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Für eine Reederei muss es wohl einen besonderen Grund haben, wenn bei der Namensgebung für Schiffsneubauten von der Tradition abgewichen wird. Die Reederei Burmester machte mit der »Burmester100« eine solche Ausnahme, aus gutem Grund

Bislang haben alle Bestandschiffe und auch alle Neubauten der Reederei einen Schiffsnamen, der aus einem Vornamen mit der Ergänzung »Burmester« besteht. Der vorletzte Zugewinn des Unternehmens, der Sunrise-Tanker »Lotti Burmester«, hielt sich an die Namensregeln. Als nun der aktuelle Neubau fällig war, traf es sich, dass der Stapellauf zeitgleich zusammenfiel mit dem 10-jährigen Bestehen der Bauwerft, der GSYard in Groningen. Zugleich war es das einhundertste in diesen zehn Jahren auf der Werft gebaute Schiff, das dort Ende Juni dieses Jahres über die Helling glitt.

Verbunden mit dem Dank für die langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Werft und Reederei und als Ausdruck der gegenseitigen Wertschätzung und Freundschaft zwischen den Beteiligten waren also Gründe genug vorhanden, die Namenspraxis zu ändern und den Neubau aus der Sunrise-Serie auf den Namen »Burmester 100« zu taufen.

Anfang November, nach erfolgter Probefahrt, konnte die in Luxemburg ansässige Reederei nun ihr Jubiläumsschiff entgegennehmen und, nach dem Ladevorgang in Lingen, auf seine Jungfernfahrt schicken.

Für Christian Büchting, seit 2001 geschäftsführender Gesellschafter der Reederei, ist ein Tanker aus der Sunrise-Serie inzwischen nichts Besonderes mehr. Büchting war von Anfang an in die Entwicklung der werfteigenen Tankerreihe eingebunden. Im Jahr 2012 hatte Büchting den ersten Sunrise-Tanker »Georg Burmester« von den Groningern übernommen. Für den aktuellen Neubau aus der gleichen Konzeptreihe der Werft bestätigt Büchting die bekannten und inzwischen bewährten Vorteile. Niedriges Eigengewicht, eine um bis zu 180t höhere Ladungsaufnahme bei identischen Abmessungen vergleichbarer Schiffe und eine optimierte Motorenausstattung mit geringerem Verbrauch.

Das alles hatte auch bei den weiteren Sunrise-Schiffen, der »Nicole Burmester« (2014) und der »Lotti Burmester« (2017), die in der Burmester Flotte fahren, gute Argumente geliefert. »Die Werft praktiziert einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Bei jedem Neubau gibt es kleine Veränderungen«, sagt Büchting. Aktuell ging es um eine optimierte Einrichtung in der Wohnung und eine etwas andere Aufteilung in der Maschinenkammer. Und natürlich wird auf technische Neuerungen aus der Kommunikations- und Nachrichtentechnik reagiert. Das führt dann auch zu uneingeschränktem Lob für Konstrukteure und Werft: »Wir sind außergewöhnlich zufrieden mit der Qualität dieses Schiffstyps. Sowohl der Verbrauch als auch die Tragfähigkeit sind deutlich günstiger als bei vergleichbaren Schiffen anderer Prägung«, lobt der Reeder.

Dabei sind die Eckdaten des Konzeptes gleich geblieben, das »100er« wird von Büchting als quasi baugleich mit der »Lotti« beschrieben. Nach wie vor gibt es zwei Antriebe, im »Burmester 100« laufen zwei Volvo Penta D13 mit je 450 PS, deren Kraft auf zwei 1,30 m große Propeller übertragen wird. Der Doppelantrieb mit kleineren Promarin-Propellern in Optima-Düse bringt den Vorteil, dass auch bei niedrigen Wasserständen noch maximal Ladung transportiert werden kann. Zudem ist für einen Maschinenausfall vorgesorgt. Der Vierkanal-Bugstrahler von Verhaar Omega leistet 190 kW bei 1.780 U/min.

Wie schon bei den Schwesterschiffen kamen auch bei der »Burmester 100« weitere bewährte Ausbaupartner zum Einsatz. Die Schreinerei Markus Leder sorgte für den Innenausbau von Wohnung und Steuerhaus, HEINRICH HARBISCH lieferte den Ha-Du-Schaft und dessen Abdichtung. Kadlec & Brödlin projektierte, lieferte und installierte die elektrische und elektronische Ausrüstung einschließlich der Steuerungs- und Automatisierungstechnik sowie das Tankmess- und Alarmierungssystem. Die dazu gehörige Visualisierung sowie die Navigations- und Kommunikationseinrichtungen waren ebenfalls K&B-Leistungen.

Der 85m lange und 9,60m breite Tanker, der von Tankmatch befrachtet Mineralölprodukte für Shell und BP fahren wird, soll schon in wenigen Monaten eine weitere jüngere Schwester erhalten. Für den weiteren Umbau der aktuell zwölf Einheiten umfassenden Burmester-Flotte auf Doppelhüllen-Schiffe ist bereits die »Katharina Burmester« projektiert, sie soll Ende Januar 2019 geliefert werden. Mit ihr kehrt Christian Büchting dann wieder zur traditionellen Namensgebung zurück. Der GSYard in Groningen bleibt er aber auch bei diesem Projekt treu. Zuvor stößt mit der »Florian Burmester« noch ein weiteres, jüngst erworbenes Schiff zur Flotte.

Allen Sunrise-Schiffen gemein ist, dass ihr bevorzugtes Einsatzgebiet die Kanalreviere sind. Mit gelegentlichen Ausflügen auf den Rhein sind die Burmester-Schiffe hauptsächlich im nordwestdeutschen Kanalnetz sowie in Richtung Magdeburg und Berlin unterwegs. Hier können die Leichtgewichte mit Doppelschraubenantrieb ihre Stärken voll ausspielen. Im Januar wird sich die Reederei Burmester auch von den noch verbliebenen Einhüllen-Tankern trennen. »Wir haben die sechs Einhüller nach Holland verkauft, was daraus wird, weiß ich nicht«, erklärt Büchting.

Für die Zukunft der Branche ist der Reeder verhalten optimistisch. Mit dem Ende der Einhüller würden Partikuliere ausscheiden, auf dem Ladungsmarkt müsse man sich auf Veränderungen einstellen. »Mehr Benzin und -produkte, weniger Diesel«, prognostiziert er. Sein Unternehmen sieht er aber gut aufgestellt, um die Herausforderungen des Marktes zu erfüllen.


Hermann Garrelmann