Die Initiative »Log4NRW« hat eine verstärkte Nutzung von Wasserwegen und Bahn in Nordrhein-Westfalen zum Ziel. Verschiedene Standorte sollen miteinander verknüpft werden. Der Containerverkehr gewinnt an Bedeutung
An dem Projekt beteiligt sind die DeltaPort Niederrheinhäfen und das Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme (DST) in Duisburg. Grundlage der Idee ist es, die Hafen- und Terminalstandorte der DeltaPort Niederrheinhäfen intelligent mit Dortmund, Siegen und Köln zu verbinden, um ein logistisches Quadrat um das Kerngebiet NRWs abzubilden.
Tagein tagaus schiebt sich eine häufig hunderte Kilometer lange Blechlawine durch NRW. Insbesondere wegen der Lkw-Verkehre gilt das Land an Rhein und Ruhr mit seinen knapp 18Mio. Einwohnern das Stauland Nummer 1 in Deutschland. Und auch wenn sich die Verkehrslage Corona-bedingt aktuell etwas entspannt hat, ist der grundsätzliche Trend ein anderer und die Verkehrssituation auf der Straße verschärft sich stetig. Das ist ökologisch und ökonomisch verheerend, denn NRW ist als wichtiger Produktions- und Logistikstandort auf eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur angewiesen.
»Eine verstärkte Nutzung von Wasserwegen und Bahn ist deswegen unabdingbar, um dem Verkehrsinfarkt entgegenzuwirken«, sagt Andreas Stolte, Geschäftsführer der DeltaPort Niederrheinhäfen, einem Zusammenschluss der Häfen Rheinberg-Orsoy, Voerde, Wesel und Emmerich.
Um das Ziel der klimafreundlichen Verkehrsverlagerung voranzutreiben, haben sich die DeltaPort Niederrheinhäfen mit dem DST zum Projekt »Log4NRW« zusammengeschlossen. »Log« steht hierbei für »Logistik«. Die »4« ist doppeldeutig und steht einerseits für die vier Projektstandorte, wird andererseits aber wie »for« ausgesprochen, sodass das Projekt mit »Logistik für Nordrhein-Westfalen« übersetzt werden kann.
»Wir möchten die Stausituation auf den Fernstraßen in Nordrhein-Westfalen entschlacken, den Verkehrsinfarkt verhindern und so die ökologische Wende in Deutschland vorantreiben«, beschreibt Stolte das visionäre Ziel hinter dem Projekt. Der Fokus liegt dabei auf der Verlagerung der Güterströme auf die alternativen Verkehrsträger Binnenschiff und Bahn und dem Einsatz des Lkw nur auf der benötigten »letzten Meile«. Im Idealfall soll dieser bei kleinteiligen Transporten durch Alternativen sogar gänzlich ersetzt werden.
Strukturwandel hat begonnen
Das Land NRW ist nicht nur ein sehr wichtiger Produktions- und Logistikstandort, sondern befindet sich auch in einem durchgreifenden Strukturwandel: Handelsstrukturen, die Industrielandschaft und die Umweltfaktoren verändern sich rasant. Das hat große Auswirkungen auf die Warenströme: Metalle, Metallerzeugnisse und fossile Brennstoffe wie Kohle und Mineralölprodukte werden immer weniger transportiert. Und auch in anderen Bereichen des Schüttgutumschlages kommt es zu tiefgreifenden Mengeneinbußen. Die Häfen müssen also umsteuern und Ersatz für den rückläufigen Schüttgutumschlag finden. Vor diesem Hintergrund sei es nur logisch, sich verstärkt auf containerisierte Waren zu konzentrieren, deren Nachfrage stark steige, heißt es. So sehr, dass Berechnungen zufolge bis zum Jahr 2030 17,6% mehr Güter transportiert werden.
In NRW herrschen dabei sehr gute Voraussetzungen für ein verkehrspolitisches Umsteuern, so DeltaPort. Der Rhein als wichtigste Wasserstraße Europas, ein weit verzweigtes Kanalnetz sowie eine engmaschige Schieneninfrastruktur böten genügend Lösungspotenziale für das stauintensive Verkehrssystem Straße.
»Eine engere Kooperation der Verkehrsträger Wasser, Straße, Schiene würde eine intelligenter gesteuerte Logistikkette ermöglichen«, macht Stolte deutlich und betont die damit verbundene verbesserte Umweltbilanz des Warentransportes.
Zwischen Wesel und Köln sowie zwischen Wesel und Dortmund soll im Schwerpunkt das Binnenschiff zur Verlagerung beitragen, zwischen Köln und Siegen sowie Siegen und Dortmund der Verkehrsträger Bahn zum Einsatz kommen. Insbesondere die Verbindung der Standorte Wesel, Köln und Dortmund kann synchromodal betrieben werden, da Wasserstraßen- sowie Bahnanschlüsse bestehen.
Umschlagplätze an Zechen
Für die Zukunft bietet das Projekt noch zahlreiche Potenziale. So wäre es denkbar, die auf der Teilstrecke des Wesel-Datteln-Kanals sowie des Rhein-Herne-Kanals liegenden und derzeit stillgelegten Zechenhafenumschlagplätze zu reaktivieren. Aufgrund des im Kanalsystem gleichbleibenden Wasserstandes könnten insbesondere containerisierte Waren mit einfacher Vertikalumschlagtechnik vom Binnenschiff geladen und gelöscht werden.
Ein mobiler Reachstacker würde für den Containerumschlag ausreichen. Zur Abwicklung kleinteiliger Stückgutverkehre könnte zudem die Einrichtung eines Distributionszentrums an den DeltaPort-Standorten Wesel und/oder Voerde-Emmelsum realisiert werden. In diesem Distributionszentrum könnten containerisierte Güter, im Schwerpunkt aus dem asiatischen Wirtschaftsraum stammende Konsumgüter aus den ARA-Häfen (Antwerpen–Rotterdam–Amsterdam) kommend, empfangen und für das Kerngebiet des Logistikquadrats sortiert und verteilt werden.
»Im Rahmen urbaner Logistik wäre die Feinverteilung von diesen Mikrodepots mit alternativen Transportmöglichkeiten wie Elektrotransporter, Lastenfahrrad und zukünftig möglicherweise via Drohne realisierbar. Möglich wäre aber auch eine Selbstabholung der Waren von den Empfängern am Mikrodepot«, skizziert Stolte denkbare Zukunftsszenarien.