Zwei Schwergewichte im niederländischen Schiffbau: Pieter Van Oord und Tecla Bodewes © NMT / Screenshot
Zwei Schwergewichte im niederländischen Schiffbau: Pieter Van Oord und Tecla Bodewes © NMT / Screenshot
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Die Corona- und Wirtschaftskrise hat in Teilen auch die niederländischen Schiffbauer erreicht. Mit technologischen Innovationen, neuen Schiffsdesigns und mehr Kooperation wollen sie sich künftig gegen die Konkurrenz behaupten. Von Hermann Garrelmann

Bei einer zweitägigen Online-Veranstaltung des niederländischen Branchenverbandes NMT (Netherlands Maritime Techology) zeigte die Herausforderungen und Probleme in der aktuellen Wirtschaftslage auf. Die maritime Industrie in den Niederlanden sucht erkennbar, wie sie aus der Krise heraus auch Chancen für sich nutzen kann. Das wurde deutlich im Gespräch mit Pieter van Oord, dem Chef des Wasserbau-Unternehmens Van Oord, und Thecla Bodewes, Inhaberin der gleichnamigen Werftengruppe.

Für Van Oord ist es an der Zeit, dass sich die Branche neu aufstellt. Sein Credo: sich in Zukunft verstärkt nach den eigenen Stärken auszurichten. »Der Wettbewerb mit Niedriglohnländern ist eine verlorene Sache«, so Van Oord. Die größten Schiffsbauer des Landes, Damen und Royal IHC, hätten im vergangenen Jahr Millionenverluste erlitten. »Sie müssen jetzt wieder die Nischen besetzen, in denen sie gut sind.« Van Oord empfiehlt, auf Technologie zu setzen. Den Rumpf für seinen neuesten Kabelleger habe er in Rumänien bauen und bei Vard in Norwegen fertigstellen lassen. Die neuesten Wasserinjektionsschiffe wurden bei der niederländischen Kooiman Marine Group bestellt. »Wir achten sehr auf die Stärken der einzelnen Werften.«

Für Thecla Bodewes gehen innovative Fortschritte nicht ohne einen kompletten Produktionsprozess in den Niederlanden. Ihre Schiffe seien nicht nur viel effizienter konstruiert, sondern benötigten nach dem Bau weniger Wartungals Schiffe aus Niedriglohnländern. Sie appellierte an alle in der Branche, effizienter zu denken. »Wir sind auf einander angewiesen. Wenn wir in den Niederlanden nicht mehr produzieren, verlieren wir die Innovationen«, so ihr Plazet.

Bodewes plädierte auch für eine neue Industriepolitik mit mehr Unterstützung der Wirtschaft seitens der Regierung. »Nehmen Sie sich ein Beispiel an China und Norwegen, die ihre eigene Industrie schützen. Wir müssen die vier Ministerien, die dafür verantwortlich sind, an einen Tisch bringen.«

Auch sieht sie Nachhaltigkeit als einen der Bereiche, in denen sich die Niederlande stärker positionieren könne. Dass es bereits vielversprechende Ansätze gebe, wurde an mehreren Beispielen deutlich.

Harm Lenten berichtete über sein geplante wasserstoffbetriebenes Binnenschiff »Antonie«, für das er von der EU eine Unterstützung von 4 Mio. € erhalten hat, bei Gesamtkosten von 10,5 Mio. €. Mit einem China-Kasko und der Komplettierung auf der Concordia-Damen-Werft. Akkupakete und Brennstoffzellen erzeugen und speichern die Energie und sorgen für 350 kW an Leistung. Die 135 m lange »Antonie» transportiert künftig für das Chemieunternehmen Nouryon Salze von Delfzijl nach Botlek.

Robin Vermeeren berichtete über seine Bemühungen, für sein »kleines Schiff« eine Finanzierung von einer Bank für eine Umrüstung auf einen Stufe V-Motor zu erhalten. Letztlich beschaffte sich Vermeeren einen alternativen Geldgeber und baute einen marinisierten Lkw-Motor mit Katalysator und Rußfilter ein. Mit Zertifikat nach Stage V fährt er jetzt mit 32 % weniger Energieaufwand.

Von einer erfolgreichen Zusammenarbeit berichten auch die Kooiman Marine Group und Van Oosaanen Naval Architects. Sie hatten eine Ausschreibung für ein Patrouillenboot für den Hafen Rotterdam gewonnen. Das Hybridschiff »RPA 8« wurde komplett neu konzipiert und fand Interesse. Auch die Hafenbehörde von Antwerpen orderte zwei Schiffe. Bei einer um 40 % verringerten Motorleistung wurde das Schiff deutlich leichter und verbraucht weniger Kraftstoff.

»Samenwerking is het toverword«

Maarten Kooiman plädiert für mehr Flexibilität bei Ausschreibungen, für weniger starre Vorgaben. »Das schränkt die Möglichkeiten ein, das bestmögliche Schiff zu entwerfen.« Nils Moerke vom Ingenieurbüro Van OOssanen empfiehlt stattdessen einen funktionalen Anforderungskatalog.

»Samenwerking is het toverword«, hieß es, Zusammenarbeit ist das Zauberwort. Es gelte, Kräfte und Kompetenzen bündeln, um mit innovativen Lösungen am Markt zu bestehen. Der NMT-Vorsitzende Bas Ort verwies auf Kooperation der die Machinefabriek De Waal mit Verhaar Omega. Die zwei familiengeführten Unternehmen haben einen 360° drehbaren, vollelektrischen Pod-Antrieb mit flüsterleisem Betrieb entwickelt. »Solche Projekte müsste es mehr geben«, so Ort.