Auch die niedersächsischen Häfen bekommen die Folgen der Coronakrise zu spüren. Die Pandemie kostet Umschlagvolumen und Einnahmen für die Hafengesellschaft NPorts. Investitionen müssen jetzt sinnvoll neu verteilt werden, sagt Geschäftsführer Holger Banik
Binnenschifffahrt: Herr Banik, das Umschlagvolumen ist in den Häfen deutlich zurückgegangen. Wie schlimm trifft das NPorts?
Holger Banik: Wir merken natürlich die Auswirkungen sehr deutlich. Mit weniger Schiffen in allen Häfen und dem rückläufigen Umschlag bekommen auch wir weniger Geld. In Emden ging im April und Mai im Segment Automobilumschlag kaum noch etwas, ebenso wenig wie in Cuxhaven. In Wilhelmshaven kam so gut wie keine Kohle mehr an, nachdem wichtige Abnehmer ausgefallen sind. Das trifft uns genauso hart wie unsere Kunden, insbesondere nachdem wir beide dort bereits viel Geld für die Modernisierung der Brücke ausgegeben haben.
Sehen Sie Chancen, die Verluste wieder aufzuholen?
Banik: Das wird nicht gehen. Wir kommen zwar langsam wieder aus dem Tal, aber die Einbußen können wir bis zum Jahresende nicht mehr wettmachen. Zumal die Corona-Krise noch andauert. Die Auswirkungen werden noch mehrere Jahre zu spüren sein.
Wer gleicht die Verluste bei den Einnahmen denn aus?
Banik: Niemand. Wir müssen das anders kompensieren. Allerdings freut es mich sehr, dass das Land vorsieht uns für 2021 weiterhin 40 Mio. € zur Verfügung zu stellen.
Wie denn?
Banik: Wir müssen unsere Investitionen und Instandhaltungen sinnvoll umverteilen –das betrifft die Projekte und die Zeiträume. Einige Projekte haben sich verzögert. Wir konnten aufgrund der Corona-Situation teilweise nur zeitversetzt Aufträge vergeben bzw. abarbeiten. Für manche Maßnahmen müssen wir daher in diesem Jahr kein Geld ausgeben, sondern erst im kommenden Jahr. Wir priorisieren somit noch einmal neu.
Das Land Niedersachsen hat noch einmal 20 Mio. € im Rahmen eines Konjunkturprogramms bewilligt. Kann das helfen?
Banik: Die Mittel stehen grundsätzlich allen Häfen in Niedersachsen zur Verfügung. Neben den NPorts-Häfen sind das die kommunalen Seehäfen. Derzeit werden die Anträge gestellt. Wir haben unseren Hut in den Ring geworfen und warten die Bewilligung ab. Dann können wir sagen wie viel Geld wir bekommen und wofür.
Aber Sie hätten Verwendung dafür?
Banik: Projekte hätten wir ausreichend. Ja, das Geld, wie viel es auch sein wird, hilft uns.
Was steht denn alles auf der Aufgabenliste?
Banik: Unabhängig vom Konjunktur-Paket haben wir den Baubeginn des Großschiffliegeplatzes in Brake auf dem Zettel, die Planung der Sanierung der Großen Seeschleuse in Emden. In Cuxhaven erkunden wir den Boden für den Bau der Liegeplätze 5-7 und in Wilhelmshaven sanieren wir den Wangeroogekai, die UVG- und die Niedersachsen-Brücke sowie den Millionensteg. Das sind jetzt die großen Projekte. Daneben gibt es eine Vielzahl von kleineren Maßnahmen.
Corona trifft alle, auch andere Häfen. Sehen Sie sich denn im Wettbewerb mit Standorten wie Rotterdam, mit Hamburg und Bremen?
Banik: Das ist Wettbewerb, ja. Wir schauen auch sehr genau, was an anderen Standorten passiert, ob an der deutschen Küste, im Süden und im Westen oder auch im Osten bis Danzig. Denn es geht um die Kunden, die Umschlag generieren und das sollen sie am besten bei uns machen. Mit Umschlag und Schiffsanläufen verdienen wir Geld, das wir wiederum in die Häfen investieren können. Wenn wir dadurch die richtigen Angebote schaffen, stärkt das die Leistungsfähigkeit unserer Häfen. Das rentiert sich für unsere Kunden und am Ende auch für uns.
Womit können denn Niedersachsens Häfen punkten, gerade auch gegenüber den großen Seehäfen?
Banik: Der Mix macht’s. Wir sind bislang gut durch alle globalen Krisen gekommen, weil wir die verschiedenen Wachstumsfelder unserer Häfen kennen und mit Investitionen in die Infrastruktur bedienen. Zudem sind wir nah am Kunden dran. Nehmen Sie Brake mit dem Getreideumschlag für die Region oder die Hersteller von Komponenten für Windkraftanlagen oder Autofabriken in den Hafenstandorten als Beispiel. Wir punkten mit den kurzen Wegen in unseren vielfältigen Häfen.
Aber das Hinterland muss Sie doch auch interessieren
Banik: Tut es ja auch. Das Hinterland beginnt schon in unseren Häfen. Dort wollen wir zuallererst unsere Hausaufgaben erledigen und müssen für eine gute Anbindung sorgen. Diese ist dann oft ein Fall für Land und Bund. Es kommt dabei auf ein gutes Zusammenspiel an. Als Landesunternehmen können wir in unseren Gremien, beispielsweise dem Aufsichtsrat, diese Themen gut benennen.
