Vergleichswert bei Frachtführerketten

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Vorbemerkung der Redaktion:

Obwohl es bei Frachtführerketten den Direktanspruch des Absenders gegen den ausführenden Frachtführer gibt, halten sich die ­Absender bei Ladungsschäden häufig an ihren unmittelbaren Vertragspartner, also den Hauptfrachtführer. Grund dafür ist neben dem Gerichtsstand unter anderem häufig die Befürchtung, dass in der Frachtführerkette nach unten andere Bedingungen vereinbart sein können als zwischen Absender und Hauptfrachtführer (Differenzhaftung). Da in aller Regel im Ergebnis aber nur der ausführende Frachtführer für den Schaden verantwortlich ist, erfolgen in diesen Prozessen regelmäßig Streitverkündungen an die Zwischenfrachtführer und den ausführenden Frachtführer. Nicht selten führt dies dazu, dass letztendlich der ausführende Frachtführer verurteilt wird oder im Wege eines Vergleiches für die Schäden aufkommt.

In wirtschaftlicher Betrachtung de facto wird damit nur der Ladungsschaden (einfach) geregelt. De jure aber werden bei entsprechender Ausgestaltung des Vergleiches sämtliche Glieder der Frachtführerkette einbezogen mit einer endgültigen Regelung der jewei­ligen Ansprüche. Es stellt sich dann die Frage, ob der Vergleichswert, der für die Höhe der abzurechnenden Gebühren maßgeblich ist, dem Betrag der Schadenhöhe (Streitwert) entspricht oder ob die de jure unabhängig voneinander bestehenden Regressansprüche streitwert­erhöhend hinzu zu addieren sind (Gegenstandswert).

Übereinstimmend haben das Schiffahrtsobergericht Köln sowie das Oberlandesgericht Düsseldorf in vergleichbaren Fällen entschieden, dass in derartigen Konstellationen die mitverglichenen ­Regressansprüche gegenstandswert­erhöhend wirken. Dies führt natürlich zu einer ganz erheblichen Verteuerung derartiger Prozesse, die durch die große Anzahl der Parteien ohnedies sehr teuer sind. Es empfiehlt sich also, im Falle eines Vergleiches auch über die Höhe des Gegenstandswertes eine Einigung herbeizuführen, sofern dies möglich ist.

Rechtsanwalt Dr. Martin Fischer, Frankfurt am Main

Erste Entscheidung:

Eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwertes durch ein Oberlandesgericht ist nicht statthaft, kann aber als zulässiger Antrag auf Festsetzung eines vom festgesetzten Streitwert abweichenden Gegenstandswert gemäß § 33 I RVG ausgelegt werden.

Der Gegenstandswert für einen Vergleich richtet sich danach, welche Rechtsansprüche verglichen werden und ob die Partei oder der Streithelfer am Vergleichsabschluss mitgewirkt hat, gegebenenfalls sind Schadenersatzanspruch und Regeressansprüche zu addieren.

Beschluss des Schiffahrtsobergerichtes Köln vom 10. Februar 2014, Az.: 3 U 184/12 BSch (Amtsgericht Duisburg-Ruhrort, Az.: 5 C 27/09 BSch)

… hat der 3 Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Schifffahrtsobergericht am 10 02.2014 beschlossen:

Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten der Streithelferin zu 1 wird der Gegenstandswert für die Vergleichsgebühr der Prozessbevollmächtigten auf 61.491,66 € festgesetzt.

Gründe

Die – unzulässige – »Beschwerde« der Prozessbevollmächtigten der Streithelferin zu 1 gegen die Festsetzung des Streitwerts für den Vergleich in dem Beschluss des Senats vom 24.05.2013 war als Antrag gemäß § 33 Abs. 1 RVG auszulegen.

Eine Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts durch das Oberlandesgericht ist gemäß § 68 Abs. 1 S. 5 GKG in Verbindung mit § 66 Abs. 3 S. 3 GKG nicht statthaft. Daher ist auch eine Beschwerde des Prozessbevollmächtigten aus eigenem Recht gemäß § 32 Abs 2 S 1 RVG gegen einen Streitwertbeschluss eines Oberlandesgerichts nicht statthaft.

Soweit die unzulässige »Beschwerde« deshalb als Gegenvorstellung zu behandeln wäre, wäre sie unbegründet Der Senat hat den Streitwert für den Rechtsstreit und den von den Parteien dieses Rechtsstreits geschlossenen Vergleich zutreffend auf den Betrag der Klageforderung festgesetzt. Denn die Parteien dieses Rechtsstreits haben sich nur über die mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzforderung verglichen. Die Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 24.05.2013 war daher nicht abzuändern.

Das Begehren der Prozessbevollmächtigten der Streithelferin zu 1 konnte aber als Antrag auf Festsetzung eines vom festgesetzten Streitwert abweichenden Gegenstandswert gemäß § 33 Abs. 1 RVG zur Berechnung der Gebührenansprüche gegen ihren Mandanten ausgelegt werden. Dieser Antrag ist zulässig.

Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert ist für die anwaltliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Streithelferin zu 1 nicht maßgebend und deckt sich nicht mit dem Gegenstand ihrer anwaltlichen Tätigkeit in diesem Verfahren,

Für den Prozessbevollmächtigten eines Streithelfers fällt die Vergleichsgebühr insoweit an, als unter Beteiligung des Streithelfers dessen Rechtsverhältnisse in dem Vergleich geregelt sind. Die bloße Mitwirkung beim Abschluss eines Vergleichs der Prozessparteien reicht nicht aus (vgl. KG JurBüro 2007, 360; OLG München JurBüro 1990, 1819).

Durch den Vergleich der Parteien vom 24.05.2013 wurde nicht nur das Rechtsverhältnis der Parteien, sondern zugleich das Rechtsverhältnis der Streithelferin zu 1. zur Beklagten sowie das Rechtsverhältnis der Streithelferin zu 1. zur Streithelferin zu 2. geregelt, nämlich die Regressansprüche der Beklagten zu 1., die den Transportauftrag der Klägerin an die Streithelferin zu 1. weitergereicht hatte, und die Regressansprüche der Streithelferin zu 1., die ihrerseits die Streithelferin zu 2. mit dem Transport beauftragt hatte. Der Gegenstandswert für den Vergleich der Streithelferin zu 1. mit der Beklagten beträgt – antragsgemäß – 15.000,00 €‚ ebenso der Gegenstandswert für den Vergleich der Streithelferin zu 1 mit der Streithelferin zu 2.

Darüber hinaus hat die Streithelferin zu 1 an dem Vergleichsabschluss der Parteien mitgewirkt. Sie hat sich an diesem Vergleichsabschluss insoweit beteiligt, als ohne Einbeziehung der vorgenannten Regressansprüche ein Vergleich zwischen den Parteien nicht zustande gekommen wäre. Die Parteien des Rechtsstreits – jedenfalls die Beklagte – haben ihre Vergleichsbereitschaft von der Beteiligung der Streithelferin zu 1 an dem Vergleich abhängig gemacht.

Daher war der Gegenstandswert für die Vergleichsgebühr der Prozessbevollmächtigten der Streithelferin zu 1. antragsgemäß auf 61.491.66 € festzusetzen

Zweite Entscheidung:

Maßgeblich für den Gegenstandswert eines Vergleiches sind die durch ­Vergleich erledigten rechtshängigen und nicht rechtshängigen Ansprüche. Werden Schadenersatzanspruch und Regressanspruch im Rahmen eines ­Vergleiches geregelt, sind die entsprechenden Werte für den Streitwert des Vergleiches zu addieren.

Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Mai 2015, Az.: 1-18 W 31/15 (Landgericht Düsseldorf, Az.: 33 O 84/12)

… hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf am 27.05.2015 … beschlossen:

Auf die Beschwerde der Streithelferin wird der Streitwertbeschluss der 3. Kammer für Handelssachen abgeändert und der Streitwert für den Vergleich auf 126.613,94 € festgesetzt.

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I. Die Parteien des Rechtsstreits – die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 63.306,97 € wegen eines Transportschadens geltend gemacht – haben unter Beteiligung der Streithelferin, die die Beklagte mit dem Transport beauftragt hatte, am 12.02.2014 einen Vergleich geschlossen, wonach die Streithelferin an die Klägerin 9.000 € bezahlt und damit auch die wechselseitigen Ansprüche zwischen Beklagter und Streithelferin ausgeglichen sind. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 16.04.2015 den Streitwert für den Vergleich auch in Bezug auf die Streithelferin auf 63.306,97 € festgesetzt. Dagegen wendet sich die Streithelferin mit der sofortigen Beschwerde. Sie macht geltend, der Streitwert sei auf 126.613,94 € festzusetzen, da der Vergleich ohne ihre, der Streithelferin, Einbeziehung nicht zustande gekommen wäre, darüber hinaus seien die Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien sowie der Beklagten und der Streithelferin geregelt worden.

II. Die nach § 68 Abs. 1 GKG zulässige Beschwerde ist begründet.

Maßgeblich für den Gegenstandswert eines Vergleichs ist der ggfs. zusammenzurechnende Wert der rechtshängigen und nicht rechtshängigen (beim sog. Mehrvergleich) Ansprüche, die durch den Vergleich erledigt werden. Der Streitwert umfasst daher einerseits den den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Anspruch zwischen der Klägerin und der Beklagten sowie andererseits auch die mitverglichenen Ansprüche zwischen der Beklagten und der Streithelferin, hinsichtlich derer ein weiterer Rechtsstreit vermieden worden ist. Infolgedessen ist der Gegenstandswert für den Vergleich auf die Summe aller verglichenen Ansprüche festzusetzen (OLG Koblenz, Beschluss vom 22.12.1997, BeckRS 1997, 30813226 m.w.N.; Musielak/Heinrich, ZPO, 12. Aufl., § 3 Rn 23 »Prozessvergleich«).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.