Der Spezialanbieter Tehag rüstet zwei Neubauten für ThyssenKrupp Steel in Duisburg mit Partikelfiltern und SCR-Anlagen aus. Technische Herausforderungen wurden gelöst, Schadstoffemissionen in den Werkshäfen werden deutlich reduziert. Von Krischan Förster
Im Werkshafen von ThyssenKrupp Steel rangieren künftig zwei Neubauten die Leichter. Die »Thyssen 1« ist in Duisburg eingetroffen, das Schwesterschiff »Thyssen 2« folgt in den nächsten Tagen. Unter Deck der diesel-elektrisch betriebenen Schubschiffe arbeiten zwei überaus kräftige Motoren von Caterpillar, um Leichter mit jeweils bis zu 2.700 t Erz, Kohle oder Koks zwischen Rhein und den Hafenbecken in Schwelgern und Duisburg-Walsum zu bugsieren – insgesamt sind es 23 Mio. t im Jahr. Bei einem Tiefgang von nur 1,7 m bei 30 % Beladung können die beiden neuen Einheiten auch bei Niedrigwasser noch operieren. Der Abgas-Spezialist Tehag hat dafür die größten bislang auf einem Binnenschiff verbauten Filter- und SCR-Anlagen geliefert. »Das ist für uns ein großer und prestigeträchtiger Auftrag«, sagt Geschäftsführer Florian Franken.
Im Zuge der Flotten-Modernisierung ersetzt der Duisburger Stahlkonzern zwei ältere Rhein-Schubboote. die beiden Neubauten sollen künftig 24/7 im Einsatz sein, möglichst effizient und abgasarm. Für eine deutliche Verringerung des Schadstoffausstoßes sollen die Abgasreinigungsanlagen von Tehag sorgen.
Aufträge aus der Frachtschifffahrt sind noch relativ selten, berichtet Franken. Dennoch kann das Unternehmen inzwischen auf einen wachsenden Erfahrungsschatz bei der Ausrüstung von Binnenschiffen verweisen. So fahren bereits Schiffe der Hamburger Fährreederei Hadag oder der Flotte Hamburg mit der Technik von Tehag. Dazu kommen frühere Einzelprojekte wie die Fahrgastschiffe »Jan von Werth« und »Max Prüss«, auf denen bereits vor etlichen Jahren erste zweistufige Abgasreinigungsanlagen installiert wurden.
Diese Referenzen und die unmittelbare räumliche Nachbarschaft hätten für den Auftrag des Stahlunternehmens gesorgt, sagt Franken. Auf den beiden Thyssen-Schiffen stößt Tehag allerdings in eine neue Dimension vor. Die beiden Schubeinheiten sind jeweils 27,7 m lang und 10,6 m breit. Jeweils vier Generatorensets bringen ihre Leistung zu zwei Voith-Schneider-Propellern mit je 780 kW. »Also haben wir jeweils auch vier kombinierte Abgasreinigungsanlagen installiert.«
Das Partikelfilter-System arbeitet nach dem sogenannten Wall-Flow Prinzip, bei dem das Abgas durch wechselseitig verschlossene Filterkanäle geführt wird. Die Kanalwände haben dabei eine definierte Porenstruktur, so dass Gasphase über den Nachbarkanal entweichen kann, während nahezu sämtliche Feststoffe aus dem Abgas gefiltert werden. Die Filtermodule wurden zusätzlich mit einer katalytischen Beschichtung versehen, wodurch auch die gasförmigen Schadstoffe Kohlenmonoxid (CO) und Kohlenwasserstoffe (HC) nachhaltig reduziert werden. Den Filtersystemen nachgeschaltet wurde je ein SCR-System, das durch das Reaktionsmittel Harnstoff (Adblue) die Stickoxidemissionen (NOx) in einem speziellen Katalysator reduziert. Die kombinierten Abgasreinigungssysteme der Tehag arbeiten hoch effizient: Rußpartikel werden um 99 % reduziert,
Um für spätere Wartungsarbeiten an Gewicht zu sparen, seien zwei Filter-Module AWF 1700 mit jeweils 25 kg gewählt worden. Die Filtersubstrate seien für eine höhere Wirkung zusätzlich katalytisch beschichtet, danach komme die SCR-Anlage. Das senke den potenziellen Schadstoffausstoß so weit, wie es heute technisch überhaupt möglich sei, betont Franken. Rußpartikel werden um 90 % reduziert, CO und HC (Kohlenwasserstoffe) über die Katalyse »teilweise bis zur Nachweisgrenze« verringert. Die Emission von NOx wird in den Spitzen zu mehr als 90 % verhindert.
»Damit schaffen wir, abgesehen von CO?, bei allen vier wichtigen Schadstoffgruppen im Diesel-Abgasstrom die maximale Reduktion«, sagt Franken. Derzeit wird mit, ähnlich wie beider Hadag in Hamburg, mit 4.000 bis 6.000 Betriebsstunden kalkuliert. Dann müssten die Tehag-Anlagen zwei- bis dreimal gewartet werden. Beim SCR ist es in der Regel nur eine technische Überprüfung, die Filter müssten dagegen trotz ihrer aktiven Regeneration ausgebaut und von Ölasche befreit werden, so Franken. »Das können wir bei uns gleich nebenan in Moers erledigen.«
Neben dem Folgegeschäft hofft Franken auf weitere Aufträge. Die Filter- und SCR-Anlagen sind förderfähig, Schiffseigner können also einen durchaus nennenswerten Zuschuss zu den Investitionskosten bekommen. Allerdings sei die Zurückhaltung im Gewerbe angesichts der Hängepartie um eine neue Motoren-Förderrichtlinie mit höheren Sätzen eher noch größer geworden, findet Franken. »Gerade in der Rheinschifffahrt erwarte ich zeitnah keinen großen Schub.« Eher kann er sich das in der Fahrgastschifffahrt vorstellen, unter anderem gebe es ein neues Programm des Berliner Senats für die Ausflugs- und Touristenboote auf der Spree.