Wie zum Beispiel die immer noch ausstehende Anpassung von Weser und Ems?
Banik: Wie alle Maßnahmen für die Infrastruktur im Binnenland, ja.
Es wird immer viel über Seeschiffe gesprochen, weniger über Binnenschiffe. Welche Rolle spielen sie für NPorts?
Banik: Binnenschiffe sind uns genau so lieb und wichtig wie Seeschiffe. Grundsätzlich wollen wir uns in allen Häfen, überall dort, wo es geht, trimodal aufstellen und alle Verkehrsträger bedienen. Gerade in Brake und in Emden spielen Binnenschiffe eine sehr wichtige Rolle für den Weitertransport der Güter.
Deshalb gestalten wir, zum Beispiel mit der im vergangenen Jahr eingeführten App »Port Spot«, die Abläufe effizienter und kundenfreundlicher. Die Schiffsanmeldung kann digital über ein Smartphone oder den Laptop eingegeben werden. Die Zettelwirtschaft hat damit für alle Seiten ein Ende. In diesem Jahr ist die neue NPorts App dazugekommen, in der unsere Serviceangebote aus allen 15 Häfen für Jedermann abrufbar sind. Das gilt auch für die Binnenschiffer.
Die Digitalisierung ist sicher ein Megatrend, dem sich alle stellen müssen. Welche Zukunftsthemen stehen bei NPorts noch auf der Agenda?
Banik: Mehr Umweltschutz und alle damit verbundenen Maßnahmen. Mehr Automatisierung in den Häfen, da sehe ich uns auf einem guten Weg. Wasserstoff als Energieträger ist ein ganz großes Thema und hat sicher in den kommenden Jahren viel Potenzial.
In Emden ist eine Machbarkeitsstudie zum Projekt »WASh2Emden« bereits abgeschlossen worden. Dabei geht es darum, dass überschüssiger, Strom aus Onshore-Windkraftanlagen gespeichert werden kann, um Wasserstoff entweder direkt zu verwenden oder daraus später wieder Strom zu erzeugen. Die Projektergebnisse zeigen für den Emder Hafen ein großes Potenzial auf – sowohl für die Erzeugung von Wasserstoff aus Windkraftanlagen in Hafennähe als auch für die lokale Nutzung des grünen Wasserstoffs im Hafenumfeld, z.B. für Brennstoffzellenfahrzeuge. Auch über Photovoltaik-Anlagen – als grüne Stromquelle für Wasserstoff – wird in diesem Zusammenhang diskutiert. VW als Großkunde strebt an, CO2-neutral zu produzieren. Das wird die Entwicklung befördern und ist für uns sehr spannend.
In Wilhelmshaven geht es wiederum darum, in der Stahlproduktion Kohle durch Wasserstoff zu substituieren. Eine Absichtserklärung von Industriepartnern mit Stadt und dem Land liegt schon vor. Auch hier wird eine Machbarkeitsstudie der Partner auf den Weg gebracht. Für die praktische Umsetzung braucht es in allen Fällen Investoren.
Das klingt fast so, als ob LNG gar nicht mehr so die Rolle spielt. Dabei sind doch mit Wilhelmshaven und Stade zwei niedersächsische Standorte um ein Terminal an der deutschen Küste gegen Brunsbüttel in Schleswig-Holstein noch im Rennen …
Banik: Und das finden wir auch gut so. LNG ist bei uns ein sehr wichtiges Thema. Beide niedersächsischen Standorte haben beste Voraussetzungen und positionieren sich als Energie-Hubs. Beim Thema Energie ist es wie bei unseren Häfen: Wir dürfen nicht nur auf ein Pferd, also auf einen Energieträger, setzen. Die Energiewende gelingt nur mit einer intelligenten Mischung der Möglichkeiten.
Haben Sie eine Präferenz für einen Terminalstandort, abgesehen von Brunsbüttel?
Banik: Als NPorts unterstützen wir beide Standorte. Sie sind mit ihrer Nähe zum Versorgungsnetz und zu den Abnehmern gut geeignet. Der Markt wird es regeln – durch Investoren, die auch die benötigten Hafenanlagen finanzieren müssten. Man wird sehen, wie es ausgeht.
Und bei den klassischen Gütern?
Banik: Cuxhaven ist mit der Ansiedlung von Siemens als Windanlagen-Produzent für uns ein absoluter Glücksfall. Erst dadurch hat sich dort Titan Wind als Nachfolge-Unternehmen von Ambau angesiedelt. Selbst wenn diese Branche derzeit nicht besonders attraktiv erscheint und Corona für Verzögerungen gesorgt hat, wird mittelfristig das Geschäft noch weiter anziehen.
Bei anderen klassischen Gütern wie Stahl oder Röhren bin ich eher skeptisch. Der Kohleumschlag wird definitiv abnehmen. Beim Automobilumschlag ist es angesichts der aktuellen Entwicklung schwierig, eine Prognose abzugeben. Wir beobachten die Entwicklung genau. Andere Güter wie Papier und Zellulose könnten anziehen.
Was bleibt noch für die Wunschliste?
Banik: Ganz oben auf meiner persönlichen Liste steht, dass wir alle gesund bleiben und die Wirtschaft sich schnell wieder erholt. Abgesehen davon müssen wir weiter daran arbeiten, unsere Angebote und unseren Service zu verbessern, die Prozesse zu optimieren und zu vereinfachen. Der Kunde muss sich bei uns wohlfühlen.
Dabei wünschen wir viel Erfolg und danken für das Gespräch.
Krischan Förster