In Europas größtem Seehafen laufen zahlreiche Projekte zur Anpassung der Infrastruktur. Neben Kaianlagen und der Vertiefung von Hafenbecken steigt auch die Bedeutung der Bahn
1 – Container Exchange Route (CER)
Die fünf großen Seeschiffcontainerterminals in der Maasvlakte-Region sowie die Leercontainer-Depots werden per Schiene verbunden. Künftig wollen die Niederländer die Boxen verstärkt per Bahn austauschen, bisher geschah dies vorwiegend mit Binnenschiffen. Man erhofft sich dadurch Kosten zu sparen und weniger Staus. Der Transport per Bahn soll autonom erfolgen. Die CER soll Ende 2021 kommerziell in Betrieb gehen.
2 – Verlegung der Theemse-Trasse
Die Verlegung der Bahnstrecke nahe der Calandbrücke soll die Bahn stärken, die zunehmend in den Fokus rückt. Zuvor führte der Schienenweg über die Brücke – mittlerweile ein Hindernis für die Schifffahrt – die den Brittaniehaven als Zielort haben und die abgerissen wird. Die neue 4km lange Trasse führt südlich an der Calandbrücke vorbei, mit zwei Stahlbogenbrücken, von denen eine über die Rozenburg-Schleuse führt.
3 – Blankenburgtunnel
Um die Autobahnen A20 bei Vlaardingen (Nordufer des Neuen Wasserwegs) und die A15 bei Rozenburg (Südufer) miteinander zu verbinden, wird die A24 gebaut. Dadurch wird die A15 entlastet und die Erreichbarkeit der Maasvlakte-Region zum Stadtgebiet verbessert. Die A24, rund 4km lang, soll 2024 eröffnet werden. Herzstück ist der Blankenburgtunnel, auch als Maasdeltatunnel bezeichnet, der den Neuen Wasserweg unterquert. Bisher kommt man nur mit einer Fähre von Rozenburg auf die andere Seite des Flusses nach Maassluis.
4 – Rotterdam Food Hub
Am »Rotterdam Food Hub« ist der Umschlag von Tiefkühlcontainern geplant. Das neue Gelände befindet sich in der Verlängerung zur Erzumschlaganlage von EECV an der Mündung des Beerkanals in den Calandkanal. Mehrere Liegeplätze sollen für Reefer-Schiffe zur Verfügung gestellt werden. Außerdem sind dort Liegeplätze für Binnenschiffe und Lager direkt an den Kaien vorgesehen. Das 60ha große Gewerbegebiet soll Unternehmen aus dem Agrar- und Lebensmittelsektor anziehen. Ende dieses Jahres sollen die ersten Unternehmen den Betrieb aufnehmen.
5 – HES Hartel Tank Terminal
Am Hartelkanal entsteht ein neues Tankterminal, an dem auch VLCCs festmachen können. Die Länge des Kais wird von HES International mit 1,2km angegeben, die Wassertiefe mit bis zu 23,60m. Sechs Liegeplätze für Seeschiffe werden gebaut, hinzu kommen neun für Binnenschiffe. 1,3Mio. m3 Lagerkapazität sind geplant, etwa für Benzin, Gasöl, Diesel, Kerosin und Biokraftstoff. Die Anlage soll im dritten Quartal 2021 in Betrieb genommen werden. Der Auftrag für die wasserbaulichen Arbeiten mit einem Volumen von mehr als 100 Mio.€ ging an ein Konsortium aus Boskalis, Van Hattum en Blankenvoord (Royal VolkerWessels) und der TBI-Tochter Mobilis.
6 – Offshore-Hub Maasvlakte 2
An der Maasvlakte 2 ist ein neuer Offshore-Hub in Planung. Der Auftrag für die wasserbaulichen Arbeiten ging an das Konsortium PUMA von Van Oord und Boskalis. Auf dem nördlichen Teil des Geländes im Binnensee des Prinses Alexiahavens soll das Hauptaugenmerk auf die Bereiche Windenergie im Meer, Zerlegung von Öl- und Gasplattformen sowie das Öl- und Gasgeschäft gelegt werden. Unternehmen sollen besser zusammenarbeiten können. Bisher lag der Schwerpunkt der Offshore-Aktivitäten im Bereich des Botlek.
7 – Vertiefung Amazonehaven
Der Hafenbetrieb lässt in Zusammenarbeit mit Hutchison Ports den auf der Maasvlakte gelegenen Amazonehaven über eine Länge von 500m von 16,65m auf 17,45m vertiefen. Die Baggerarbeiten am westlichen Liegeplatz des ECT Delta Terminals sollen in der zweiten Novemberhälfte abgeschlossen sein. Danach soll untersucht werden, ob zwei weitere Liegeplätze vertieft werden. Ziel ist, einen mindestens vergleichbaren Tiefgang für zwei zusätzliche Festmachmöglichkeiten von jeweils 500m Länge herzustellen.
8 – Erweiterung Cool Port II
Das Unternehmen Kloosterboer hat am City Terminal Rotterdam mit dem Bau eines vollautomatischen Tiefkühl-Hochhauses begonnen. Rund 60.000 Palettenplätze stehen nach der Fertigstellung zur Verfügung. Die Paletten sollen mit selbstentladenden oder konventionellen Lastwagen angeliefert werden und von der Versandhalle über Rollenbahnen, Drehtische und Schleusen automatisch in das Tiefkühlhaus gelangen, wo sie von Kranen ebenfalls automatisch zu ihren Plätzen gebracht werden. Das Tiefkühl-Hochhaus sei rund 35 bis 45% energieeffizienter als ein konventionelles Kühlhaus, heißt es. Auf dem Dach des 40m hohen Gebäudes, das im Januar 2022 fertiggestellt sein soll, ist die Montage von 2.700 Solarmodulen geplant. Erstkunde ist das Unternehmen Lamb Weston/Meijer, einer der größten Hersteller tiefgekühlter Kartoffelprodukte. Hauptsächlich per Binnenschiff sollen die Kühlboxen an die großen Seeterminals in der Maasvlakte-Region transportiert werden.
9 – Landstromversorgung
Auf der sogenannten Landzunge (Landtong) zwischen der Neuen Wasserweg und dem Calandkanal ist der Aufbau einer großangelegten Landstromversorgung vorgesehen. Zur Energieversorgung wird ein »E-Haus« mit den Maßen 16m x 9m x 5,5m zusammen mit mehreren Transformatoren errichtet. Der Stromversorger Eneco und die Rotterdamer Hafenbehörde haben sich zum Ziel gesetzt, die Schiffe am Calandkanal mit Landstrom zu versorgen. Dort haben unter anderem die Kranschiffe von Heerema ihren Liegeplatz. Darüber hinaus gibt es an den Bojen im Calandkanal häufig Ship-To-Ship-Operationen.
10 – Wasserstoff-Pipeline
Der Hafenbetrieb und Gasunie arbeiten an einer Pipeline, die ab 2023 Erzeuger und Kunden von Wasserstoff verbinden soll. Die endgültige Entscheidung über den Bau ist für die erste Hälfte 2021 geplant. Der erste Nutzer werde Shell sein, heißt es. Der Konzern möchte 2023 eine Wasserstoffanlage in Betrieb nehmen. Der Wasserstoff gelangt von der Anlage über die neue Pipeline zur eigenen Raffinerie. Die Fabrik für ökologischen Wasserstoff und die Pipeline sind Teil einer Reihe von Projekten für die Produktion, den Import, Einsatz und Transport von Wasserstoff, an dem der Hafenbetrieb mit verschiedenen Partnern arbeitet.