ausgewählten Städten an Rhein, Main und Donau und soll Mitte Oktober in Straubing enden. Die Zahl der Besucher ist aufgrund von Corona derzeit begrenzt. Maximal dürfen aktuell nur 35 Personen gleichzeitig die Ausstellung besuchen. Früher waren 200 bis 300 Personen zur selben Zeit dabei, sagt Scheubner.

Seit 2002 ist er bereits im Dienst der Wissenschaft unterwegs. Das Interesse sei ungebrochen. Pro Jahr zählt er zwischen 80.000 und 100.000 Gäste an Bord. Seit 2002 haben nach seinen Angaben schon mehr als 1,6Mio. Interessierte die verschiedenen Ausstellungen besucht.


Thomas Wägener