»Wir sind Spezialisten für Verknüpfungen«

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Ein Bayer steht künftig an der Spitze des Bundesverbandes Öffentlicher Binnenhäfen. Joachim Zimmermann folgt auf den Rheinländer Rainer Schäfer, der in den Ruhestand wechselt. Der Neue will die Binnenhäfen als Logistik- und Innovationszentren stärken

Was hat Sie am Amt des Präsidenten gereizt?

Joachim Zimmermann: Ich arbeite ja nun bereits seit zehn Jahren im Präsidium mit, und ich habe diese zehn Jahre unter dem Kapitän Rainer Schäfer tatsächlich als Teamarbeit verstanden. Der Präsident ist primus inter pares, also Teil einer starken Mannschaft. Das war eine Grundvoraussetzung für mich, mich bereit zu erklären, dieses Amt zu übernehmen. Gleichzeitig sehe ich die Chance, an exponierter Stelle für den Verband und für das System Wasserstraße insgesamt etwas zu bewegen.

Als bayernhafen-Geschäftsführer haben Sie bereits eine wichtige Aufgabe in einer der größten Hafengruppen des Landes. Wie wollen Sie beide Ämter unter den sprichwörtlichen Hut bringen?

Zimmermann: Ich habe auch in der Vergangenheit schon verschiedene Themen federführend für den BÖB bearbeitet , insbesondere regional als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Öffentlicher Häfen an der Main-Donau-Wasserstraße. Insofern denke ich, wird es auf das Tagesgeschäft gar keine so großen Auswirkungen haben. Außerdem befruchten sich beide Aufgaben wechselseitig. Im Präsidium und mit der Geschäftsstelle haben wir, wie gesagt, auch eine gute Arbeitsteilung, daher bin ich sehr zuversichtlich.

Nichtsdestotrotz, so hat es auch Ihr Vorgänger gesagt, bleibt der Präsident das Gesicht des Verbandes, gerade gegenüber der Politik … Sie werden also Präsenz zeigen müssen.

Zimmermann: Das ist auch eingeplant, aber das ist ja schließlich im Interesse des Verbandes und des eigenen Unternehmens, da haben wir dann eine win-win-Situation.

Sie sind der erste Präsident aus dem Süden der Republik. Wenn es um die Verteilung von Geld aus dem Verkehrsetat geht, weiß sich gerade Bayern immer gut zu positionieren, das Ressort wird seit Jahren von einem Bayern geführt. Lenken Sie den Schwerpunkt der Verbandsarbeit jetzt auch mehr in Richtung Süden?

Zimmermann: Definitiv nicht. Es gibt nur eine Karte, die gespielt wird, und das ist die aller Mitglieder. Ich bin zudem überzeugt davon, dass ich aus meiner Prägung heraus die Vielfalt, die unsere Standorte zu bieten haben, noch stärker betonen werde als jemand, der an einem Binnenschifffahrts-starken Strom seinen Geschäften nachgeht.

Die Binnenhäfen sind naturgemäß keinem bestimmten Verkehrsträger verbunden, sondern allen gleichermaßen als Drehscheibe des Verkehrs. Wie will der BÖB die Binnenschifffahrt fördern?

Zimmermann: Wir werden uns massiv für die Erhaltung, und wo möglich und geboten, auch für den Ausbau der Infrastruktur einsetzen. Das kommt selbstredend auch der Binnenschifffahrt zugute. Wir wollen aber auch, das habe ich bereits mehrfach betont, den Masterplan Schienengüterverkehr und den Masterplan Binnenschifffahrt so zusammenführen, dass beide Verkehrsträger bestmöglich profitieren können und es nicht zu einer Kannibalisierung kommt. Natürlich gibt es aber auch Relationen, die per Schiff nicht bedient werden können, zum Beispiel von Bayern nach Italien.

Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die massive Unterstützung der Bahn durch die Senkung der Trassenpreise, während die geforderte Unterstützung für die Binnenschifffahrt auf sich warten lässt – man nehme nur die Hängepartie um die Kanalabgaben?

Zimmermann: Wir sind da eindeutig auf der Seite der Binnenschifffahrt und fordern die Gleichbehandlung, auch auf der Zeitachse. Wir wollen ja gerade nicht, dass sich die beiden umweltfreundlicheren Verkehrsträger einen Wettbewerb liefern und die Straße am Ende der lachende Dritte ist. Also: Die Abgaben müssen umgehend abgeschafft werden.

Ist das realistisch?

Zimmermann: Wir bewegen uns damit im politischen Raum, insofern ist Dialog und Hartnäckigkeit nötig. Aber wir arbeiten dafür, dass es gelingt.

Sie haben jetzt einige Amtsjahre vor sich: Welche Themen werden wichtig?

Zimmermann: Der Masterplan Binnenschifffahrt und seine Verknüpfung mit allen anderen Masterplänen, das hatte ich schon erwähnt. Entscheidend ist auch eine Beschleunigung der Planungsverfahren, was wir gemeinsam mit dem ZDS und dem DVF angestoßen haben. Wir erleben immer wieder, dass wichtige Instandhaltungsarbeiten zeitlich unnötig verkompliziert werden. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Infra­struktur dann zur Verfügung steht, wenn sie gebraucht wird. Ein drittes Thema ist Akzeptanz für die gesamte Branche. Binnenhäfen bieten hochattrak­tive Arbeitsplätze – vom Auszubildenden bis zur Führungskraft. Zudem fordern wir, vernünftige Rahmenbedingungen für die Digitalisierung zu schaffen, auch da brauchen wir die erforderliche Infrastruktur. Die Umsetzung liegt dann aber auf Seiten der Unternehmen.

Sie rufen gar nicht nach mehr Geld oder nach einer besseren Förderung?

Zimmermann: Uns bremst doch heute nicht unbedingt ein Mangel an Geld, sondern es dauert einfach zu lange, die notwendigen Genehmigungen zu bekommen, um das Geld auch ausgeben zu können.

Der BÖB ist, wenn es um den Verkehrssektor geht, nur eine Stimme in einem ansonsten recht vielstimmigen Chor auf der Berliner Bühne. Bräuchte das System Wasserstraße nicht mehr Schlagkraft?

Zimmermann: Eine stärkere Bündelung der Kräfte ist erklärtes Ziel, das muss aber nicht zwangsläufig durch eine Fusion von Verbänden erfolgen. Tatsächlich geht es darum, Allianzen zu bilden, die von Thema zu Thema sehr unterschiedlich sein können. Als Binnenhäfen sind wir Spezialisten darin, Infrastruktur und Verkehrsträger zu verknüpfen. Da sind wir doch prädestiniert dafür, auch verschiedene Interessensvertretungen zu verknüpfen.

Und bringen Sie am Ende auch genügend politisches Gewicht auf die Waage?

Zimmermann: Absolut.

Was wünschen Sie sich, wenn Sie an die Bilanz am Ende Ihrer Amtszeit denken?

Zimmermann: Dass man die Binnenhäfen nicht auf die Binnenschifffahrt reduziert, sondern dass Begriffe fallen wie Verknüpfung, Logistik, Innovation, Digitalisierung, Wertschöpfung, Arbeitsplätze. Das heißt, wir werden die starke Vielfalt abbilden, für die wir an allen Standorten stehen


Interview: Krischan Förster