Die Schweizer Firma Shiptec fertigt zwei neue Personenfähren, die auf dem Genfersee zum Einsatz kommen. Auftraggeber CGN lässt sich die Schiffe knapp 54 Mio. € kosten
Der Auftrag für die beiden je 61,30m langen, 11,40m breiten und bis zu 1,60m tiefen Einheiten, die zusammen 58Mio. CHF (rund 53,66Mio.€) kosten, wurde bereits zu Beginn des Jahres platziert. Jüngst wurde die Spezifikation der CGN in das abgestimmte Design überführt, womit nun sämtliche technische Detail geklärt sind, um mit dem Bau der Schiffe, die auch als Naviexpress bezeichnet werden, loslegen zu können.
Der Zeitplan sieht vor, das Ende dieses Jahres die Vorproduktion der ersten Rumpfsektionen starten soll, berichtet Shiptec. Im Sommer kommenden Jahres soll die Montage beginnen, die direkt in der Werfthalle von CGN in Lausanne am Genfersee erfolgt. Die Inbetriebnahme des ersten Schiffes ist für Ende 2022 geplant, die der zweiten Einheit im Herbst 2023. Gemanagt werden die Neubauten von Böning.
Nach Auskunft von Shiptec wurde bei der Entwicklung ein Hauptaugenmerk auf Sicherheit, Passagierkomfort und die Effizienz gelegt. Um das Gewicht des Schiffes tief zu halten, werden Rumpf, Strukturen und Aufbauten vollumfänglich in Aluminium realisiert. Das Design wurde von Omega Architects in den Niederlanden entwickelt. Die Vorproduktion der Sektionen wird durch Aluship Technology in Gdansk in Polen ausgeführt. Der Transport der Sektionen erfolgt über den Wasserweg bis nach Basel von wo sie auf der Straße nach Lausanne an den Genfersee transportiert werden.
Motoren erfüllen Stage-V-Vorgaben
Als Dieselmotoren wurden Wärtsilä 14 ausgewählt, welche der neuen Euro Stage V Abgasrichtlinien entsprechen. »Die Emissionen zu minimieren ist für CGN von großer Bedeutung, denn diese neuen Schiffe sind auf sauberen und effizienten Betrieb ausgelegt. Diese Kriterien fanden bei der Entscheidung für den Motor von Wärtsilä starke Berücksichtigung«, sagt Martin Einsiedler, Head of Naval Architecture and Engineering bei Shiptec.
Den Antrieb leisten Voith Linear Jets, von denen zwei in jedes Schiff eingesetzt werden. Zusätzlich werden je zwei Bug- und Heckstrahler vom Typ Voith Inline Thruster (Rim Thruster) installiert. Die Ruderanlage Atlantic High Speed Rudders vom Typ 120 NRA stammt aus dem Hause van der Velden. Dieses Ruder sei vor allem für Hochgeschwindigkeitsschiffe geeignet und zeichne sich durch den geringen Widerstand und durch die geringe Vibration aus, so der Hersteller. Die maximale Geschwindigkeit der Einheiten ist mit 36km/h (19,5kn) veranschlagt, wobei die nominale Kursgeschwindigkeit 33km/h (17,8kn) beträgt.
Die Energieversorgung und das Antriebssystem basieren auf dem neuen BlueDirveEco System, einer Weiterentwicklung des Siship-Ecoprop-Systems von Siemens. Entscheidende Funktionalitäten vor allem in Bezug auf die Umschaltung unter Last, von Elektro- auf Dieselantrieb und umgekehrt wurden von Shiptec entworfen. Die Antriebsleistung beträgt 2 x 920kW (Diesel) und 2 x 225 kW (elektrisch). Die Batteriekapazität gibt das Schiffbauunternehmen mit 599 kWh an, Hersteller ist Leclanché.
Einerseits dient das Hybridkonzept dem «Peakshaving» bei hohen Energiebedarfsspitzen, andererseits wird das Schiff in Ufernähe rein elektrisch angetrieben und die Dieselantriebe abgestellt. Das gleiche Prinzip bewährt sich nach Aussage der Schweizer bereits beim durch Shiptec entwickelten Shuttlekatamaran »Bürgenstock«.
Solarpanele sind erweiterbar
Die von Bureau Veritas (BV) klassifizierten Neubauten können jeweils bis zu 700 Passagiere befördern und bieten 600 Sitzplätze an Bord. Da sie insbesondere in den Morgen- und Abendstunden von Berufspendlern benutzt werden, sind sämtliche Sitzplätze mit Lademöglichkeiten für elektronische Geräte ausgerüstet, und auf dem ganzen Schiff wird ein leistungsfähiges WLAN zur Verfügung gestellt. Auf dem Dach sind Solarpanele vom Model Solar Flex des Herstellers Solbian angebracht. Pro Schiff beträgt die Solarfläche 40m2. Zu einem späteren Zeitpunkt werde sie vermutlich auf mindestens 85m2 erweitert, so Shiptec.
Kapazität wird gesteigert
Mit den Einsatz der neuen Schiffe wird die Transportkapazität zwischen Lausanne in der Schweiz und den beiden französischen Städten Evian-les-Bains und Thonon-les-Bains auf der Südseite des Genfersees deutlich gesteigert – einerseits durch die höhere Kapazität der Schiffe, anderseits auch durch den massiven Ausbau der täglichen Verbindungen, denn die Einheiten sollen im 45-Minuten-Takt verkehren. Durch die erwartete Verlagerung des Individualverkehrs der Straße, auf den öffentlichen Verkehr über den Genfersee, werde der CO2-Fußabdruck eines einzelnen Berufspendlers um den Faktor 30 reduziert, heißt es. Dank diesem wegweisenden Projekt könnten die Umweltbelastungen in der Region verringert werden, womit ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele geleistet wird.