Auf den Industriehafen Roßlau (IHR) kommt während des Hafenausbaus möglicherweise eine Schließung für ein ganzes Jahr zu. Wie ansässige Unternehmen berichten, sollen Rangier- und Hafenumschlagbetrieb voraussichtlich vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2019 eingestellt werden.
Diesen Entschluss habe IHR-Geschäftsführer Gunto Mörer zunächst persönlich und dann auch schriftlich mitgeteilt, hieß es. Im Vorfeld sei den Unternehmen noch ein Weiterbetrieb der Rangierleistungen während des Hafenumbaus zugesichert worden, so Fred Hofmann, Betriebsleiter von Schrott Wetzel.
Die Roßlauer Niederlassung des Mannheimer Unternehmens zur Schrottaufbereitung ist zum Großteil auf die Schiene angewiesen. »Wenn monatlich etwa 60 Waggons ausfallen, sind das im Monat 120 Lkw-Ladungen zusätzlich auf der Straße«, so Schrott-Wetzel über die Folgen. Der Wasserweg sei zu vernachlässigen, entscheidend seien die Waggonladungen. Fallen diese weg, spricht Hofmann gar von einer Bedrohung der Existenz und der Gefährdung von Arbeitsplätzen.
Als einzige Alternative bei einer Schließung sieht das Unternehmen Lkw-Verkehre über die Straße. Dann müssten jedoch schnellstmöglich Speditionen gesucht und Absprachen mit Lieferanten und Partnern getätigt werden, so Schrott Wetzel, das in Roßlau jährlich 6.000 t Schrott für verschiedene Walzwerke aufbereitet.
Auch der Agrarhandel Geltinger wäre bei einem Stillstand des Rangier- und Hafenumschlagbetriebs betroffen. Das Unternehmen schlägt im Hafen jährlich etwa 15.000 t Getreide, Dünger oder Sojaschrot aus 15 Ganztagen um. Das seien 10 % vom Gesamtumschlag, sagt Firmenchef Josef Geltinger. Man sei daher nicht ganz so hart betroffen wie Schrott Wetzel. Nach seinen Angaben werden 85 % per Lkw und 5 % per Schiff umgeschlagen.
Der Industriehafen selbst wäre ebenfalls von einer Schließung betroffen. Die sechs Mitarbeiter sollen im kommenden Jahr in anderen Häfen des Hafenverbunds Sächsische Binnenhäfen Oberelbe (SBO) eingesetzt werden, zu dem der Hafen zählt.
Stadtsprecher Carsten Sauer bekräftigte die Entscheidung der SBO über die Stilllegung des Hafenbetriebs zu kennen und sie mitzutragen. Die technischen und betriebswirtschaftlichen Vor- und Nachteile seien abgewogen worden, hieß es.
Erneuerung von Kaimauer und Gleisen
Im Hafen steht der dritte Bauabschnitt bei der Modernisierung der Infrastruktur bevor. Dieser beinhaltet einen Ersatzneubau einer Kaimauer, den Neubau zweier Gleise und einer Gleiswaage sowie die Erneuerung des Gleisbogens in einer Kurve bei einem ansässigen Agrarhändler.
Das Vorhaben kostet die Stadt Dessau-Roßlau den Angaben zufolge 10,5 Mio. €, es gilt als größtes Infrastrukturprojekt.
Nach einer Sanierungsphase war kürzlich erst der Hafen Torgau wiedereröffnet worden, der ebenfalls zum SBO-Hafenverbund gehört.