Antwerpen fordert »mentalen Wandel«

Print Friendly, PDF & Email

Der Hafen macht sich für ein Umdenken zugunsten nachhaltiger und staufreier Alternativen für den Transport stark. Die Belgier wollen mehr Binnenschiffs- und Schienenverkehr. Auch der Nachtbetrieb an den Terminals ist Teil der Lösung

Gerade vor dem Hintergrund potenzieller Störungen im Straßenverkehr während der jetzt beginnenden Maßnahmen zum Ausbau der Oosterweel-Verbindung gewönnen diese Mobilitätsalternativen an Bedeutung, heißt es. Jetzt müssten sich alle Anstrengungen auf mehr Binnenschiffs- und Schienenverkehr konzentrieren, betont die Hafenbehörde – und ruft dazu auf, die Möglichkeiten zum Nachttransport auf der Straße zu nutzen.

Über die Bandbreite der Transportalternativen vom und zum belgischen Hafen konnten sich Vertreter von Terminals, Eisenbahnunternehmen und Verladern sowie Warenempfänger am Anfang April informieren. Bereits zum siebten Mal in Folge ludt der Hafen Antwerpen zu seiner jährlichen Netzwerkveranstaltung zur Hafenmobilität.

»Es ist klar erkennbar, dass Änderungen an der Infrastruktur allein nicht ausreichen werden. Wir brauchen einen mentalen Wandel, um den Transport nicht nur von Gütern, sondern auch der Menschen in und um Antwerpen effizienter zu gestalten«, erklärte Jacques Vandermeiren, CEO des Hafens.

Mehr Binnenschifftransporte

Der Hafen Antwerpen hat sich zum Ziel gesetzt, den Anteil des Binnenschiffverkehrs bis zum Jahr 2030 von derzeit 38% auf 42% zu erhöhen. Dies bedeutet, 4% des aktuellen Transportvolumens von der Straße auf die Wasserstraße zu bringen. Der Aktionsplan für die Containerbinnenschifffahrt – eine von der Antwerpener Hafengemeinschaft getragene Logistikinitiative – soll die Zusammenarbeit zwischen allen Partnern in der Lieferkette weiter verbessern. Er setzt dabei auf eine Kombination aus Bündelung, Digitalisierung und Planung von Binnenschiffbewegungen. Binnenschiffe sollen jeweils die maximal mögliche Anzahl von Containern transportieren. Mit der Einführung von einer Mindest-Anlauf-Größe von 30 Boxen pro Binnenfrachter soll die Zahl der Lkw auf dem Antwerpener Ring deutlich gesenkt werden.

Der Hafen Antwerpen setzt sich zudem für die Nutzung von Shortsea-Verkehren ein, z.B. für Güter, die von Belgien nach Spanien oder in die Türkei befördert werden. Auch angesichts des drohenden Brexit werden Shortsea-Verkehre als eine vielversprechende Alternative zum Lkw-Transport gesehen. Ein Binnenschiff bringe nicht nur eine große Anzahl von Containern von der Straße, sondern bedeute auch weniger Zollformalitäten an den Grenzen, heißt es.

Bahnverkehre von 7 auf 15%

Nicht minder ehrgeizig sind die Ambitionen der Belgier im Bereich Bahnverkehre: bis 2030 soll sich der Anteil der auf der Schiene beförderten Güter von aktuell 7 auf 15% mehr als verdoppeln. Gemeinsam mit Railport und dem belgischen Eisenbahninfrastrukturunternehmen Infrabel will die Hafenbehörde die vorhandenen Bahnkapazitäten des Hafens effizienter und flexibler nutzen.

Zu den Maßnahmen gehören die Konsolidierung der auf der Schiene beförderten Mengen, vereinfachte Vorschriften sowie ein Pilotprojekt für ein »Rail Traffic System« zum digitalen Informationsaustausch zwischen Bahnbetreibern und Terminals. Diese Initiativen haben das Potenzial, den Anteil des Straßenverkehrs, der derzeit bei über 55% liegt, deutlich zu verringern. Steve Declercq, Commercial Manager bei DP World: »Durch eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den Seeterminals und die Konsolidierung sowohl der maritimen als auch der kontinentalen Ströme über den Rail-Hub des Antwerp-Gateway-Terminals können wir mehr Güter auf die Schiene am linken Scheldeufer bringen.«

Nachtbetrieb am Terminal

Analog zum Binnenschiffverkehr hat die Antwerpener Hafengemeinschaft auch rund zehn Workshops zum Nachtbetrieb der Containerterminals durchgeführt. Alle Beteiligten, darunter Terminals, Reedereien und andere Logistikunternehmen, haben sich zusammengeschlossen, um ein neues Pilotprojekt zu starten. Für einen Zeitraum von drei Monaten werden damit die Umschlaganlagen am rechten Ufer der Schelde in Kürze auch nachts geöffnet sein. Dies gilt bereits für die Terminals und Depots am linken Scheldeufer. Der Nachtbetrieb sei die erste und wichtigste Voraussetzung für eine effizientere Nutzung der Straßenkapazitäten, sagen die Belgier.

Bei planmäßigem Verlauf soll auf die Testphase eine zweijährige Umsetzungszeit folgen, in der der gesamte Markt in dieses Logistikprojekt eingebunden wird.