Print Friendly, PDF & Email

Auch die Binnenschifffahrt muss sich der Diskussion um den drohenden Klimawandel stellen. Das bedeutet eine Verringerung der Emissionen. Das verlangt aber auch mehr Informationen, um künftig drohende Niedrigwasserperioden besser bewältigen zu können

Der Klimapaket der Bundesregierung war soeben verkündet worden, da lud das Verkehrsministerium führende Experten des Systems Wasserstraße, die sogenannten Stakeholder, nach Berlin ein, um über die Folgen des Klimawandels und mögliche Gegenmaßnahmen zu diskutieren. Denn das Niedrigwasser des vergangenen Jahres mit seinen Auswirkungen ist noch frisch in Erinnerung.

»Wasserstraßen und Schifffahrt – Erkenntnisse und Herausforderungen zur Anpassung an den Klimawandel« war die sogenannte Stakeholder-Konferenz überschrieben. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer als Gastgeber verwies erneut auf insgesamt 91 konkrete Maßnahmen, die sein Haus aufgelistet habe. Die Binnenschifffahrt ist dabei einer der Hoffnungsträger. »Das ist noch immer der Verkehrsträger, der die Umwelt und das Klima am wenigsten belastet. Aber wir brauchen nicht nur leistungsfähige Wasserstraßen, sondern auch verbrauchsärmere und umweltschonendere Antriebssysteme, um die öffentliche Akzeptanz des Binnenschiffs zu verbessern«, sagte Scheuer in seiner Ansprache.

Es geht aber auch darum, bestmöglich den Folgen des Klimawandels zu begegnen, um drohende Produktionsausfälle und mögliche Versorgungsengpässe zu verhindern. Dass sich die Wetterbedingungen ändern, ist kaum noch zu leugnen. Laut einer aktuellen Prognose dürfte der Meeressspiegel bei gleichbleibender Erwärmung bis 2050 um 30 bis 60 cm und bis 2010 um 60 bis 120 cm steigen – mit bislang ungeahnten Folgen.

Auch im Binnenland werden laut der Klimaexpertin des Deutschen Wetterdienstes, Stefanie Hänsel, die Niederschlagsmengen im Winter steigen, während sie im Sommer abnehmen werden. Das könne zu häufigeren und längeren Niedrigwasserperioden führen. Zum einen, so die vorherrschende Expertenmeinung, müsse sich die zuständige Wasser- und Schifffahrtsverwaltung darauf einstellen, dieser Entwicklung mit geeigneten Wasserbaumaßnahmen zu begegnen. Selbst der Bau von Staustufen am Rhein verbunden mit Energieerzeugungsanlagen und verbesserten Wasserständen sind in der Diskussion nicht mehr tabu, wenn auch im besten Fall ferne Zukunftsmusik.

Gerade die Binnenschifffahrt sei einerseits leidtragend, muss aber nach Ansicht von Enno Nilson von der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) aber auch das Ihrige tun, um durch Transportausfälle ihr Image bei der verladenden Wirtschaft nicht zu gefährden. Bessere Prognosen der Wasserstände gehören zu den Maßnahmen, die anders als viele andere Projekte bereits kurzfristig helfen sollen.

PROWAS im Aufbau

Unter dem Dach des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) haben deshalb Experten der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG), des Deutschen Wetterdienstes und der Bundesanstalt für Wasserbau (BfW) das neue Vorhersagesystem PROWAS entwickelt, das sich bereits in der Testphase befindet. Auch ein sehr viel weiter in die Zukunft weisender Klima­beratungsdienst ist geplant.

Die neuen Dienste bauen auf aktuellen Forschungsergebnissen der beteiligten Institutionen auf. Künftig sollen Pegel-Prognosen für 10 oder sogar 14 Tage abgegeben werden, bislang waren es in der Regel nur 3-4 Tage. »Das System ist im Aufbau«, berichtet BfG-Experte Nilson.

In der Testphase müssten die Informationen noch manuell abgerufen werden, ideal sei künftig eine automatische Zustellung aller relevanten Daten, sagt Nilson. Gerade die verladene Wirtschaft hatte dies nicht nur gefordert, sondern profitiert bereits davon. So könnten absehbare Liefer- oder Tonnage-Engpässe sehr viel besser vorausgesehen werden, sagte Benoit Blank, Leiter der Bulk Logistics bei BASF, beim Forum Binnenschifffahrt in Kalkar.

Zu den Kurz- und Mittelfristprognosen soll ein Klimaberatungsdienst kommen, der langfristige Wettertrends abbildet und Behörden, der Industrie und nicht zuletzt den Binnenschiffern bei einer »strategischen« Ausbau- und Transportplanung helfen soll. Im Gegensatz zu Forschungsprojekten soll dieser Klimaberatungsdienst routinemäßig aktuelle und einheitliche hydrometeorologische Grundlagen bereitstellen.